Europa

Ein Prozent Erfolgsquote: Vernichtendes Urteil über Heils "Job-Turbo" für ukrainische Flüchtlinge

Der Bundesrechnungshof hat den Versuch des Bundesarbeitsministers bewertet, ukrainische Flüchtlinge schneller in Arbeit zu bringen. Wie das Magazin "Stern" berichtet, ist das bisherige Ergebnis verheerend.
Ein Prozent Erfolgsquote: Vernichtendes Urteil über Heils "Job-Turbo" für ukrainische Flüchtlinge© Sebastian Gollnow

Im vergangenen Oktober stellte der Arbeitsminister Hubertus Heil ein Maßnahmenpaket zur Arbeitsintegration ukrainischer Flüchtlinge vor. Als "Job-Turbo" bezeichnet, sollte es ukrainischen Bürgergeld-Empfängern zum Einstieg in die Arbeit verhelfen – etwa, indem die Betroffenen bereits bei geringeren Sprachkenntnissen als zuvor in Arbeit vermittelt und häufiger von den Jobcentern kontaktiert werden.

Durch die schnellere Vermittlung von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt wollte die Koalition 2024 insgesamt 500 Millionen Euro einsparen. Heil gab sich zuversichtlich. Mit diesem Projekt werde man ukrainische Geflüchtete "schneller von der Schulbank der Integrationskurse an den Arbeitsplatz bringen", versprach der Bundesarbeitsminister bei einer Pressekonferenz. Zu den Zwischenergebnissen teilte seine Behörde nach einem Jahr auf der hauseigenen Website mit: "Der Job-Turbo wirkt."

Das Urteil des Bundesrechnungshofs fällt deutlich anders aus, berichtete am Donnerstag das Magazin Stern. Das geht aus einem Bericht hervor, den die Bundesbehörde am Dienstag dem Haushaltsausschuss übermittelte. Darin wird die "Betreuung der Geflüchteten aus der Ukraine durch die Jobcenter" genauer untersucht. Die Bilanz lese sich vernichtend, so der Stern. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern habe Deutschland nach wie vor nur eine sehr geringe Beschäftigungsquote von ukrainischen Geflüchteten vorzuweisen. Im Juni 2024 lag sie bei knapp 30 Prozent, wobei die Leistungen für die 720.000 ukrainischen Bürgergeld-Empfänger monatlich 539 Millionen Euro betragen.

Mit dem "Job-Turbo" sollte diese Situation deutlich verbessert werden. Durch Maßnahmen wie mehr Beratungsgespräche, eine frühzeitige Anerkennung von Qualifikationen und eine schnellere Vermittlung in den Job sollte die Erwerbstätigkeit unter den Flüchtlingen deutlich erhöht werden. Die Prüfung der Vermittlungsmaßnahmen habe jedoch "erhebliche Defizite der Jobcenter bei der Integrationsarbeit ergeben", heißt es in dem Papier. Die Vermittlungsvorschläge hätten bei den für 2024 geprüften Fällen in weniger als einem Prozent zu einer Einstellung geführt.

Es liege keinerlei Evidenz dafür vor, dass der "Job-Turbo" eine positive Wirkung habe. "Ob durch ihn eine stärkere Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt stattfindet, kann das Bundesarbeitsministerium (BMAS) bisher nicht verlässlich nachweisen." Insofern seien auch der von Heil versprochene Entlastungseffekt für den Bundeshaushalt 2024 in Höhe von rund einer Milliarde Euro sowie die prognostizierten Ausgabenminderungen für die Folgejahre fragwürdig.

In dem Bericht wird auch vermerkt, dass das BMAS zu einer anderen Bewertung kommt. Diese Einschätzung müsse man aber "hinterfragen", konstatieren die Prüfer. Denn hier habe das Ministerium etwa natürliche Abgänge aus dem Leistungsbezug, wie sie in jeder Verlaufsbetrachtung vorkämen, fälschlicherweise dem "Job-Turbo" zugerechnet. Auch würden nur Austritte aus dem Leistungsbezug vermerkt, nicht aber geprüft, ob diese Menschen nach kurzer Zeit wieder erwerbslos werden.

Ganz gnadenlos wollten die Prüfer dann aber doch nicht sein, konstatiert der Stern. Die Vermittlungsarbeit der Jobcenter habe sich "zum Teil verbessert", vermerkten sie. Auch sei der "Job-Turbo" ein im Ansatz sinnvolles Instrument und dessen Ausbau "sinnvoll und wichtig".

Die Frage nach dem Verbleib der ukrainischen Geflüchteten stellt sich in Deutschland politisch immer wieder. Vor allem die CDU würde gerne ukrainische Männer im wehrfähigen Alter zur Rückkehr in ihre Heimat motivieren. Andererseits stellen ukrainische Migranten ein großes Reservoir sowohl an billigen als auch an Fachkräften wie Ärzten und Lehrern dar. Auch die Anwesenheit von vielen Frauen mit Kindern gilt bei anhaltend niedrigen Geburtsraten der einheimischen Bevölkerung als großer Vorteil.

Ein Großteil ukrainischer Flüchtlinge hat sich als Bürgergeld-Empfänger als privilegierte Migrantengruppe eingerichtet und plant keine Rückkehr. Dabei reißt ihre Verbindung in die Ukraine nicht ab, denn viele ukrainische Bürger nutzen die Möglichkeit, günstig in ihre Heimat für Erledigungen oder Urlaub zu pendeln. 

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