Europa

Dreiteilung der Ukraine würde neuen Konflikt schüren

Laut Medienberichten hat Washington den schnellsten Weg zur Beilegung des Konflikts in der Ukraine gefunden. Es wird vorgeschlagen, das Land in Kontrollzonen zwischen europäischen Ländern und Russland nach dem Vorbild des Nachkriegs-Berlins aufzuteilen.
Dreiteilung der Ukraine würde neuen Konflikt schüren© AP Photo/Libkos

Von Andrei Restschikow

Die britische Zeitung The Times hat den US-amerikanischen Sondergesandten für die Ukraine, Keith Kellogg, mit den Worten zitiert, dass die Ukraine nach dem Ende des Konflikts in Kontrollzonen aufgeteilt werden könnte, nach dem Vorbild der Teilung Berlins im Jahr 1945.

Kelloggs Idee zufolge könnten britische und französische Truppen in der Westukraine stationiert werden, während Russland die Kontrolle über die östlichen Regionen übernehmen würde, das heißt über die ehemaligen vier ukrainischen Gebiete, die jetzt ein integraler Bestandteil Russlands sind – die Donezker Volksrepublik, die Lugansker Volksrepublik sowie die Gebiete Saporoschje und Cherson. Es geht also um den Verlauf einer neuen Grenze entlang des Flusses Dnjepr.

In der Mitteilung heißt es, dass ukrainische Streitkräfte und eine etwa 30 Kilometer breite entmilitarisierte Zone zwischen europäischen und russischen Truppen eingerichtet werden könnten. Zugleich würden die USA keine Bodentruppen in der Ukraine stationieren.

Kellogg selbst widersprach jedoch später der Veröffentlichung durch The Times und erklärte, seine Worte seien angeblich falsch interpretiert worden. Er habe sich auf die Zuständigkeitsbereiche der alliierten Streitkräfte nach dem Waffenstillstand bezogen, ohne damit eine Beteiligung der US-Truppen anzudeuten. Kellogg schrieb im sozialen Netzwerk X:

"Der Times-Artikel verzerrt, was ich gesagt habe. Ich sprach von einer Stabilitätsoperation zur Unterstützung der ukrainischen Souveränität nach dem Waffenstillstand."

Kelloggs Ideen wurden bereits von Rodion Miroschnik, Sonderbotschafter des Außenministeriums für Fragen im Zusammenhang mit Verbrechen des Kiewer Regimes, kritisiert. In einer Sendung des Kanals Solowjow Live sagte der Diplomat, dass eine solche Spaltung zu einer neuen Eskalation auf einer anderen Ebene führen könnte. Er erklärte:

"Die Aufrechterhaltung der Militarisierungszone und die Herausbildung radikalisierter Elemente – das ist eine der Varianten des Einfrierens des Konfliktes, die nach einiger Zeit zu einer neuen Eskalationsstufe führen kann."

Miroschnik fügte hinzu, dass die Ukraine mit britischer Unterstützung in kurzer Zeit Zehntausende von Kämpfern ausbilden und sie "erneut in den Kampf schicken" könnte.

Er betonte, dass das Auftauchen von "Friedenskontingenten" in der Ukraine eine Besatzungserklärung sei und dass "diese unter Mandat stehende Zone das Level an Toxizität beibehalten wird, aufgrund dessen die militärische Sonderoperation einst begann".

Eine weitere Option zur Beilegung des Konflikts wurde laut der Nachrichtenagentur Reuters von Donald Trumps Sondergesandtem Steve Witkoff vorgeschlagen. In seinem Bericht an das Weiße Haus schrieb er, der schnellste Weg zum Frieden wäre, wenn der Westen den "russischen Status" der Gebiete Lugansk, Donezk, Saporoschje und Cherson anerkennen würde. Witkoff führte am Freitag in Sankt Petersburg stundenlange Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sowie mit Juri Uschakow, einem Berater des Staatschefs, und Kirill Dmitrijew, dem Leiter des Russischen Direktinvestitionsfonds (RDIF).

