EU-Parlament fordert Freigabe von Langstreckenwaffen für Ziele in Russland
Das EU-Parlament hat am Donnerstag mit überwältigender Stimmenmehrheit eine Resolution verabschiedet, in der es Beschränkungen für den Einsatz westlicher Waffen gegen Ziele in Russland verurteilt und damit die Freigabe von Raketen und anderen Waffen westlicher Produktion für Angriffe auf Ziele tief in Russland fordert. Ausdrücklich wird in der Resolution auch die Lieferung deutscher TAURUS-Marschflugkörper an die Ukraine gefordert.
Wörtlich heißt es in Punkt 10 des Entwurfs der Resolution Nummer 2024/2799, der nunmehr unverändert angenommen wurde:
"(Das Europäische Parlament …) betont, dass unzureichende oder verzögerte Lieferungen von Waffen und Munition die Gefahr bergen, dass die bisherigen Bemühungen untergraben werden, und fordert daher die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre militärische Unterstützung mit äußerster Dringlichkeit erheblich aufzustocken und deutlich zu beschleunigen, insbesondere die Bereitstellung von Waffen und Munition als Reaktion auf einen eindeutig festgestellten Bedarf, einschließlich TAURUS-Raketen; (…) verurteilt die Beschränkungen, die dem Einsatz westlicher Waffen für legitime militärische Ziele auf russischem Hoheitsgebiet auferlegt wurden und die den Rechten der Ukraine nach dem Völkerrecht widersprechen; ist der Auffassung, dass die EU in diesem Kampf gegen Straflosigkeit und für den Frieden eine Führungsrolle übernehmen muss."
Bei der Abstimmung erhielt der Resolutionsentwurf 425 Ja-Stimmen. 131 Abgeordnete stimmten dagegen und 63 enthielten sich.
Im Übrigen besteht der heute verabschiedete Text aus Punkten, die von einer der in regelmäßigen Abständen verabschiedeten Resolutionen unverändert in die nächste wandern. So fordert das EU-Parlament auch dieses Mal die Aufrechterhaltung und Ausweitung von Sanktionen gegen Russland und Russen, das Verbot des Handels mit russischem Getreide und Düngemitteln aus Russland, ein vollständiges Embargo auf russisches Gas und Öl, die Sperrung des Luftraums für Fluggesellschaften aus Drittländern, die Flüge nach Russland ausführen und Ähnliches.
Das EU-Parlament hat diese Resolution mitten in der aktuell laufenden Debatte über eine Erlaubnis für Kiew, Ziele auch tief im international anerkannten Staatsgebiet Russland mit westlichen Mittel- und Langstreckenwaffen anzugreifen, verabschiedet. Die seit kurzem in London amtierende Labour-Regierung ist mit der Initiative aufgetreten, bisher bestehende Beschränkungen diesbezüglich aufzuheben. Daraufhin berichteten westliche Medien, dass diese Entscheidung bereits gefallen sei und während der Visite des britischen Premiers Keir Starmer nach Washington verkündet werde.
Russlands Präsident Wladimir Putin warnte daraufhin öffentlich, dass der Einsatz westlicher Raketen auf Ziele im unbestrittenen Staatsgebiet der Russischen Föderation als Kriegsbeitritt der NATO gewertet werden wird, mit allen daraus erwachsenden Konsequenzen. Er begründete das damit, dass die Ukraine Raketen wie Storm Shadow ohne die unmittelbare Mitwirkung der USA, Großbritanniens und von Fachpersonal aus diesen Ländern gar nicht einsetzen könne. Der Beschuss von Zielen tief in Russland sei daher sicheres Anzeichen dessen, dass der Angriff unmittelbar von Großbritannien oder den USA oder im Falle von Taurus von Deutschland ausgeführt werde.
Nach Einschätzung von mit den Vorgängen vertrauten Beobachtern zeigte diese Warnung Wirkung, denn während der Visite von Starmer in Washington unterblieb die Bekanntgabe der "Erlaubnis" für Kiew, Storm Shadow und ähnliche Waffen gegen "altes" Staatsgebiet Russlands einzusetzen. Auch das Pentagon hat sich offenbar dagegen ausgesprochen.
Experten warnen, dass das EU-Parlament mit seiner Resolution den Dritten Weltkrieg geradezu heraufbeschwört. Politiker, die sich für die Aufhebung von Einsatzbeschränkungen einsetzen wie der frühere britische Premierminister Boris Johnson oder der NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg behaupten, dass Russland auf die Verletzung der "roten Linie" nicht reagieren werde. Woher diese Gewissheit kommt, ist unverständlich, denn Putin selbst hatte bislang keine "roten Linien" ausdrücklich gesetzt, weder hinsichtlich der Lieferung westlicher Waffen noch bei anderen Gelegenheiten, die von den Befürwortern des Beschusses Russlands zum Beweis ihrer Thesen herangezogen werden. Beobachter wie Alexander Mercouris und andere weisen darauf hin, dass alle bisherigen "roten Linien", die der Westen mit Waffenlieferungen verletzte, sich entweder die Politik im Westen zuvor selbst auferlegt hatte oder sie von russischen Bloggern wie Dmitri Medwedew behauptet wurden.
Der Einsatz westlicher Mittel- und Langstreckenraketen auf Ziele tief in Russland ist die erste "rote Linie", die Putin selbst mit klar umrissenen Konsequenzen erstmals im Zusammenhang mit westlichen Waffen für die Ukraine öffentlich gesetzt hat.
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