Europa

Paris vor den Olympischen Spielen: Soziale Säuberungen und flüchtende Touristen

Die Pariser Olympischen Spiele 2024 stehen vor erheblichen Herausforderungen: Statt eines Zustroms von Touristen erlebt die Stadt einen Rückgang der Besucherzahlen. Die Entscheidung, arme Menschen aus den Straßen zu vertreiben, um ein hübsches Bild zu präsentieren, sorgt für Kontroversen.
Paris vor den Olympischen Spielen: Soziale Säuberungen und flüchtende TouristenQuelle: Gettyimages.ru © Iwan Matejew

In weniger als einem Monat beginnen die Olympischen Spiele in Paris, doch statt des erwarteten Touristenzustroms erlebt die französische Hauptstadt einen wahren Exodus. Die Zeitung Le Figaro, die sich auf Daten von Vertretern verschiedener Branchen stützt, zeichnet ein enttäuschendes Bild: Die Hotels sind leer, die Restaurants halb voll, und die Veranstalter schlagen Alarm. Die Erwartungen der Organisatoren der Olympischen Spiele 2024 in Paris waren hoch. Sie wollten den Erfolg der Spiele von London 2012 wiederholen, doch die Situation in Paris entwickelt sich ganz anders. Der Hauptgrund dafür seien die negativen Informationen in den Medien.

Die französische Hauptstadt hat schon seit langem mit Problemen wie Massenprotesten und Streiks sowie einer Zunahme der Kriminalität zu kämpfen. Diese Informationen, verstärkt durch Nachrichten über die Auflösung der Nationalversammlung und Unruhen auf den Straßen von Paris, haben zu einem Rückgang der Touristenzahlen geführt.

Laut Le Figaro Angaben spüren die Tourismusfachleute (Hoteliers, Gastronomen, Veranstalter usw.) sowie die Geschäftsinhaber und Eventveranstalter den enormen Druck. Alle hatten sich an den Olympischen Spielen 2012 in London orientiert, aber in der britischen Hauptstadt fanden die Veranstaltungen nicht im Zentrum statt, während in Paris alles in der Stadt geschieht.

"Über mehrere Monate hinweg wurde dieselbe Botschaft ins Ausland gesendet: Hier herrscht völliges Chaos. Die Touristen haben erkannt, dass jetzt nicht die richtige Zeit ist, um zu kommen."

Einer der Hauptindikatoren sei der Rückgang der Passagierzahlen auf internationalen Flügen nach Paris, berichtet die Zeitung. Im Juni sei ihre Zahl um etwa 10 Prozent zurückgegangen, während für die ersten drei Juliwochen ein Rückgang um 15 Prozent erwartet werde.

Einige Hoteliers berichten von einem Rückgang des Touristenstroms um 20 bis 30 Prozent, wobei es sich in den meisten Fällen um Touristen aus den USA handelt. Selbst die auf Online-Buchungsportalen angebotenen Rabatte können die Situation nicht retten. Einige Hotelbesitzer verzeichnen "mehr Stornierungen als Buchungen", wobei sich dieser Trend vor dem Hintergrund der Nachrichten über die Auflösung der Nationalversammlung verstärkt habe.

Darüber hinaus seien derzeit in Paris auch andere Herausforderungen zu bewältigen. Sowohl Touristen als auch Geschäftsleute verlegen ihre Meetings auf eine andere Zeit oder an andere Orte, um Verkehrsproblemen aus dem Weg zu gehen. Die Verkehrsdichte in Paris nehme zu, da die wichtigsten Verkehrsknotenpunkte am Place de la Concorde sowie die Esplanade des Invalides und die Pont Alexandre III gesperrt seien. Im Juli soll der Verkehr auf einigen Straßen eingeschränkt werden, und während der Spiele werden einige Straßen und Brücken für den nicht zugelassenen motorisierten Verkehr komplett gesperrt.

Toufik El Amrani, der Geschäftsführer des Unternehmens Bateaux Mouches, das Bootstouren auf der Seine organisiert, berichtet:

"Verkehrsprobleme in Paris schrecken die Kunden ab. Es hat keinen Sinn, die Preise zu senken. Wir haben erwartet, dass sich die Situation verschlechtert, aber nicht in diesem Ausmaß."

Laut dem Geschäftsmann beförderten die Flussboote in den Vorjahren im Juni und Juli täglich 10.000 Passagiere, aber seit Anfang Juni sei ihre Zahl auf durchschnittlich 6.000 bis 6.500 pro Tag gesunken. Ähnliche Beschwerden hört man auch auf dem Boulevard Haussmann, wo sich teure Boutiquen mit Kleidung und Schmuck befinden. In Abwesenheit ausländischer Gäste sei die Nachfrage spürbar zurückgegangen, und Touristen aus anderen Regionen Frankreichs geben weniger Geld aus.

Vor den Olympischen Spielen in Frankreich hat sich eine weitere soziale Problemstellung ergeben, weshalb die Spiele zunehmend als "Spiele der Ausgrenzung" bezeichnet werden. Pariser Aktivisten haben versuchten, ein Treffen mit dem Innenminister zu arrangieren, um über die Probleme zu sprechen, mit denen Migranten konfrontiert seien, berichtet das russische Nachrichtenportal NTV. Die Menschen seien besorgt über die sogenannten sozialen Säuberungen, bei denen Obdachlose von den städtischen Straßen vertrieben werden.

