
Deutschland ist die BlackRock-Speerspitze in Europa

Von Felicitas Rabe
Im Interview erklärt der Kölner Publizist Dr. Werner Rügemer, wie die USA zunächst unter Konrad Adenauer, später bei der Übernahme der DDR‑Betriebe und aktuell beim Einkauf von BlackRock in die wichtigsten deutschen Konzerne ihren Einfluss auf die deutsche Wirtschaft organisieren. Dabei wird auch die mächtige Rolle von BlackRock in Europa deutlich und insbesondere, welche entscheidende Rolle der Kapitalorganisator bei der Fortführung des Krieges in der Ukraine spielt.

RT DE: Ist es Zufall, dass in Europa ausgerechnet in Deutschland ein ehemaliger BlackRock-Funktionär Regierungschef wurde?
Rügemer: Nein, das ist kein Zufall. Seit dem ersten Bundeskanzler und CDU-Vorsitzenden Konrad Adenauer ist Deutschland der wichtigste Standort für die Expansion der USA in Europa. Das gilt sowohl wirtschaftlich wie militärisch und auch kulturell.
Nach dem 2. Weltkrieg war dieser Standort zunächst in dem von den USA erzwungenen Separatstaat im Westen Deutschlands: in der BRD. Von 1990 bis 1994 organisierte die deutsche Treuhand den Ausverkauf der Ex-DDR. Dabei dominierten die US-amerikanischen Unternehmen McKinsey, PricewaterhouseCoopers und JPMorgan. Ab dem Jahr 2020 förderte die SPD-Grüne Bundesregierung mit Bundeskanzler Schröder und Vizkanzler Fischer schließlich auch den Ausverkauf der Unternehmen und Wohnungen in Westdeutschland an US-Unternehmen.
Seit Adenauer betreiben die USA in keinem anderen NATO-Mitgliedsstaat auch nur entfernt so viele Militärstützpunkte wie in Deutschland. Und in keinem anderen europäischen Staat haben die neuen US-Kapitalakteure wie BlackRock, Vanguard, State Street, KKR, Blackstone so viele Aktien und das heißt Miteigentum an den wichtigsten Unternehmen wie in Deutschland.
Beim Treffen "Made for Germany" am 21.07.2025 im Kanzleramt nahmen neben 61 Konzernchefs auch der deutsche BlackRock-Vertreter teil. Der Kapitalorganisator BlackRock ist ja, wie schon erwähnt, selbst der größte Aktionär in Deutschland, durch seine Anteile etwa in den DAX-Konzernen, zum Beispiel bei Rheinmetall, bei der Deutschen Bank, bei SAP, Vonovia, Bayer, BASF, Deutsche Post DHL, Siemens, RWE, Zalando und gut 100 weiteren Aktiengesellschaften.
RT DE: Worin besteht der konkrete "Auftrag" von BlackRock an Merz?
Rügemer: Den wichtigsten Auftrag für BlackRock hat Merz bereits von 2016 bis 2020 erfüllt: Zu der Zeit war er Vorsitzender des Aufsichtsrats der deutschen BlackRock-Tochtergesellschaft, also der BlackRock Asset Management Deutschland AG. In dieser Funktion hat er nicht öffentliche Treffen seines Chefs, des New Yorker BlackRock-Vorstandsvorsitzenden Lawrence Fink, mit den Finanzministern der Merkel-Regierung arrangiert: mit Wolfgang Schäuble von der CDU und auch mit Olaf Scholz von der SPD, dem späteren Bundeskanzler.
Solche Lobbyisten-Treffen hat Merz auch mit dem Chef des Bundeskanzleramts Helge Braun (CDU) und mit dem Wirtschafts-Staatsminister Jörg Kukies (SPD) organisiert. Darüber haben Schäuble, Scholz, Braun, Kukies und auch Merkel selbst nie öffentlich gesprochen. So konnte sich BlackRock geräuschlos als führender Aktionär in Deutschland einkaufen.
RT DE: Wie versucht BlackRock Einfluss auf den Bundeskanzler Friedrich Merz zu nehmen?
Rügemer: Das zeigte sich im Januar 2025: Da hat BlackRock-Chef Fink seinen Ex-Angestellten Merz während des Weltwirtschaftsforums abseits vom offiziellen Programm zu einem privaten Dinner nach Davos eingeladen. Mitten in der Endphase seines Wahlkampfs nahm Merz sich die Zeit und flog in die Schweiz. Es ging offensichtlich um die von beiden Seiten erhoffte Kanzlerschaft von Merz. Wie das Handelsblatt später berichtete, war auch Jamie Dimon, der Chef der größten US-Bank JPMorgan, bei diesem Treffen dabei. BlackRock ist Großaktionär der Bank und Dimon lobte: "Der Kanzler macht genau das Richtige."
