Drohnenkrieg gegen Russland: Ribbentrop-Enkel verdient offenbar mit

Von Astrid Sigena
Die Entwicklung und Produktion von Aufklärungs- und Kampfdrohnen boomt, speziell auch in Deutschland. Neben bereits altbekannten Rüstungsfirmen wie Rheinmetall oder Airbus, die sich nun auch der Drohnenproduktion widmen, schießen auch die Start-ups wie Pilze aus dem Boden. Zum Beispiel die Münchner Firma Quantum Systems, die mit ihrer Vector-Aufklärungsdrohne auch die Ukraine beliefert. Das mit den Gründern von Quantum Systems in Verbindung stehende Start-up Stark Defence entwickelt derweil eine Angriffsdrohne, die von der Bundeswehr getestet werden soll. In der Ukraine kommt die mit Sprengstoff beladene Kamikaze-Drohne Virtus dem Handelsblatt zufolge schon zum Einsatz.
Das deutsche Magazin WirtschaftsWoche (WiWo) widmete am 23.5.2025 dieser neuen Technik, die als preiswerte Massenware die Kriegsführung revolutioniere und sowohl die Wirtschaft als auch die Sicherheit Deutschlands stärke, einen mehrseitigen Artikel. Nur Politiker und Manager müssten jetzt endlich mitziehen, so der Wunsch der WiWo-Journalisten.
Wenn es um die Finanzierung der Drohnen-Start-ups geht, fällt ein Nachname, dessen Träger schon einmal eine unheilvolle Rolle in den deutsch-russischen Beziehungen ausgeübt hat: Sebastian von Ribbentrop vom Venture-Capital-Investor Join Capital wird als Experte zu den Investitionen in die Drohnen-Branche befragt. Es handle sich um "ein herausforderndes Geschäftsmodell" – so von Ribbentrop –, "da in Friedenszeiten die Nachfrage deutlich geringer" sei. Die Systeme der Start-ups seien schließlich "primär auf den Einsatz in Konfliktsituationen zugeschnitten".
Von Ribbentrop? Ja, richtig, es handelt sich um den Enkel von Hitlers Außenminister. Reichsaußenminister Joachim von Ribbentrop war es, der erst mit der Sowjetunion 1939 den nach ihm benannten deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt schloss (Molotow-Ribbentrop-Pakt), um dann nicht einmal zwei Jahre später – als der deutsche Überfall auf die Sowjetunion schon im Gange war – in einer Note des Auswärtigen Amtes an die sowjetische Regierung militärische "Gegenmaßnahmen" des Hitler-Regimes zu verkünden. Bei den Nürnberger Prozessen als Hauptkriegsverbrecher angeklagt und schuldig gesprochen, wurde Joachim von Ribbentrop im Oktober 1946 im Nürnberger Justizgefängnis hingerichtet. Eine düstere Familiengeschichte, die zur Zurückhaltung – gerade in kriegerischen Angelegenheiten – mahnt.
Der russische Journalist Timofej Borissow von der in der EU sanktionierten Rossijskaja Gaseta reagierte auf seinem Telegram-Kanal empört: "Die Nachkommen der Nazis, wie Sebastian von Ribbentrop, sind wieder gegen Russland. Wie sich doch alles wiederholt." Mit einem abgewandelten Zitat des mittelalterlichen russischen Fürsten Alexander Newski gab Borissow außerdem zu bedenken, was denen blühe, die es wagen würden, den Krieg nach Russland zu tragen.
Man kann sich nur schwer ausmalen, was für ein Ausmaß an Leid der Drohnenkrieg für die ukrainischen und russischen Soldaten mit sich bringt. Die WirtschaftsWoche zitiert den Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses im ukrainischen Parlament. Roman Kostenko zufolge gingen 70 Prozent aller Opfer im Ukraine-Krieg heutzutage auf das Konto von Drohnen. In einigen Schlachten würden sie sogar bis zu 80 Prozent der Toten und Verletzten verursachen.
