
Zögerlichkeit lässt Polen ohne U-Boote zurück

Von Stanislaw Leschtschenko
Der Zustand der polnischen Flotte gibt den Verantwortlichen schon seit langem Anlass zu großer Sorge – lokale Experten sagen, dass sie sich "in einem Zustand teilweiser Verwesung" befindet. Eines der wenigen neuen Schiffe der polnischen Marine ist die bescheidene Patrouillen-Korvette Siazak, die am 28. November 2019 in Dienst gestellt wurde. Die Geschichte dieses Schiffes entwickelte sich zu einem skandalösen Langzeitbauprojekt, das sich über achtzehn Jahre hinzog. Zuvor war 2017 der Minensucher Kormoran das erste in Polen gebaute Schiff seit zwanzig Jahren, das von der Marine des Landes in Dienst gestellt wurde.

Außerdem verfügt Warschau über zwei alte Fregatten, die Kazimierz Puławski und die Tadeusz Kościuszko (vom US-amerikanischen Bautyp Oliver H. Perry, die noch in den 1970er Jahren gebaut wurden), das 39 Jahre alte Patrouillenschiff Kaszub sowie drei 33 Jahre alte Raketenboote Orkan, Perun und Grom. Darüber hinaus gehören zur polnischen Flotte kleine Landungsschiffe und Barkassen, Minensuchboote und Versorgungsschiffe – fast alle in einem sehr respektablen Alter. Polnische Militärseeleute scherzen traurig, dass sie gezwungen sind, auf "Schrott" zu fahren.
Die U-Boot-Flotte des Landes befindet sich in einem besonders beklagenswerten Zustand. Bis vor kurzem verfügte Polen über drei alte U-Boote. Aber zwei ehemalige norwegische U-Boote vom Typ Kobben, die noch in den 1960er Jahren gebaut worden waren, wurden verschrottet. Es bleibt nur noch ein U-Boot namens Orzel (Adler) übrig – ein ehemaliges sowjetisches U-Boot des Typs 877E Paltus, das seit 1986 im Dienst ist.
Im Jahr 2017 kam es auf diesem U-Boot zu einem Großbrand. Und im April 2021 berichteten polnische Medien, dass die Torpedowerfer der Orzel aufgrund ihrer langen Nichtbenutzung unbrauchbar geworden seien. Dieser "Adler" ist zu einer schwimmenden Witzfigur geworden – vor einem Jahr verkündete die polnische Marine mit großem Pathos, dass ihr einziges U-Boot wieder sicher tauchen könne. Obwohl die Fähigkeit zum Tauchen für U-Boote selbstverständlich sein sollte, ist dies im Fall der Orzel wirklich eine Meisterleistung – so schlecht ist ihr Zustand.
Polen versucht, seine Flotte durch Importe, vor allem von gebrauchten Schiffen, zu erneuern. Im Jahr 2020 wurde berichtet, dass die Verhandlungen über den Kauf der 1985 bis 1990 gebauten U-Boote Sodermanland und Ostergotland durch Warschau von Schweden in die Endphase eingetreten seien. Allerdings wurden beide zwischen 2000 und 2005 einer umfassenden Modernisierung unterzogen, bei der sie mit anaeroben Motoren ausgestattet wurden, die Dieselkraftstoff in Elektrizität umwandeln können, ohne dass Luft benötigt wird. Letztendlich gaben die Polen ihre Pläne auf – und beide betagten U-Boote blieben unter schwedischer Flagge.
Außerdem hat Warschau seit Jahren vor, bei einem ausländischen Hersteller drei nicht-nukleare U-Boote zu bestellen, die schon im Voraus den Namen Klasse Orka bekommen haben. Das entsprechende Programm wurde schon 2013 bis 2022 als einer der wichtigsten Punkte im Plan zur Modernisierung der polnischen Streitkräfte genannt. Ursprünglich plante das polnische Verteidigungsministerium den Kauf von drei bis vier U-Booten, wobei die Kosten des Programms auf zehn Milliarden Złoty (2,53 Milliarden US-Dollar) geschätzt wurden. Es wurde davon ausgegangen, dass Polen bereits bis 2022 neue U-Boote erhalten würde, die mit Langstrecken-Flugkörpern ausgerüstet sind.
