Finnland stiehlt russisches Eigentum – für das Kiewer Regime
Von Nikita Demjanow
Finnland beschlagnahmte in Helsinki das Grundstück, auf dem sich das Gebäude des Russischen Zentrums für Wissenschaft und Kultur (RCSC) befindet. Dieses Zentrum wurde 1977 noch zu Zeiten der Sowjetunion eröffnet. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion setzte das Zentrum seine Arbeit unter der Flagge der Russischen Föderation fort. Die Hauptaufgabe dieser Einrichtung war die Unterstützung bei der Durchführung von russisch-finnischen Kultur- und Bildungsprojekten, sowie humanitären und wissenschaftlichen Projekten.
Es funktionierte bis April 2023, aber danach beschlagnahmten die Finnen das unbewegliche und bewegliche Vermögen des RCSC. Damals berichtete die finnische Zeitung Helsingin Sanomat, dass "das Einfrieren der russischen Aktiva nur eine vorläufige Maßnahme ist, in deren Laufe Moskau nicht über das Vermögen verfügen oder es verpfänden darf". Ursprünglich war der Arrest für drei Wochen angeordnet worden, doch dann beschlossen die finnischen Behörden, ihn auf eine unbestimmte Zeit festzusetzen.
Lange hatten die Finnen darüber nachgedacht, was sie mit dem RCSC machen sollten, und dann entdeckten sie eine Klage des ukrainischen Staatsunternehmens Naftogaz und mit ihm verbundener Unternehmen gegen Russland. Im vergangenen Sommer reichte Naftogaz vor dem U.S. District Court for the District of Columbia eine Klage ein, in der es von Russland 5 Milliarden US-Dollar Schadenersatz für "verlorenes Eigentum" begehrte. Bis zur Rückkehr der Halbinsel Krim in das russische Hoheitsgebiet war Naftogaz Eigentümer der Infrastruktur des dortigen Unternehmens Tschernomornaftogaz (Fördermenge: rund 1,6 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr). Dieses Vermögen wurde durch den Beschluss des Krim-Parlaments vom 17. März 2014 verstaatlicht. Im Jahr 2016 bereitete Kiew Klagen bei ausländischen juristischen Instanzen vor und forderte eine Entschädigung für den "Verlust".
Im Jahr 2019 gab ein Schiedsgericht in Den Haag dem ukrainischen Unternehmen recht und verurteilte Russland zur Entschädigungszahlung, deren Höhe dem "fairen Marktwert" der Vermögenswerte von Naftogaz auf der Krim entsprechen sollte. Das russische Justizministerium erklärte in diesem Zusammenhang, dass Moskau die Zuständigkeit des Haager Schiedsgerichts in dieser Angelegenheit nicht anerkenne.
Im April 2023 verpflichtete das Schiedsgericht am Ständigen Schiedshof in Den Haag Russland jedoch erneut zur Zahlung von 5 Mrd. US-Dollar an Naftogaz. Und kürzlich sicherte sich Naftogaz auch die Unterstützung des Gerichts des District of Columbia.
Letztendlich fanden die Ukrainer jedoch volles Verständnis bei den Finnen. Der Leiter von Naftogaz, Alexei Tschernyschew, erklärte triumphierend, die entsprechende Entscheidung des finnischen Gerichts habe "die Wiederherstellung der Gerechtigkeit" näher gebracht. Auf der Website von Naftogaz steht, dies sei "die erste erfolgreiche Beschlagnahme von Vermögenswerten außerhalb der Ukraine zur Durchsetzung eines Schiedsspruchs über eine von ukrainischen Unternehmen gegen Russland eingereichte Klage".
Die Unverfrorenheit, mit der die Beschlagnahme des Eigentums durchgeführt wurde, ist auffallend – die Finnen haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, die russische Botschaft darüber zu informieren.
