Europa

14. EU-Sanktionspaket: Was die neuen Beschränkungen für Russland bedeuten

Die neuen Sanktionen richten sich gegen den russischen Energiesektor, den Finanzsektor und den Handel. Sie umfassen Beschränkungen für den LNG-Transit über Häfen in der EU sowie Maßnahmen gegen das russische Pendant zum westlichen Finanztransaktionssystem SWIFT.
14. EU-Sanktionspaket: Was die neuen Beschränkungen für Russland bedeuten© Federico Gambarini/picture alliance via Getty Images

Die EU-Kommission in Brüssel hat ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland auf den Weg gebracht. Am Montag verabschiedeten die Außenminister der 27 EU-Mitgliedsstaaten in Luxemburg das 14. Paket der Strafmaßnahmen.

Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf den Geschäften mit verflüssigtem Erdgas (LNG) aus Russland. Die EU verbietet erstmals die Nutzung von Häfen innerhalb der EU auch für den alleinigen Umschlag von LNG aus Russland. Das Verbot wird nach einer Übergangszeit von neun Monaten in Kraft treten.

Insbesondere werden die Maßnahmen die Lieferungen in die Türkei, nach China und Südostasien über Häfen der EU betreffen, wo sich die wichtigsten derartigen Umschlagplätze in Belgien, Frankreich, Spanien und den Niederlanden befinden. Diese Beschränkungen zielen nicht auf den direkten Import von LNG in EU-Länder.

Der größte Anteil der russischen LNG-Exporte geht in die EU-Länder und beträgt insgesamt 80 Prozent, berichtet die Zeitung Wedomosti. Im letzten Jahr betrug die Wiederausfuhr von russischem LNG über EU-Häfen in Drittländer 1,7 Millionen Tonnen, sagte Alexei Belogorjew als stellvertretender Direktor des Instituts für Energie und Finanzen gegenüber der Zeitung. Demnach gehe der Großteil der Reexporte nach China. Das neue Verbot des Umschlags werde mittelbar das Angebot des LNG aus Russland auf dem EU-Markt erhöhen, meint der Experte.

Im vergangenen Jahr importierten europäische Länder, darunter neben der EU auch Großbritannien und die Türkei, insgesamt 121,4 Millionen Tonnen LNG, davon stammten etwa 13 Millionen Tonnen (12 Prozent) aus Russland, heißt es in der Zeitung Wedomosti. LNG wurde größtenteils im Rahmen langfristiger, bis zum Jahr 2022 zustande gekommener Verträge in die EU importiert, berichtete die Zeitung RBC.

Seit Beginn der militärischen Sonderoperation in der Ukraine ist der Anteil des russischen Rohrleitungsgases an der Gesamtheit der EU-Importe zurückgegangen. Er sank von mehr als 40 Prozent im Jahr 2021 auf etwa 8 Prozent im Jahr 2023. Bei Pipelinegas (mit 8,7 Prozent) und LNG (mit 6,1 Prozent) zusammen deckt Russland mittlerweile weniger als 15 Prozent der gesamten EU-Gasimporte. Russland ist allerdings nach den USA der zweitgrößte Lieferant von verflüssigtem Erdgas nach Europa. Die größten Abnehmer von russischem LNG in der EU sind Frankreich, Belgien, Spanien und die Niederlande.

Die neuen Sanktionen werden Russland zwingen, das Geschäftsmodell für den LNG-Handel grundlegend zu ändern. Ohne den Umschlag in Häfen der EU-Staaten muss Russland das LNG auf dem Seeweg mittels speziell ausgerüsteter Eisbrecher über das Nordmeer, den Arktischen Ozean nach Asien transportieren.

Außerdem verbietet Brüssel nun Investitionen, Dienstleistungen sowie die Lieferung von Gütern und Technologien durch EU-Unternehmen für die Fertigstellung der noch im Bau befindlichen russischen LNG-Projekte.