Eine Dachorganisation namens "Le Revers de la Médaille" (Die Kehrseite der Medaille), in der achtzig Wohltätigkeitsorganisationen zusammengeschlossen sind, schlägt Alarm. Ihrem jüngsten Bericht zufolge seien die Olympischen Spiele 2024 nicht besser als die vorherigen. Die Behörden der Regionen, in denen die ausgegrenzten Personen untergebracht seien, seien mit dieser Idee äußerst unzufrieden:

"Wir hatten gehofft, dass diese Spiele anders sein würden als die vorherigen und haben seit langem Vorschläge dazu gemacht. Heute können wir sagen, dass Paris 2024 nicht anders sein wird und die Ausgrenzung der Schwächsten ernsthaft beschleunigen wird."

Nach Angaben des Fernsehsenders BFMTV werden von April 2023 bis Mai 2024 etwa zehntausend Obdachlose aus der französischen Hauptstadt und ihren Vororten geholt und auf zehn andere Städte des Landes verteilt. Seit Jahresbeginn habe die Pariser Präfektur laut Le Figaro vier Anordnungen bezüglich "Säuberungsaktionen" erlassen. Obdachlose werden sogar aus Wohltätigkeitsunterkünften entfernt.

Diese Maßnahmen betreffen nicht nur Paris, sondern auch andere große Städte, die von der Olympiafackel durchquert werden. In Bordeaux wurden Slums dem Erdboden gleichgemacht, die Zuflucht für 500 Menschen boten, und im Park von Lille wurden zahlreiche Zelte von Migranten zerstört.

Als Ersatz für die Armen und Menschen mit geringer sozialer Verantwortung werden temporäre Unterkünfte in abgelegenen Gegenden angeboten. Zum Beispiel habe die Regierung für ein solches Lager in der Kleinstadt Bruay-la-Buissière ein Grundstück in unmittelbarer Nähe zur Eisenbahn gewählt. Umweltschützer behaupten, dass der Boden dort zusätzlich mit Schwermetallen belastet und giftig sei, während der Bürgermeister von Bruay-la-Buissière die starke Unzufriedenheit der Bewohner über die Nähe zu den "zwangsumgesiedelten Personen" zum Ausdruck bringe.

Adrien Quatennens, ein Mitglied des Parlaments der extrem linken Partei "Unbeugsames Frankreich", beschuldigte die Regierung, autoritäre Praktiken anzuwenden. Anstatt sich mit den Wurzeln des Problems zu befassen, entscheide sich die Regierung, gegen die Symptome vorzugehen und sie vor den Augen der Gäste aus der ganzen Welt zu verbergen.

Sollte Frankreich tatsächlich diesen Weg gehen, werde es sich nicht von Regimen unterscheiden, die es in der Vergangenheit selbst kritisiert habe, so Quatennens' Meinung. Obwohl die Frage nach dem Schicksal dieser Menschen aufgeworfen werde, interessieren sie in der Realität niemanden. Andererseits bestehe vor den Olympischen Spielen wirklich ein Sicherheitsproblem (nicht nur ein ästhetisches) in der französischen Hauptstadt.

Antoine de Clercq, Koordinator der Organisation "Le Revers de la Medaille" (Die Kehrseite der Medaille) bestätigt diese Behauptung:

"Wir nennen es eine soziale Säuberung, denn den Menschen wurde nie eine richtige Lösung angeboten, sie wurden einfach ausgewiesen und das war's. So entsteht ein Bild für eine schöne Postkarte mit dem Namen 'Paris'."

Pascal Bris, der Vorsitzende der Solidaritätsföderation der Arbeiter sowie einer Wohltätigkeitsorganisation für Obdachlose in Frankreich, sei ernsthaft besorgt über das Leben der obdachlosen Pariser. In Reaktion auf die Regierungsinitiative sagte er, dass der Versuch an sich lobenswert sei, Bedingungen zu schaffen, unter denen Menschen eine Alternative zu dem Leben in den Hinterhöfen von Paris finden können. Es müsse jedoch klar sein, dass die Umsetzung nicht mit den Methoden erfolgen sollte, die von den Beamten gewählt wurden:

"Es besteht leider die große Gefahr, dass Menschen einfach in Busse gesteckt und weit weg von Paris gebracht werden, nur um sie dann einfach zu vergessen."

Menschenrechtsaktivisten argumentieren, dass die Behörden lediglich die "Armut unter den Teppich kehren", anstatt das Problem zu lösen. Sie behaupten, dass Migranten und andere Umsiedler nicht dabei unterstützt werden, sich in die Gesellschaft zu integrieren, wie es in Nachbarländern geschieht. Sie erhalten weder Französisch-Unterricht noch eine Arbeitserlaubnis, deshalb verlassen sie viele regionale Unterkünfte und kehren auf die Straßen von Paris zurück.

Die Situation in Paris vor den Olympischen Spielen zeigt, wie wichtig es ist, den Informationsfluss zu steuern und ein positives Bild der Stadt zu vermitteln. Negative Nachrichten, auch wenn sie auf realen Ereignissen beruhen, können zu einer Massenflucht von Touristen führen und den Ruf der Stadt untergraben.

Die Olympischen Spiele sind nicht nur ein Sportereignis, sondern auch ein wirtschaftliches und soziales Phänomen. Eine erfolgreiche Olympiade kann einer Stadt Gelder in Milliardenhöhe einbringen, neue Arbeitsplätze schaffen und das Tourismuspotenzial erhöhen. Ohne ein angemessenes Management und Marketing könnte es jedoch zu Enttäuschungen und finanziellen Verlusten kommen.

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