Europa

Thierry Breton: Kräfteverhältnisse in der EU außer Balance

Das Ungleichgewicht in der EU nimmt zu, ist die Sorge von Thierry Breton. Der ehemalige EU-Kommissar sieht den Einfluss Frankreichs schwinden. Deutschland greife dagegen in der EU nach der Macht. Die Kommission und die größte Parlamentsfraktion stehe zu sehr im Dienste Deutschlands.
Thierry Breton: Kräfteverhältnisse in der EU außer BalanceQuelle: www.globallookpress.com © Vincent Isore

Thierry Breton ist erst im September als EU-Kommissar zurückgetreten. Damals warf er der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen fragwürdigen Führungsstil vor. Jetzt legt er nach. Deutschland habe seine Macht in der EU ausgebaut. Das Machtgefüge sei nicht mehr in der Balance, sagt der Franzose in einem Interview mit der französischen Tageszeitung Le Monde

"Das ist nicht die Kommission, die ich kannte. Heute fürchte ich, dass die (Kommission) zu sehr im Dienste Deutschlands und der EVP steht", so Breton. 

Deutschland habe zum einen Einfluss auf die Kommissionspräsidentin, zum anderen sei die Dominanz Deutschlands in der stärksten Fraktion des EU-Parlaments, der EVP, deutlich erkennbar. Die Kommission habe keine die Interessen ausgleichende Funktion mehr. Breton sieht französische Interessen nicht mehr ausreichend berücksichtigt. 

"Frankreich muss seine Führungsposition zurückgewinnen, insbesondere bei den Verhandlungen über die Energiewende und die digitale Politik. Ohne dies werden wir marginalisiert", betonte Breton. Breton hat sich während seiner Amtszeit für eine stärkere Autonomie der EU im Bereich digitaler Technologien und für eine souveräne Industriepolitik eingesetzt.  

"Ich habe immer eine souveräne und unabhängige EU verteidigt, aber ich befürchte, dass diese Vision nicht mehr im Mittelpunkt der Prioritäten des neuen Teams steht", warnte er.

Tatsächlich sind die Vorwürfe, Deutschland würde seine Macht ausdehnen, nicht neu. Bereits während der Finanzkrise gelang es dem damaligen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) deutsche Interessen gegen die Widerstände anderer Länder durchzusetzen.

An der Fehlkonstruktion des Euro, der die EU-Länder untereinander in eine Konkurrenz zwingt, wurde auf deutschen Druck hin festgehalten. Kanzlerin Merkel glaubte bis zum Schluss ihrer Kanzlerschaft daran, dass auch die EU-Länder in einem Konkurrenzverhältnis zueinander stehen müssen. Bei den in der Folge der Finanzkrise neu geschaffenen Organen der EU wie dem Europäischen Stabilitätsmechanismus gelang es, Führungspositionen mit Deutschen zu besetzen. Auch während der Corona-Krise sorgten deutsche Alleingänge für Irritationen bei den europäischen Partnern. 

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