Europa

Deutschland schließt Büro von russischem Fernsehsender – Moskau kündigt Antwort an

Perwy Kanal, der beliebteste russische Fernsehsender, muss auf Geheiß zuständiger Regierungsbehörden in Berlin seinen Standort in Deutschland schließen, und seine Journalisten das Land umgehend verlassen. Marija Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums, kündigt Antwortmaßnahmen an.

Journalisten des Perwy Kanal (Erster Kanal), des russischen Fernsehsenders mit der größten Reichweite auch außerhalb Russlands, werden aus Deutschland ausgewiesen. Entsprechende Briefe vom Berliner Landesamt für Einwanderung haben zum Beispiel der Reporter Iwan Blagoi und der Kameramann Dmitri Wolkow erhalten – sie sollen das Land Anfang Dezember verlassen. Blagoi berichtet:

"Zehn Seiten Text, mit reichlich Verweisen auf Sanktionsakte der EU als Grundlage für den getroffenen Beschluss versehen. Ein deutscher Rechtsanwalt, der auf unsere Bitte hin die Papiere eingesehen hat, konnte nur resigniert die Hände heben – alles mehr als klar.

Gesetze der BRD haben wir während unseres Aufenthalts in Deutschland nicht übertreten. Dennoch wurde uns die Tür gezeigt."

Weiter heißt es in den Briefen an die beiden Journalisten, dass die Tätigkeit des Perwy Kanal eine bedeutende und unmittelbare Bedrohung für die öffentliche Ordnung und Sicherheit Deutschlands und der Europäischen Union darstelle – nämlich weil sie, genauer genommen, den Prozess der Meinungsformung und des Treffens von Beschlüssen bedrohe.

Dies geschehe konkret durch die Inhalte und Wertungen, die der Sender verbreite – zum Beispiel der wirtschaftliche Ruin Europas. Dieses Narrativ und andere, wie im Brief ausgedrückt, "rechtsextreme" Narrative habe sich unter zahlreichen Russischsprachigen in Deutschland beziehungsweise der EU verwurzelt und rufen Misstrauen gegenüber den Strukturen Deutschlands und der Europäischen Union hervor. Außerdem würden rechtsextreme Gruppierungen in der BRD dadurch "beeinflusst".

Bei Perwy Kanal kommentiert man: 

"Das ist sie, die Freiheit der Meinungsäußerung nach europäischer Art.

Und Proteste von Arbeitern der deutschen Automobilindustrie, die improvisierte Begräbniszeremonie für Volkswagen, großflächige Proteste unzufriedener Landwirte – waren das etwa auch alles wir?

Und Nachrichten über Konkurse und Massenentlassungen sind dann Intrigen Moskaus oder irgendwelcher rechtsextremer Kräfte?"

Kurz zuvor zeigte der Sender eine Reportage über die Festnahme eines Terroristen – eines deutschen Staatsbürgers namens Nikolai Gaiduk, Geburtsjahr 1967, der in Kaliningrad im März einen Sprengstoffanschlag gegen ein Niederdruck-Gaswerk verübte und weitere Anschläge plante. Den Auftrag erhielt der in Hamburg wohnhafte Gaiduk von Alexander Schorow, einem ebendort wohnhaften ukrainischen Staatsbürger. Bei der Festnahme durch den FSB wurde in Gajduks Auto ein halber Liter flüssiger Sprengstoff sichergestellt.

Sprengstoff und weitere Komponenten für den Sprengsatz hatte Gaiduk ebenfalls von Schorow erhalten, bevor er über polnisches Staatsgebiet in die russische Exklave Kaliningrad einreiste.

Weil Perwy Kanal über das Internet auch in Deutschland empfangen werden kann und seine noch aus der Sowjetzeit bekannte Sendung Wremja (Zeit) für Immigranten aus der gesamten ehemaligen UdSSR dank klassischer Inhaltsdarbietung Wiedererkennungswert hat, konnte die in dieser Sendung gezeigte Reportage zu diesem Thema auch viele von ihnen erreichen. Material dafür kam auch von den beiden Journalisten in Deutschland: Das Team suchte die Adresse des dringend Terrorverdächtigen in Hamburg auf und zeigte die Straße, in der Gaiduk sich mit seinem ukrainischen Betreuer traf.

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Marija Sacharowa, kündigte Maßnahmen zur Reaktion auf den Schritt der deutschen Behörden an. Diese werden noch am selben Tag bekanntgegeben.

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