Europa

Zum Ende des russischen Gastransits durch die Ukraine: Der Stand der Dinge und die absehbaren Folgen

Ungeachtet aller finanziellen Unterstützung und aller Waffenlieferungen aus den EU-Ländern hat Kiew sich geweigert, den Gastransitvertrag mit Moskau zu verlängern. Alle Appelle seitens der EU-Staaten haben nicht gefruchtet – und einzig dazu geführt, dass die Energiesicherheit der Unterstützer Kiews nun gefährdet ist.
Zum Ende des russischen Gastransits durch die Ukraine: Der Stand der Dinge und die absehbaren FolgenQuelle: www.globallookpress.com © Frank Rumpenhorst/dpa

Russland hat am 1. Januar 2025 um 8 Uhr Moskauer Zeit offiziell die Gaslieferungen an die EU über die Ukraine eingestellt, nachdem monatelange Verhandlungen über eine Verlängerung des Transitabkommens mit Kiew gescheitert waren. Hier erfahren Sie, wie es zu dieser Entwicklung kam und was sie für den europäischen Gasmarkt bedeutet.

1. Worum geht es eigentlich?

Eine Reihe von EU-Staaten erhielt im Rahmen eines 2019 unterzeichneten Fünfjahresvertrags zwischen dem russischen Energieriesen Gazprom und dem staatlichen ukrainischen Energieunternehmen Naftogaz russisches Pipeline-Gas über das ukrainische Transitnetz. Der Vertrag sah vor, dass Gazprom im Jahr 2020 65 Milliarden Kubikmeter Gas durch die Ukraine transportiert und von 2021 bis 2024 jährlich 40 Milliarden Kubikmeter. Das Abkommen lief am 31. Dezember aus.

2. Warum wurde der Vertrag beendet?

Die Ukraine hatte wiederholt erklärt, dass das Abkommen nicht verlängert werden würde, solange der Konflikt mit Russland andauert, trotz der Bedenken europäischer Staaten, die weiterhin von russischer Energie abhängig sind. Der ukrainische Premierminister Denis Schmygal bekräftigte Anfang des Monats, dass Kiew ab dem 1. Januar 2025 den Transport von russischem Gas einstellen und sein Pipelinesystem nur noch für die Lieferung von Gas von alternativen Lieferanten nutzen werde. Das ukrainische Energieministerium gab bekannt, dass der Transport von russischem Gas durch die Ukraine "im Interesse der nationalen Sicherheit gestoppt wurde."

3. Wie hat Russland reagiert?

Gazprom gab am Mittwochmorgen bekannt, dass es die Lieferungen durch die Ukraine bereits eingestellt habe, und erklärte, dass es "der technischen und rechtlichen Möglichkeit beraubt wurde", den Gasfluss aufrechtzuerhalten, "aufgrund der wiederholten und klaren Weigerung" Kiews, das Transitabkommen zu verlängern. In einem Kommentar zum bevorstehenden Ende des Abkommens in der vergangenen Woche sagte der russische Präsident Wladimir Putin, dass Kiew die EU "bestrafe", indem es sich weigere, das Abkommen zu verlängern, da die Entscheidung zu höheren Energiepreisen führen werde. Auf seiner jährlichen Pressekonferenz am 19. Dezember erklärte Putin, selbst wenn das Transitabkommen nicht mehr bestehe, würden weder Russland noch Gazprom davon stark betroffen sein.

4. Wen trifft es am härtesten?

Das ukrainische Transitnetz ist mit den Pipelinesystemen von Moldawien, Rumänien, Polen, Ungarn und der Slowakei verbunden und führt dann weiter nach Österreich und Italien. Die Slowakei wird am stärksten von der Unterbrechung der Gaslieferungen betroffen sein, da sie etwa 60 Prozent ihres Bedarfs durch russische Lieferungen über die Ukraine deckt. Auch Moldawien, eine frühere Teilrepublik der Sowjetunion und inzwischen EU-Beitrittskandidat, könnte durch das Ende des Transitabkommens ernsthaft betroffen sein, da es einen Großteil seines Stroms in einem mit russischem Gas betriebenen Kraftwerk erzeugt.

5. Wird das gesamte russische Gas über die Ukraine nach Europa transportiert?

Russland exportiert Gas auch auf dem Seeweg nach Europa, und zwar in Form von Flüssigerdgas (LNG), außerdem über die TurkStream-Pipeline. Die Route führt von Russland über das Schwarze Meer in die Türkei und dann weiter bis zur Grenze zum EU-Mitglied Griechenland. Sie verfügt über zwei Leitungen, eine für den türkischen Inlandsmarkt und die andere zur Versorgung mitteleuropäischer Kunden, darunter Ungarn und Serbien.

6. Welche anderen Versorgungsalternativen hat die EU?

Nach der Eskalation des Ukraine-Konflikts im Februar 2022 hat die Europäische Union es sich zur obersten Priorität gemacht, ihre Importe von russischen Energieträgern zu verringern. Die EU hat die Einfuhr von Pipelinegas aus Norwegen erhöht und mit Flüssiggas aus Katar und den USA alternative Quellen gefunden. Allerdings sind LNG-Importe viel teurer als russisches Pipelinegas. Obendrein sind die LNG-Lieferungen in die EU derzeit gefährdet, da der designierte US-Präsident Donald Trump kürzlich erklärte, er spiele mit dem Gedanken, Zölle auf Lieferungen in die EU zu erheben, wenn Europa nicht mehr amerikanisches Gas kaufe, während Katar aufgrund der neuen EU-Gesetzgebung zu CO₂-Emissionen mit der Einstellung der Lieferungen gedroht hat.

7. Wie wird sich dies auf die Gaspreise in der EU auswirken?

Viele Experten haben davor gewarnt, dass der Verlust des Gastransits durch die Ukraine zu einem neuen Anstieg der Energiepreise in der gesamten Europäischen Union führen könnte. Unter Berufung auf eine Analyse des wichtigsten Gasversorgers und -händlers der Slowakei, SPP, warnte der slowakische Premierminister Robert Fico letzte Woche, dass die Gaslieferungen durch die Ukraine zwar nur 3,5 Prozent des EU-Verbrauchs ausmachten, ein Abbruch der Lieferungen jedoch den gesamten Markt stören würde. Er wies darauf hin, dass dies zu einem Anstieg der Gaspreise in der gesamten EU um etwa 30 Prozent führen könnte, was zusätzliche jährliche Kosten von 40 bis 50 Milliarden Euro für europäische Haushalte und Infrastruktur bedeuten würde.

8. Gibt es eine Möglichkeit, die Angelegenheit zu regeln?

Russland hat wiederholt seine Bereitschaft signalisiert, das Transitabkommen zu verlängern und die Gaslieferungen durch die Ukraine über das Jahr 2024 hinaus fortzusetzen, aber Kiew hat sich unnachgiebig geweigert. Das Handelsblatt hatte zuvor berichtet, dass die EU die Unterzeichnung eines Vertrags zwischen Gazprom Export und einem europäischen Energieunternehmen in Erwägung ziehe, das Gas an der russisch-ukrainischen Grenze kaufen, in die EU transportieren und den ukrainischen Gasnetzbetreiber für den Transit bezahlen könnte, um die Notwendigkeit direkter Verträge zwischen Moskau und Kiew zu beseitigen. Allerdings wurde der Bericht weder von offizieller Seite bestätigt, noch gibt es Berichte über Fortschritte diesbezüglicher Gespräche.

Mehr zum Thema - "Gute Vorsätze" zum Neuen Jahr? – EU importiert trotz Sanktionen Rekordmenge russischen Flüssiggases

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.