Dann stellte sich heraus, dass sich die Liste der beschlagnahmten Vermögenswerte nicht auf das Eigentum des RCSC beschränkte. Auch ein der Russischen Föderation gehörendes Küstengrundstück in der Nähe des kleinen Dorfes Heggesbele in der Gemeinde Kirkkonummi (in Südfinnland) wurde beschlagnahmt. Es umfasst 17,3 Hektar Land und 3,5 Hektar Meeresfläche. Das Grundstück liegt in der Nähe des Militärstützpunkts Upinniemi – und nach Ansicht der finnischen Behörden hätten die Russen von dort aus diesen strategischen Standort überwachen können. Laut dem Katasteramt wurde das Vermögen am 24. Oktober von Gerichtsvollziehern beschlagnahmt.
Das andere beschlagnahmte Gelände befindet sich in der Gemeinde Siuntio (im Südfinnland, in der Gemeinde Uusimaa). Das Gelände mit der Bezeichnung Leppäranta ist knapp 8.000 Quadratmeter groß. Dieses Gelände, das bereits 1973 von der UdSSR-Handelsvertretung erworben wurde, liegt ebenfalls relativ nah an Upinniemi.
Es wird berichtet, dass Finnland auch drei russische Grundstücke auf den Åland-Inseln beschlagnahmte – dort befindet sich nämlich das russische Konsulat, das die Finnen im Jahr 2023 beabsichtigten zu schließen. In der finnischen Presse heißt es, dass die beschlagnahmten Grundstücke von russischen Diplomaten zu Erholungszwecken genutzt wurden.
Das Bezirksgericht Helsinki unterrichtete über zwei Gerichtsentscheidungen im Kontext der Beschlagnahme von russischen Vermögenswerten – beide Dokumente sind noch geheim. Es ist nur bekannt, dass es in einer der Rechtssachen, die die Bezeichnung H 706/2024/6308 trägt, um die "Vollstreckung eines Schiedsurteils" geht. Die zweite Rechtssache – T 706/2024/6305 – bezieht sich auf eine "Sicherungsmaßnahme", nämlich auf den Arrest von Vermögenswerten, solange das Gerichtsverfahren anhängig ist.
Der die Interessen von Naftogaz vertretende Anwalt Mikko Leppä erklärte gegenüber der finnischen Zeitung Yle, dass in Suomi bereits russisches Eigentum im Wert von mehreren zehn Millionen US-Dollar beschlagnahmt worden sei. Leppä schloss nicht aus, dass die finnischen Behörden in Zukunft weitere Beschlagnahmen vornehmen könnten.
Die Entscheidung des finnischen Gerichts, russisches Eigentum zugunsten von Ukrainern zu beschlagnahmen, schafft einen Präzedenzfall. Nach Angaben der finnischen Gerichtsvollzieher wurde das Vermögen von russischen Staatsbürgern in Höhe von rund 244 Mio. Euro in Finnland eingefroren. Letztes Jahr wurde berichtet, dass etwa dreißig Klagen wegen der in Suomi eingefrorenen Vermögenswerte bei den Gerichten anhängig waren.
Laut dem russischen Präsidentensprecher Dmitri Peskow wird Moskau das Vorgehen der finnischen Seite vor Gericht beanstanden. "Wir werden alle rechtlichen Mechanismen zum Schutz unserer Interessen einsetzen", betont Peskow. Moskau hat wiederholt betont, dass Versuche, russische Vermögenswerte, Einkünfte daraus und Eigentum zu beschlagnahmen, illegal sind.
Die russische Seite betrachtet solche Vorgehensweisen als betrügerisch. Alle rechtswidrigen Handlungen Finnlands werden nicht unbeantwortet bleiben, betont auch das russische Außenministerium. Nach Angaben von Maria Sacharowa, Sprecherin des Ministeriums, wurde die Repräsentanz des Föderalen Staatlichen Unitarunternehmens "Unternehmen für Vermögensverwaltung im Ausland" (FSU "Goszagransobstwennost") in Finnland von den finnischen Justizbehörden offiziell über die Beschlagnahme des Gebäudes in Helsinki informiert. Gleichzeitig, so Sacharowa, enthalte diese Benachrichtigung keine Entscheidungsgründe dafür.