Im Jahr 2023 wurde der polnischen Führung plötzlich klar, dass es nach wie vor keine neuen U-Boote in der Flotte gibt. Es folgten Erklärungen, dass dies unverzüglich korrigiert werde. Der damalige polnische Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak versprach im Jahr 2023:
"Das Orka-Programm ist eines der wichtigsten Modernisierungsprogramme der polnischen Streitkräfte. Unser Ziel ist der Erwerb von U-Booten zusammen mit der Übertragung der erforderlichen Technologien."
Ende 2024 erklärte Błaszczak Nachfolger Władysław Kosiniak-Kamysz, dass "wir alles tun werden, um 2025 einen Vertrag über moderne U-Boote zu unterzeichnen." Die Dringlichkeit einer Entscheidung in dieser Frage wurde von vielen polnischen Militärführern sowie von Präsident Andrzej Duda betont.
Vier Schiffbauunternehmen haben Warschau ihre Angebote für den Bau der U-Boote vorgelegt: die spanische Navantia, die französische Naval Group, die deutsche TKMS und die schwedische Saab Kockums. Unternehmen aus Südkorea und Italien haben ebenfalls Interesse an dem Auftrag bekundet.
Der Prozess ist jedoch im bürokratischen Sumpf versunken. Bis heute hat die Regierung von Premierminister Donald Tusk keine Zeit gefunden, sich mit dieser Frage zu befassen.
Kürzlich haben sich Seeleute, die früher auf dem U-Boot Sokol gedient haben (eines der norwegischen Kobben-U-Boote, das bereits 2018 außer Dienst gestellt und an das Marinemuseum in Gdynia übergeben wurde), mit einem gemeinsamen Brief an das Verteidigungsministerium gewandt. Sie schreiben, dass "angesichts der sich dynamisch verändernden Sicherheitslage in der Ostseeregion eine weitere Verzögerung der Entscheidung (über den Kauf von U-Booten) eine ernsthafte Bedrohung für die Sicherheitsinteressen des Staates darstellt."
Die ehemaligen Besatzungsmitglieder der Sokol forderten die polnische Regierung auf, "dringende und konkrete Maßnahmen zur Wiederherstellung der U-Boot-Streitkräfte der Marine zu ergreifen", da ihrer Meinung nach "die Zeit der Erklärungen vorbei ist – jetzt ist es an der Zeit, Entscheidungen zu treffen." Minister Kosiniak-Kamysz begann sich zu rechtfertigen: Er sagte, "derzeit weiche die Führung des Verteidigungsministeriums nicht von der Entscheidung ab" und "es gebe einen komplexen, mehrstufigen Prozess zur Auswahl eines Auftragnehmers für U-Boote."
Am 6. Juni teilte das polnische Verteidigungsministerium mit, dass es die vollständigen Unterlagen zum Projekt Orka vorbereitet habe – Anforderungen an die Ausrüstung und eine technisch-wirtschaftliche Begründung mit einer Analyse und Empfehlungen zu möglichen Angeboten ausländischer Firmen. Die polnische Presse, die auf diese "Errungenschaft" aufmerksam wurde, kam zu dem Schluss, dass das formelle Verfahren zur Beschaffung neuer U-Boote noch nicht einmal begonnen habe. Es gebe weder eine veröffentlichte Ausschreibung noch konkrete technische Anforderungen oder echte Verhandlungen mit potenziellen Lieferanten.
