Europa

Minsk befürchtet baldigen militärischen Angriff der NATO

Das offizielle Minsk beobachtet den Aufbau einer offensiv ausgerichteten NATO-Armee und zunehmende Provokationen und Aufklärungsaktivitäten an seinen Grenzen mit großer Sorge. Darüber berichtete ein hochrangiger weißrussischer Beamter in einem Interview und gab einen beunruhigenden Ausblick.
Minsk befürchtet baldigen militärischen Angriff der NATOQuelle: Sputnik © Wladimir Fedorenko, RIA Nowosti

Weißrussland sieht die verstärkten Aktivitäten des US- und NATO-Militärs an seiner westlichen Grenze mit großer Sorge. In einem am Montag veröffentlichten Interview mit der in Moskau erscheinenden Fachzeitschrift Nationale Verteidigung beschrieb der Staatssekretär des weißrussischen Sicherheitsrates, Alexander Wolfowitsch, den Aufbau einer offensiven Militärmacht in Polen und Litauen, die sich offensichtlich gegen Weißrussland richtet. 

Die Zahl der US-Streitkräfte, die in Polen und den baltischen Staaten stationiert seien, belaufe sich nach den Worten von Wolfowitsch inzwischen auf mehr als 20.000 Soldaten. Weitere 10.000 seien in anderen europäischen Ländern stationiert. Hinzu kommen noch die nationalen Armeen jedes NATO-Mitgliedslandes. Unter anderem ist ein Panzerbataillon der US-Streitkräfte in unmittelbarer Nähe der weißrussischen Grenze auf dem litauischen Übungsgelände Pabradė stationiert.

Aufklärungsarbeit gegen die Republik Belarus werde aktiv betrieben, so der weißrussische Beamte. Die Intensität des Einsatzes von Aufklärungsflugzeugen der kombinierten NATO-Luftstreitkräfte allein im Luftraum der Nachbarländer habe sich vervielfacht und liege im Durchschnitt bei 25–30 Einsätzen pro Woche. Nach Ansicht von Experten deute eine so intensive Aufklärungstätigkeit auf aggressive Absichten hin und finde sonst nur unmittelbar vor dem Beginn von Kriegshandlungen statt.

Polen und die baltischen Staaten hörten zudem nicht auf, die Situation an der Staatsgrenze zu eskalieren, beklagte Wolfowitsch in dem Interview. In Polen würden im Rahmen der Operation "Sicheres Podlasie" aktuell bis zu 17.000 Personen eingesetzt, davon 8.000 direkt an der polnisch-weißrussischen Grenze. Die Zahl der Kampfpanzer und gepanzerten Kampffahrzeuge verschiedener Typen auf dem Gebiet Polens und der baltischen Staaten habe erheblich zugenommen. Auch die Zahl der dort stationierten Artilleriesysteme, Kampfflugzeuge und Hubschrauber habe sich erhöht.

In Polen werde derzeit eine zusätzliche mechanisierte Division aufgestellt. Ein Divisionshauptquartier sei eingerichtet worden, man habe mit der Aufstellung von zwei Brigadeverbänden begonnen. Warschau habe mehr als 100 Abrams-Kampfpanzer aus den Vereinigten Staaten erhalten, um die Kampffähigkeiten der nationalen Streitkräfte zu stärken, sowie mehr als 1.000 Abrams-Panzer. Außerdem habe Warschau ein Darlehen in Höhe von 2 Milliarden Dollar für den Kauf von US-Waffen erhalten, geliefert würden in diesem Programm F-35-Mehrzweckkampfflugzeuge, HIMARS-Mehrfachraketenwerfer und Patriot-Flugabwehrraketensysteme.

Als Teil eines Angriffspotenzials sieht Minsk auch die Aufstellung einer Panzerbrigade der Bundeswehr in Litauen, auch wenn man dort mit einer vollen Einsatzbereitschaft erst in drei Jahren rechnet. 

Zudem mehren sich Provokationen und Zwischenfälle verschiedener Art an den Staatsgrenzen zwischen der Republik Belarus und Polen sowie der Ukraine, die zu einem neuen Element der Situation geworden sind. Die Provokationen kommen am häufigsten von der ukrainischen Seite, aber auch aus dem Gebiet Polens und der baltischen Staaten. Eines der jüngsten öffentlichkeitswirksamen Beispiele war das Eindringen ukrainischer Drohnen in weißrussisches Hoheitsgebiet, von denen einige von den belarussischen Luftabwehrkräften abgeschossen wurden.

All diese Aktionen werden von Kampagnen im Internet begleitet. Als ihren Zweck benennt Wolfowitsch die Destabilisierung der gesellschaftspolitischen Lage in seinem Land und das Schüren der Angst in der Bevölkerung.

Im weiteren Verlauf des Interviews beschreibt der weißrussische Beamte die Gegenmaßnahmen, die als Antwort auf die sich anbahnende Kriegsgefahr ergriffen werden, RT hatte darüber berichtet. Die Prognose, die Alexander Wolfowitsch in dem Interview mitteilt, ist trotz aller Gegenmaßnahmen alles andere als beruhigend: 

"Die Prognose für die Entwicklung der Lage ist nicht günstig. Trotz unserer gemeinsamen Bemühungen wäre es verfrüht, kurzfristig eine Deeskalation der Lage in der Region zu erwarten. Die Schlüsselrolle spielen hier nach wie vor die Vereinigten Staaten von Amerika und ihre Satelliten in Europa, die Waffen in die Ukraine pumpen, nachrichtendienstliche und andere Unterstützung bereitstellen und die ukrainische Seite zu verschiedenen Abenteuern drängen, wie z.B. den jüngsten, völlig gedankenlosen und militärisch nutzlosen Einmarsch in das Gebiet der Grenzregion Kursk."

Tatjana Montjan, eine im russischen Exil lebende ukrainische Rechtsanwältin, kommentiert das Interview auf ihrem Telegram-Kanal so:

"Ich wünsche den Weißrussen weniger Illusionen. Jeder wird kämpfen müssen, und je früher alle Bewohner der heute noch friedlichen, schönen weißrussischen Städte das begreifen, desto besser. Ich hoffe, dass entlang der gesamten belarussischen Staatsgrenze bereits Festungsanlagen gebaut wurden."

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