Dies war Witkoffs dritter Besuch in Russland seit Trumps Amtsantritt. Die Gespräche fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, und Journalisten wurden nur für einen Handschlag zur Begrüßung eingelassen. In den Vereinigten Staaten ist unterdessen erneut eine Kontroverse darüber entbrannt, wie effektiv Witkoff als Trumps Sondergesandter ist.

Am Samstag stimmte Dmitrijew der Meinung der US-amerikanischen politischen Aktivistin und Journalistin Laura Loomer zu (veröffentlicht auf ihrer Seite im sozialen Netzwerk X), dass Witkoff mehr für die Durchführung von Friedensgesprächen und die Freilassung von Geiseln getan habe als jeder seiner Gegner. Loomers Beitrag wurde auch von dem US-Unternehmer Elon Musk und dem US-Außenminister Marco Rubio retweetet, die Witkoff als "großartig" bezeichneten.

Nach Ansicht von Beobachtern ist Witkoff wegen seines Berichts an Trump über Möglichkeiten zur raschen Beendigung des Ukraine-Konflikts unter Beschuss geraten. Im Februar kritisierten israelische Beamte und die rechtsgerichteten Verbündeten von Premierminister Benjamin Netanjahu in den Vereinigten Staaten Witkoff für seine Bemühungen als wichtiger Vermittler bei der Waffenstillstandsvereinbarung zwischen Israel und der Hamas. Auch Kiew hat seine Abneigung gegen Trumps Sondergesandten deutlich gemacht.

Die Expertengemeinschaft ist der Meinung, dass Kelloggs Ideen zur Aufteilung der Ukraine und Witkoffs Vorschlag, den neuen Status der ehemaligen ukrainischen Gebiete offiziell anzuerkennen, der richtige Weg zur Lösung der Krise sind. Sollte Trump jedoch tatsächlich beschließen, die Ukraine zu zerstückeln, könnte das Land als Einzelstaat zerfallen. Rafael Orduchanjan, ein Amerikanist und Doktor der Politikwissenschaften, sagt:

"Die Art der Beziehungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten ist komplex. Trump ist nicht an der Ukraine als solcher interessiert. Verursacht wird diese ganze Aufregung durch den Prozess der Verhandlungen und der Klärung von Positionen zu einer ganzen Reihe von Themen. Dazu gehören der pazifische Raum, der Nahe Osten, die Zölle und natürlich die Ukraine."

Seiner Ansicht nach werde das Hauptabkommen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten weitreichend und vielschichtig sein. Der Experte betont:

"Alles, was jetzt geäußert wird, dient der politischen Spekulation. Wir haben nicht genügend Anhaltspunkte für strategische Schlussfolgerungen, also müssen wir uns ansehen, welche konkreten Schritte die Amerikaner unternehmen."

Wirklich wichtig wäre es, die Waffenlieferungen und die Versorgung Kiews mit Aufklärungsdaten einzustellen. Es gebe "viele Nuancen, die meinen Optimismus einschränken", fügt Orduchanjan hinzu.

Wladimir Wassiljew, ein leitender Forscher am Institut für die USA und Kanada der Russischen Akademie der Wissenschaften, erklärt:

"Heute rückt die Frage der offiziellen Anerkennung der ehemaligen ukrainischen Territorien als russische Gebiete in den Vordergrund. Alles hängt vom rechtlichen Status der ukrainischen Gebiete ab, von denen 25 Prozent bereits unter russischer Kontrolle sind. Der Westen war nie in der Lage, dafür zu sorgen, dass dieses Land wieder unter ukrainische Kontrolle gerät und die Situation zu den Grenzen von 1991 zurückkehrt."

Der Politologe erinnert an den Countering America's Adversaries Through Sanctions Act (CAATSA), der von Trump im August 2017 unterzeichnet wurde. Mit diesem Dokument wurden die restriktiven Maßnahmen der Vorgängerregierungen gegen Russland, Iran und die Demokratische Volksrepublik Korea legalisiert und zusätzliche Sanktionen eingeführt. Wassiljew hebt hervor:

"In demselben Gesetz steht geschrieben, dass die USA die Ukraine nur innerhalb der Grenzen von 1991 anerkennen. Und diese Position ist derzeit nicht nur für die USA, sondern auch für den Westen insgesamt von grundlegender Bedeutung. Deshalb gibt es für die USA keinen Grund, ein langfristiges Abkommen mit Russland zu schließen. Es geht ihnen vielmehr lediglich darum, einen wenig verständlichen vorübergehenden Waffenstillstand zu schließen, der nach einer Umgruppierung der Kräfte schnell wieder gebrochen werden kann."

