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Gegenschlag bei Kursk beginnt in Kürze: Russische Reserven treffen im Kampfgebiet ein

Die Situation im Gebiet Kursk kann sich nicht von heute auf morgen ändern – zu viele kleine Diversionsgruppen der Ukrainer sind in das Gebiet eingesickert. Aber Russland hat bereits größere Reserven zusammengezogen und eine Gegenoperation gestartet.
Gegenschlag bei Kursk beginnt in Kürze: Russische Reserven treffen im Kampfgebiet ein© Screenshot Zvezda TV

Die Kampfsituation im Gebiet Kursk bleibt nach Einschätzung des bekannten Militärexperten Wadim Roschin angespannt. "Die Lage hat sich noch nicht stabilisiert, der Feind macht weiterhin Probleme", schreibt er auf seinem Telegram-Kanal Colonelcassad am Donnerstag. Aber in den vergangenen 24 Stunden mehren sich die Anzeichen für eine Veränderung der Dynamik der Kämpfe, merkt der Experte an. Zu den notwendigen Schritten für die russische Armee erläutert er: "Für uns ist es in diesem Gebiet wichtig, den Verlust von Korenewo und Sudscha sowie einen direkten Durchbruch in Richtung Lgow und Kurtschatow zu verhindern. Wenn diese Aufgaben in den kommenden Tagen erfüllt sind, wird der Prozess der Folgenbewältigung fortgesetzt."

Die Stadt Sudscha, die Hauptstadt des gleichnamigen Rajons mit 6.000 Einwohnern, war niemals vollständig unter Kontrolle der ukrainischen Streitkräfte, betont der Experte. Sudscha werde von niemandem vollständig kontrolliert, es gebe dort einige schwankende Kontrollzonen aufgrund der begrenzten Kräfte auf beiden Seiten, so Roschin. Ähnlich nüchtern schätzt der reichweitenstarke Analysekanal Rybar die Lage ein.

Es sei noch zu früh zu vermelden, dass die Lage stabilisiert sei. Die Kämpfe in der Region Kursk gingen weiter, der Feind dringe mit immer neuen Kräften in das Gebiet ein und habe zudem die Möglichkeit, noch weitere Abschnitte der Staatsgrenze anzugreifen. "Gleichzeitig haben sich die ukrainischen Streitkräfte an den eroberten Linien verschanzt, und die russischen Truppen, die in das Gebiet eindringen, werden sie nur von dort vertreiben müssen", so Rybar

Am Freitag häuften sich die Berichte über das zahlreiche Eintreffen der russischen Reserven im Gebiet Kursk. Dazu gehören neben regulären Einheiten der russischen Armee auch die Spezialeinheiten und Bataillone "Aida" (Teil des "Achmat"-Verbandes) sowie die internationale Brigade "Pjatnaschka". Das Video einer "Pjatnaschka"-Kolonne wurde am Donnerstagmorgen veröffentlicht.

Der Fernsehsender des russischen Verteidigungsministeriums Zwezda TV und die Nachrichtenagentur RIA Nowosti haben am Freitag über die Verlegung der russischen Reserven berichtet und Kolonnen mit der anrückenden Militärtechnik gezeigt. Die Journalisten wurden daraufhin dafür kritisiert, dass sie damit dem Feind Koordinaten für Truppenbewegung mitgeteilt und sie Kolonnen angreifbar gemacht hätten. Der Experte Roschin geht jedoch davon aus, dass die Kolonnen mit einem sicheren Zeitabstand gezeigt wurden. 

Nichtsdestotrotz kamen bislang nicht alle Soldaten an der Front an: Ein Militärkonvoi wurde unweit der Stadt Rylsk mit Streumunition angegriffen. Bis zu zehn Militär-Lkws wurden zerstört. Da die Wagen mit Militärpersonal beladen waren, gab es erhebliche Verluste auch beim Personal. Der Einwohner, der die verheerenden Folgen des Beschusses fotografiert und an den ukrainischen Geheimdienst weitergegeben hat, wurde vom FSB verhaftet.