Es wurde bereits viel darüber berichtet, wie die Finnen einfache russische Bürger ausraubten, die sich von Werbeanzeigen zum Kauf einer Datscha im "ruhigen und demokratischen Finnland" verleiten ließen. Zu den Opfern der finnischen "Demokratie" und "Rechtmäßigkeit" gehören unter anderem namhafte Personen in Russland.
So verloren die Schauspieler Ljdija Fedoseewa-Schukschina, Elena Kondulainen und Alexander Paschutin ihre Wohnungen in dem finnischen Ferienort Punkaharju.
Im vergangenen Herbst wurde die Schauspielerin Fedoseewa-Schukschina darüber informiert, dass die Hausverwaltungsgesellschaft Asunto Oy Punkaharjun aufgrund von Versorgungsschulden in Konkurs ging. Nach finnischem Recht sind die Eigentümer von Mehrfamilienhäusern in Finnland Hausverwaltungsgesellschaften, und die Bewohner besitzen nur deren Aktien. Geht die Verwaltungsgesellschaft in Konkurs, sind ihre Aktien praktisch wertlos. Mit anderen Worten: Wenn die Verwaltungsgesellschaft insolvent wird, gehen die Eigentumsrechte an den Wohnungen verloren.
Laut Alexander Paschutin, Volkskünstler Russlands, kostete der Immobilienerwerb in Suomi sehr wenig. "Für den Preis, für den wir dort Wohnungen gekauft haben, konnten wir in den Moskauer Vororten nur eine Toilette erwerben. Deshalb haben wir dort gekauft. Es liegt ganz in der Nähe. Jedes dritte Auto dort hatte russische Kennzeichen – aus St. Petersburg, Karelien und dem Leningrader Gebiet. Sie (die Finnen – Anm. Wsgljad) sind dumm... Das ganze Geschäft ist dort zusammengebrochen", bemerkt Paschutin.
Im vergangenen Herbst beschlagnahmten die finnischen Behörden das Ferienhaus von Boris Aljoschin, dem ehemaligen Präsidenten von AwtoWaS und Akademiker der Russischen Akademie der Wissenschaften. Der Wert der Immobilie, die er dort besaß, beträgt 2,5 Millionen Euro. Es ist bekannt, dass der Geschäftsmann es im Jahr 2018 erwarb. Der Grund für die Beschlagnahme scheint die Aufnahme Aljoschin in die EU-Sanktionsliste zu sein – aufgrund der Zusammenarbeit mit Rüstungsunternehmen.
"Dies ist keineswegs das erste Beispiel für einen finnischen Raubüberfall – aber wenn sie früher Privatpersonen, also russische Bürger, beraubt haben, machen sie jetzt einen direkten Raubzug gegen den russischen Staat",
erklärt Natalia Eremina, Doktorin der Politikwissenschaften und Professorin an der Staatlichen Universität St. Petersburg, gegenüber der Zeitung Wsgljad. Die Diskussion im dortigen Parlament über die Beschlagnahme russischer Staatsimmobilien im Grenzgebiet ist schon lange im Gange.
"Darüber hinaus haben die Finnen die Grenze geschlossen, die Visaerteilung für russische Bürger gestoppt und Beschränkungen für deren Immobilienerwerb verhängt. Wir haben bereits Drohungen gehört, dass die Finnen zusammen mit den Esten den Finnischen Meerbusen für Russland blockieren könnten – Helsinki und Tallinn erwarten, dass solche Drohungen bei den Russen Panik und Verwirrung stiften. Damit nicht genug – die Finnen haben auf ihre Souveränität verzichtet und ihr Territorium dem NATO-Block zur Verfügung gestellt.
Eigentlich haben wir es mit einem nicht erklärten Krieg zu tun – denn die Finnen verhalten sich gegenüber Russland so, wie man es gegenüber den schlimmsten Feinden tut. Das bedeutet natürlich nicht, dass Helsinki sich auf direkte Kampfhandlungen einstellt. Sie führen eine andere Art von Krieg gegen uns – nämlich einen Hybrid- und Wirtschaftskrieg. Aber in jedem Fall handelt es sich um eine offene Konfrontation und eine offene Herausforderung", betont Eremina.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel wurde zuvor am 30. Oktober 2024 in der Zeitung Wsgljad veröffentlicht.
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