Das neue Paket umfasst auch Sanktionen gegen das russische System zur Übermittlung von Finanzmitteilungen (Sistema Peredatschi Finansowych Soobschtscheni: SPFS). Dieses russische Pendant zum weltweiten Finanztransaktionssystem SWIFT wurde seit 2014 entwickelt und schrittweise eingeführt. Mit dem Ausschluss von Russlands wichtigsten Banken aus dem internationalen SWIFT-System im Jahr 2022 wurde das SPFS für Transaktionen im Ausland genutzt. Derzeit seien 557 Banken aus 20 Ländern, darunter in China, Weißrussland, Armenien, Tadschikistan und Kasachstan, an dieses Zahlungssystem angeschlossen, heißt es bei Wedomosti.

Die EU-Organisationen, die außerhalb Russland arbeiten, dürfen sich nunmehr nicht an das russische Zahlungssystem oder dessen Äquivalente anschließen. Außerdem wird es ihnen verboten, Transaktionen mit Firmen abzuwickeln, die ihrerseits dieses System verwenden.

Laut dem Juristen Gleb Boiko in der Anwaltskanzlei NSP sei nicht mit massenhaften Abschaltungen von SPFS-Zahlsystem zu rechnen. Er präzisierte, dass dieses Verbot eher die EU-Finanzorganisationen selbst betreffe, während russische Geschäftspartner aus befreundeten Ländern das System weiter nutzen werden. "Die Beschränkungen könnten jedoch ein gewichtiges Argument für diejenigen sein, die Kontakte mit europäischen Personen und Institutionen weiter aufrechterhalten wollen", warnte Boiko.

Alexei Woilukow sagte als Vizepräsident der Assoziation der Banken Russlands, die Geschäftsinteressen der russischen und ausländischen Unternehmen aus befreundeten Staaten würden die Finanzinstitutionen dazu anregen, nach einem Ausweg zu suchen. Es müssten so Alternativen gefunden werden, um den Zahlungsverkehr aufrechtzuerhalten.

Weiter wurde in Brüssel den EU-Unternehmen, deren Tochtergesellschaften in Drittländern tätig sind, verordnet, keine Güter mehr nach Russland auszuführen, die militärischen Zwecken dienen könnten. Diese Umgehung der westlichen Sanktionen, auf dem Weg des sogenannten Parallelimports, benutzen viele ausländische Firmen, um trotz der bisher geltenden Beschränkungen ihre Geschäfte mit Russland fortzuführen.

Außerdem sollen Rüstungsunternehmen Mechanismen einsetzen, die die Risiken der Lieferungen ihrer Produkte an Russland über Drittländer bewerten können.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für das Verantwortlichmachen von EU-Firmen für Parallelimporte ihrer Tochterunternehmen wurden seit einiger Zeit vorbereitet, sagte Iwan Timofejew, der Direktor des russischen Rates für internationale Angelegenheiten, gegenüber Wedomosti. "Brüssel versucht, Maßnahmen für die mögliche Umgehung der Sanktionen zu verschärfen, indem es die Strafgesetzgebung ständig weiterentwickelt", sagte der Experte.

Die jüngsten Einschränkungen betreffen künftig auch Charterflüge von Russen in die EU. Das aktuelle Flugverbot für russische Fluggesellschaften innerhalb der EU wurde im Februar 2022 eingeführt. Jetzt verbietet Brüssel auch private Charterflüge von natürlichen und juristischen Personen aus Russland.

Bisher sollte sich ein Flugunternehmen, das einen Charterflug mit einem russischen Staatsbürger an Bord durchzuführen plante, bei den zuständigen Behörden des jeweiligen EU-Staates 48 Stunden im Voraus anmelden, erklärte Gleb Boiko. Es gehe um die Charterflüge zwischen Russland und der EU auch über Drittländer. Sollte die Genehmigung erteilt werden, könnte ein Flugunternehmen einen geplanten Charterflug durchführen. "Solche Flüge werden nun auch dem neuen Verbot unterworfen", sagte er.

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