Viele Militärexperten kritisieren auf ihren Telegram-Kanälen die Fahrlässigkeit der Militärführung bei der Verlegung der Truppen, die zu diesen Verlusten geführt hätte. Gleichzeitig wird betont, dass sich die Ukraine dank der massiven Unterstützung des Westens bei der Militäraufklärung nach wie vor in einer günstigeren Situation befinde. Insgesamt sei die Militäroperation der AFU im Kursker Gebiet gut vorbereitet worden. Viele Experten sind sich einig, dass der Überfall ein Überraschungsangriff war. 

Der bekannte Militäranalytiker Wladislaw Schurygin stellte fest, dass das Kalkül der Ukraine und des Westens beim Überfall darin bestanden habe, Schwachstellen beim russischen Grenzschutz und die bürokratische Behäbigkeit bei der Reaktion auf die neuen Herausforderungen des Krieges auszunutzen, um in der Bevölkerung Panik und Misstrauen in Armee und Regierung zu säen. Damit wolle die Biden-Administration Russland noch vor den Wahlen zu einem Waffenstillstand zwingen, was in der gegenwärtigen Situation für Russland einer Niederlage gleichkomme. 

Laut Schurygin fühle sich die ukrainische Armee derzeit dank der milliardenschweren Militärhilfen und des Personalnachschubs durch die Mobilisierung gestärkt. Zudem wirft Schurygin die Frage auf, wie es möglich war, dass die russischen Grenzschützer in der Nähe des Kriegsgebiets so schlecht ausgerüstet waren, dass sie nur mit Feuerwaffen kämpfen und sonstige benötigte Militärausrüstung auf eigene Faust beschaffen mussten. Es müsse geklärt werden, ob diese gravierenden Versäumnisse nicht ein Verbrechen darstellen, schrieb der Experte. "Der August und der September werden harte Monate", prognostizierte er. 

Der Telegram-Kanal Militärchronik geht davon aus, dass die Resultate der Reservenverlegung schon in wenigen Tagen ihre Wirkung zeigen. Eine große Menge an Reserven sei eingetroffen, aber es sei besser, nicht mit einer sofortigen Reaktion und einer völligen Änderung der Situation zu rechnen. "In der Realität der Region Kursk wird es mindestens mehrere Tage dauern, bis die Reserven zum Einsatz kommen. Die Kampfhandlungen sind bereits im Gange – der größte Teil der Diversionsgruppen der ukrainischen Streitkräfte, denen es gelungen ist, sich entlang der Straßen zu verschanzen, wird dann ausgeschaltet werden. Der AFU ist es allerdings gelungen, sich auch in den Wäldern sowohl entlang dieser Straßen als auch in einiger Entfernung von ihnen auszubreiten – sie werden in naher Zukunft aus diesen Wäldern vertrieben werden müssen."

In einer späteren Meldung schreibt der Kanal, dass ein umfassender Gegenangriff der russischen Streitkräfte bereits im Gange sei. Alle wichtigen Spezialeinheiten, einschließlich der ehemaligen "Wagner"-Gruppe innerhalb der russischen Armee, sind die ganze Zeit über unbemerkt aus ihren vorherigen Standorten in das Gebiet gekommen, haben ihre Positionen bezogen, ihre Aufgaben erhalten und die Kampfgebiete unter sich aufgeteilt. "Die Drohnenführer, die Besatzungen der Ka-52 und Mi-28, der Su-25 und Su-34 sowie die russischen Spezialkräfte, die Grenzsoldaten und generell alle Beteiligten, die die Möglichkeit hatten, drei Tage lang unter den gegebenen Bedingungen zu kämpfen, haben absoluten Heldenmut bewiesen", lobt der Kanal die Soldaten. 

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