Wie die Politologin und Polonistin Kristina Ismagilowa bemerkt, sei es hoffnungslos, mit der Unterzeichnung des Vertrags in diesem Jahr zu rechnen. Sie bemerkt:
"Trotz ständiger Erklärungen über 'Transparenz', 'strategischen Ansatz' und 'mehrstufige Konsultationen' wurden keine konkreten Schritte zur Einleitung der Beschaffung unternommen. Alles beschränkt sich auf zwischenstaatliche Verhandlungen und Diskussionen auf Arbeitsgruppenebene."
Derselben Meinung ist auch die einflussreiche polnische Zeitung Rzeczpospolita. Dort heißt es, dass entgegen den Aussagen der Regierung die Chancen, dass Polen bis Ende des Jahres einen Vertrag über den Bau von U-Booten unterzeichnet, praktisch gleich null seien. Es gebe nicht einmal Garantien dafür, dass Warschau in diesem Jahr das Land auswählen wird, von dem es diese erwerben möchte. Darüber hinaus gebe es Befürchtungen, dass die Entscheidung für einen der Lieferanten dazu führen könnte, dass andere Bewerber diese Entscheidung vor Gericht anfechten – was den Prozess noch weiter in die Länge ziehen würde.
Rzeczpospolita bezeichnet das Orka-Programm als "einen der spektakulärsten Fehlschläge bei der Beschaffung von Ausrüstung für die polnischen Streitkräfte im 21. Jahrhundert". Die Zeitung spekuliert:
"Wie geht es weiter mit dem Kauf von drei U-Booten für die Marine im Wert von mehreren Milliarden US-Dollar? Die Entscheidung liegt in den Händen der Politiker. Sie muss auf der Grundlage von Vorschlägen getroffen werden, die nicht nur die Parameter der Schiffe selbst, sondern auch die industrielle, militärische und vor allem die politisch-strategische Zusammenarbeit betreffen. Wahrscheinlich wird sie auf höchster Ebene, im Büro des Premierministers unter Beteiligung des Verteidigungsministeriums und des Außenministeriums, getroffen werden. Damit dies geschehen kann, müssen sich die Politiker mit dieser Frage auseinandersetzen. In den letzten Monaten haben sie dafür keine Zeit gefunden."
Aber auf jeden Fall wird das Angebot der schwedischen Firma Saab Kockums wohl abgelehnt werden. Diese Firma hat den Bau von zwei kleinen U-Booten vom Typ A26 für die schwedische Marine, die die Namen Blekinge und Skane erhielten, vermasselt. Saab Kockums baut sie schon seit 2015 (also seit zehn Jahren) und schafft es einfach nicht, sie fertigzustellen. Derzeit werden die Kosten für beide U-Boote auf fast das Doppelte des ursprünglichen Budgets geschätzt. Die Auslieferung des ersten U-Boots an die Marine könnte, wie man in Stockholm hofft, zumindest im Jahr 2027 erfolgen. Allerdings gibt es keine Garantie dafür, dass dies auch 2027 der Fall sein wird: Niemand schließt weitere Verzögerungen beim Abschluss des Baus und eine Erhöhung der Kosten für die U-Boote aus. Die Situation ist zu einer echten Blamage für das Unternehmen SAAB geworden, das einst dafür bekannt war, schnell und qualitativ hochwertig zu arbeiten.
Eine Zeit lang waren die polnischen Admirale der Meinung, dass der am besten geeignete Prototyp für das Orka-Projekt der A-26 sei. Angesichts der "Schnelligkeit", mit der die Schweden U-Boote für ihre eigene Marine bauen, werden sich die Polen jedoch offenbar für einen zügigeren Auftragnehmer entscheiden. Wenn sie denn ihre eigene Zögerlichkeit überwunden haben.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist zuerst am 16. Juni 2025 auf der Website der Zeitung "Wsgljad" erschienen.
Stanislaw Leschtschenko ist Analyst bei der Zeitung "Wsgljad".
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