Seiner Meinung nach sei es heute "wichtig für Trump, diesen Rubikon zu überschreiten". Er erklärt weiter:

"Wie wird der Status dieser 25 Prozent der Gebiete, die unter russischer Kontrolle stehen, festgelegt? Im Großen und Ganzen hat sich Trump mit dieser Frage noch nicht befasst. Das ganze Gerede darüber, ob Russland den Frieden will, ist ein Ablenken von diesem Thema. Wenn Trump diese Gebiete einfach als russisch anerkennt, wird man ihn sofort als 'Agent Putins' bezeichnen und darüber reden, dass 'der US-Präsident die Ukraine verrät' und gegen CAATSA verstößt."

Sollte der Westen offiziell anerkennen, dass die ehemaligen ukrainischen Gebiete an Russland übergegangen sind, "könnte die Ukraine zusammenbrechen", so Wassiljew. Dass eine solche Option in Erwägung gezogen wird, geht jedoch aus Berichten des russischen Auslandsgeheimdienstes über westliche Pläne hervor, die Ukraine zu besetzen und ihre Gebiete unter Rumänien, Polen, Deutschland und Großbritannien aufzuteilen. Deshalb könnten die USA an einem raschen Abschluss eines Abkommens mit der Ukraine über den Zugang zu ihren natürlichen Ressourcen interessiert sein, was es dann ermöglichen würde, zur Frage ihrer Territorien überzugehen, in denen Zonen wirtschaftlichen Einflusses unter Beteiligung des europäischen und westlichen Kapitals geschaffen würden. Wassiljew betont:

"Trump kann dieses Problem nur auf eine Weise angehen – indem er die Ukraine zerstückelt. Das ist der einzige Weg, wie das Problem gelöst werden kann. Das ist die einzige Formel, die verkauft werden kann. Vielleicht wird die Ukraine aufhören zu existieren, aber ich sehe keinen anderen Weg, um die Probleme zu lösen."

Wenn Trump den Prozess der Teilung der Ukraine einleite, werde ein neuer Grundsatz des Völkerrechts geschaffen, der für andere Regionen mit ungelösten territorialen Konflikten von großer Bedeutung sein würde, meint der Experte. Wassiljew argumentiert weiter:

"Das Problem der Ukraine wird nicht schnell gelöst werden, es wird viele Versuche geben. Vieles kann noch passieren. Das mögliche Auftauchen von NATO-Truppen in der Ukraine wird uns einer ernsthaften militärischen Konfrontation näherbringen. Genau genommen weiß noch niemand, wie der Ukraine-Konflikt gelöst werden kann, und zwar nicht durch ein vorübergehendes Einfrieren, sondern dadurch, dass zumindest der Anschein eines dünnen Friedens für 10 bis 15 Jahre geschaffen wird."

Laut Orduchanjan gebe es in den USA Gegner einer friedlichen Lösung in der Ukraine, wie die Kritik an Witkoff zeige. Er hebt hervor:

"Alles, was mit Bezug auf Witkoff geschieht, ist der Beginn einer harten und energischen Opposition gegen Trump. Witkoff ist ein Vollstrecker von Trumps Politik. Es ist also nicht Witkoff, der angegriffen wird, sondern die Politik des Präsidenten der Vereinigten Staaten. Wenn Trump in diesen Tagen bahnbrechende Entscheidungen in Bezug auf die Ukraine trifft und auch das Iran-Abkommen abschließt, wird dies seiner Autorität und seinem Einfluss innerhalb des Landes einen starken Auftrieb verleihen. Seine Feinde sehen das und wollen es natürlich unbedingt verhindern."

Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 12. April 2025 zuerst auf der Webseite der Zeitung Wsgljad erschienen.

Andrei Restschikow ist Analyst bei der Zeitung Wsgljad.

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