Vor seiner Wahl hatte Merz dem neu gewählten US-Präsidenten Donald Trump selbst einen Deal vorgeschlagen: Deutschland und die EU kaufen mehr Frackinggas und mehr Rüstungsgüter in den USA, dafür sollen die Zölle nicht so hoch werden. Dieses unterwürfige Angebot hat Trump jetzt im Abkommen mit der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen dankend angenommen. BlackRock freut sich darüber.
RT DE: Warum managt und lobbyiert BlackRock in Zeiten des Souveränitätsverlusts der europäischen Staaten seine Interessen nicht über die EU-Kommission?
Rügemer: BlackRock sitzt auch vielgestaltig in Brüssel. Die Schattenbank unterhält dort ein eigenes Lobby-Büro und ist Mitglied in einem Dutzend internationaler Lobbyorganisationen, mit privilegiertem Zugang zu den Kommissaren und ihren Arbeitsgruppen. Im Jahr 2020 hat BlackRock mit der Kommissionspräsidentin von der Leyen einen Beratervertrag abgeschlossen. Gleichzeitig ist BlackRock auch Berater der Europäischen Zentralbank. Insofern ist dieses Kapitalunternehmen Mitorganisator des Souveränitätsverlusts der EU-Staaten.
So wie sich BlackRock den deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz kauft, kauft sich das Unternehmen auch in den anderen wichtigsten europäischen Staaten hochrangige Ex-Politiker und Ex-Banker als hoch bezahlte Lobbyisten, so etwa in Frankreich, England, der Schweiz. So ist der Kapitalorganisator auch größter Aktionär in England, Frankreich, Belgien, Luxemburg usw., übrigens auch in der Schweiz.
RT DE: Welche Folgen hatte diese Wirtschaftspolitik für Deutschland?
Rügemer: BlackRock & Co. sind jeweils die größten Aktionäre in den größten Wohnungskonzernen in Deutschland, also bei Vonovia, Deutsche Wohnen und LEG. Sie bilden mit etwa 700.000 Wohnungen das europaweit größte private Wohnungsmonopol, das es je gegeben hat. Damit steigern BlackRock & Co. die Mieten und Nebenkosten.
Weder die Wohnungskonzerne noch die anderen DAX-Konzerne mit ihrem Aktionär BlackRock fragen die Bundesregierung um Erlaubnis, wenn sie Abteilungen verkaufen, ins Ausland verlagern und Arbeitsplätze vernichten. So organisieren BlackRock & Co. seit etwa einem Jahrzehnt die De-Industrialisierung Deutschlands und steigern damit ihre Gewinne.
Die Aktienkurse steigen, der DAX ist gerade in der "Wirtschaftskrise" der letzten Jahre so hoch gestiegen wie nie, weit über 20.000. Die Volkswirtschaft wird geschrumpft, aber BlackRock & Co. haben eben keine Krise, sondern verdienen an der Schrumpfung.
Im Deutschen Bundestag war und ist BlackRock kein Thema. Übrigens hatte der grün lackierte Wirtschaftsminister Habeck die BlackRock-Managerin Elga Bartsch zur Leiterin der Grundsatzabteilung in seinem Ministerium gemacht, nachdem Merz bei BlackRock zurückgetreten war. Der Kapitalorganisator hat viele Freunde, auch die Grünen. Und beim jetzigen SPD-Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil haben BlackRock & Co. die große Freiheit. Ihr Handeln wird zusätzlich geschützt dadurch, dass Regierung, Parlament und Leitmedien nicht darüber sprechen. Auch bei der Finanzaufsicht und beim Kartellamt ist BlackRock kein Thema. Der Deutschland-Chef von BlackRock, Dirk Schmitz, ist in der Öffentlichkeit völlig unbekannt.
RT DE: Welche Wünsche hat BlackRock darüber hinaus an die deutsche Politik?
Rügemer: Zu den weiteren Wünschen erklärte der schon erwähnte JPMorgan-Chef am 11.7.2025 im Handelsblatt: Wir investieren verstärkt in der EU, aber dafür sind noch ein paar Strukturreformen nötig! Zum Beispiel Steuersenkungen für Investoren und Unternehmen. Diese haben Merz und Klingbeil auch schon versprochen.
