Keine Verjährungsfrist: Labour-Partei schasst Kandidaten wegen Teilens von RT-Inhalten im Jahr 2018
Nur zwei Wochen vor den britischen Parlamentswahlen hat die Labour-Partei einen ihrer Kandidaten suspendiert, nachdem hochrangige Parteimitglieder darauf aufmerksam gemacht wurden, dass er offenbar vor sechs Jahren Inhalte des russischen Senders RT in den sozialen Medien geteilt hatte.
Andy Brown kandidiert für einen Wahlkreis im Nordosten Schottlands. Die Entscheidung der Partei, ihn aus dem Wahlkreis zu entfernen, wurde am Dienstag von der Lokalzeitung The Press and Journal bekannt gegeben und hat sich inzwischen zu einer landesweit beachteten Nachricht entwickelt.
Die Posts, die Brown jetzt in Schwierigkeiten bringen, bezogen sich auf den Vergiftungsfall von Salisbury im Jahr 2018, der durch die britische Regierung als ein russischer Mordanschlag auf den übergelaufenen Spion Sergei Skripal bezeichnet wurde. Der Labour-Politiker teilte den Berichten zufolge den Link zu einem RT-Artikel, der die Darstellung Londons infrage stellte, sowie einen Beitrag in den sozialen Medien, in dem er andeutete, dass die damalige Premierministerin Theresa May wichtige Informationen über den Vorfall verheimlichte.
Brown hat in einem Interview mit der BBC behauptet, dass er die Beiträge nicht geteilt hat und dass sein Konto "irgendwann manipuliert worden sein könnte". Er wies die Vermutung zurück, dass er einfach vergessen haben könnte, die fraglichen Inhalte geteilt zu haben.
Funktionäre der Labour-Partei wurden auch durch einen anderen Beitrag aufgeschreckt, der offenbar von Brown geteilt wurde und mit dem die Behauptung infrage gestellt wurde, Antisemitismus sei in der Labour-Partei weit verbreitet, schreibt die schottische Zeitung. Diese Behauptung war bereits ausschlaggebend für die Abwahl des propalästinensischen Jeremy Corbyn als Parteichef. Sein Nachfolger Keir Starmer entzog ihm später die Rolle als "Einpeitscher" im Parlament, also als Fraktionschef im Unterhaus, was schließlich für Corbyn den Ausschluss aus der Partei zur Folge hatte.
Die Schatzkanzlerin Rachel Reeves im Schattenkabinett von Keir Starmer der Labour-Partei kommentierte den Fall Andy Brown am Mittwoch gegenüber dem Sender Sky News folgendermaßen: "Ich hatte bis heute Morgen noch nichts von diesem Mann gehört und bin sehr, sehr froh, dass ich hoffentlich nie wieder von ihm hören muss, weil er als Labour-Kandidat suspendiert wurde."
Sie fügte hinzu, dass Starmer – anders als Corbyn – "schnell handelt, wenn sich Leute daneben benehmen", und stellte klar: "Leute, die unsere Werte in der gewandelten Labour-Partei nicht teilen, werden rausgeschmissen."
Obwohl Brown suspendiert wurde, kann er weiterhin für die Wahl am 4. Juli kandidieren. Wie die britische Presse berichtet, werden auch die entsprechenden Stimmzettel weiterhin seine ursprüngliche Bezeichnung und sogar ein Labour-Logo tragen. Wenn er gewählt wird, wird er jedoch ein unabhängiger Abgeordneter sein – ebenso wie schon Corbyn, der für den Londoner Wahlkreis Islington North kandidiert.
Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland hatte dem Nachrichtenportal RT im März 2022 den Sendebetrieb untersagt, nachdem der seit 2014 schwelende Ukraine-Konflikt zu offenen Feindseligkeiten eskaliert war.
Mehr zum Thema - Großbritannien: Sunak kündigt kurzfristige Neuwahlen an
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.