Diese nackten Zahlen zeigen noch nicht, was ein Drohnenangriff anrichten kann, wie katastrophal die Auswirkungen auf die Soldaten unten am Boden sind. Deshalb sei hier eine Schilderung des rechtskonservativen Verlegers Götz Kubitschek eingefügt (Tagebuch-Eintrag von 9. Dezember 2023). Der Einsatz von Drohnen – so Kubitschek – sei "ein Grauen, das vor über hundert und vor achtzig Jahren noch nicht über den Schlachtfeldern kreiste". Kubitschek schildert das Schicksal der Soldaten, die "ahnungslos oder verzweifelt" versuchen, aus dem Bereich der Drohne davon zu kriechen und "deren Leben mit einer wie in einem Computerspiel abgeworfenen Granate beendet wird".
Kubitschek beschreibt weiter "das Filmchen einer ukrainischen Drohneneinheit, das mit einer rührseligen russischen Melodie anhebt und dann in einen Gitarren-Trash umkippt, während man von oben einzelne russische Soldaten heranzoomt, die bereits verwundet und hilflos in einem zersplitterten Waldstück liegen, unter Ästen, mit offenen Brüchen, in sich gekrümmt, embryonal, bedürftig, schutzlos.
Während die Drohne zoomt, fallen Granaten gezielt auf und dicht neben diese Männer. Die Genfer Konvention ist einen Dreck wert, und wenn im Staatsfunk von Lieferschwierigkeiten für Drohnenbauteile an der polnisch-ukrainischen Grenze die Rede ist, dann sprechen wir über Ersatzteile für Kampfmittel, aus denen solche Filme entstehen.
Der letzte russische Soldat, der erledigt wird, liegt verwundet unter Geäst. Die Drohne lässt ihre Granate dicht vor seinen Rumpf fallen. Dann zoomt die Kamera auf eine entsetzliche Wunde und auf einen stummen Schrei und eine tastende Hand, die versucht, das zerfetzte Auge, den abgerissenen Kiefer und den Knochenbrei dorthin zurückzuschieben, wo einmal ein Gesicht war, rundlich, schon etwas älter. Das heile Auge sucht den Himmel ab, dann stirbt dieser Mensch."
Die Finanziers dieses Grauens rührt das offenbar nicht. Es wird zwar nicht klar, ob die Firma, für die von Ribbentrop arbeitet, selbst in Drohnen-Start-ups investiert, ein Blick auf seine LinkedIn-Seite und auf die Seite seiner Firma reicht aber aus, um zu sehen, wie sehr Join Capital an der Aufrüstung Europas zur Kriegstüchtigkeit beteiligt ist.
So bekam dieser in Berlin ansässige Investmentfonds 2024 eine Finanzspritze von der NATO: Im Juni vergangenen Jahres verkündete der NATO-Innovationsfonds, unter anderem Join Capital dabei zu unterstützen, Innovationen im Deep-Tech-Bereich zu fördern. Zwischen dem NATO-Innovationsfonds und dem Europäischen Innovationsfonds EIF besteht wiederum seit Juli 2024 eine Partnerschaft, um "gemeinsam privates Kapital für Europas Verteidigung und Sicherheit" zu mobilisieren.
Es wäre unfair, den Enkel für die Verbrechen des Großvaters zur Rechenschaft zu ziehen. Aber gerade der Fall Sebastian von Ribbentrop zeigt drastisch, mit welcher moralischen Ungerührtheit die deutsche Gesellschaft überhaupt, aber gerade auch die Enkel von nationalsozialistischen Kriegsverbrechern die Aufrüstung Deutschlands vorantreiben, gerade jetzt, wo es wieder gegen Russland geht. Verantwortung übernehmen für deutsche Schuld, für die 27 Millionen sowjetischer Opfer? Lippenbekenntnisse, vielleicht nie ernst gemeint, jetzt auf jeden Fall passé.
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