Schließlich werden auch die eine Billion Euro an Schulden, die jetzt von der CDU/SPD-Regierung unter Merz und Klingbeil für die nächsten Jahre beschlossen wurden, ein ideales Geschäftsfeld für BlackRock. Im Koalitionsvertrag heißt es: Wir richten einen "Deutschland-Fonds" ein, in ihm "verbinden wir die Kraft der privaten Finanzmärkte mit dem langfristigen Vorgehen des Staates". So sollen BlackRock & Co. Start-ups gewinnbringend mit Krediten versorgen. Merz will auch die private Altersvorsorge mithilfe des BlackRock-Finanzprodukts ETF fördern, mit der "Frühstartrente": Eltern sollen für ihre Kinder schon ab dem 6. Lebensjahr monatlich ab 20 Euro einzahlen, damit sie sich später ETFs kaufen können, vom Staat steuerlich begünstigt.
RT DE: Kanzler Merz zeichnet sich in der EU ganz besonders durch seine Unterstützung für den Krieg der Ukraine und seine Russophobie aus. Warum will BlackRock diesen aus Sicht der Ukraine und der NATO eigentlich schon verlorenen Krieg unbedingt fortsetzen?
Rügemer: BlackRock wurde mithilfe der US-Regierung von Joe Biden offizieller Koordinator für den "Wiederaufbau" der Ukraine, vertraglich vereinbart mit der Selenskij-Regierung. BlackRock ist der größte Aktionär in den US-Rüstungskonzernen, bei Lockheed, Raytheon/RTX, Northrop, Boeing, General Dynamics usw., auch in den kriegswichtigen Energie- und Datenkonzernen: Je mehr durch den Krieg gewinnbringend zerstört wird, desto höher sind die Gewinne beim Wiederaufbau. So einfach ist das in der Logik von BlackRock und seiner mithilfe von Briefkastenfirmen unsichtbar gemachten superreichen Kunden.
Unter Trump hat BlackRock die Funktion als Koordinator des "Wiederaufbaus" der Ukraine beendet, der Zugriff läuft jetzt über die EU. Das erste Versuchskaninchen, die Ukraine, das heißt der erste US-Stellvertreter-Krieger gegen Russland ist jetzt ausgelaugt. Nachdem mehrere hunderttausend ukrainische Soldaten unsichtbar auf dem Altar der "westlichen Werte" geopfert wurden. Die US-Ersatz-Stellvertreter-Krieger sind auf Anordnung von US-Präsident Trump jetzt die europäischen NATO-Staaten, geführt von Merz, Macron und Starmer. Diese haben sofort die Forderung von Trump erfüllt: Die Militärbudgets auf fünf Prozent des Bruttosozialprodukts erhöhen! Nun braucht BlackRock in Kiew nicht mehr in einem Büro neben der korrupten Selenskij-Regierung.
Denn BlackRock sitzt neben der Europäischen Kommission und ist Großaktionär in den wichtigsten Rüstungskonzernen in der EU, also vorneweg im größten europäischen Rüstungskonzern, bei BAE Systems in England, dort auch bei Rolls Royce, bei Rheinmetall in Deutschland, bei Leonardo in Italien, bei Airbus in Deutschland, Frankreich, Spanien und England. Von hier aus wird nun – unterstützt von den jeweiligen Regierungen – geliefert, und besonders von Merz in Deutschland.
Der von Politik und Medien geschürte Russenhass gehörte schon vor Hitler und dann auch nach Hitler zum deutschen Kapital. Diesen Russenhass betrieb der Gründungskanzler der Bundesrepublik, Konrad Adenauer, mit seiner CDU weiter und immer im Verbund mit dem zusätzlichen Antreiber CSU. Diese Russophobie wurde und wird durch die USA verstärkt. Zudem propagieren die deutschen Leitmedien von BILD bis FAZ und zusammen mit den staatlichen Zwangsmedien ARD, ZDF, DLF den Russenhass. Da kann Merz aus dem Vollen schöpfen.
Obendrein besteht bei Merz die Hoffnung, in der Rüstungsindustrie einen Ersatz für die abgeschrumpften deutschen Leitindustrien im Bereich Auto, Maschinenbau, Stahl zu finden. Und dafür braucht die Merz-Truppe einen Krieg, einen möglichst langen Krieg mit einer langen Vorbereitung.
Dr. Werner Rügemer, Publizist. Aktuelle Veröffentlichung: BlackRock Germany. Die heimliche Weltmacht, ihre Praktiken in Deutschland und Friedrich Merz. Verlag Hintergrund, 118 Seiten, 2. Auflage Berlin 2025
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