Deutsche Autobauer nervös: EU droht mit Strafzöllen für E-Autos aus China
Die EU-Kommission setzt in der angespannten geopolitischen Lage auch im wirtschaftlichen Bereich auf Eskalation und droht China nun mit Strafzöllen auf E-Autos aus dem Land. Der Grund: Die Volksrepublik profitiere von "wettbewerbsverzerrenden Subventionen". Betroffen sein könnten Modelle der Hersteller BYD, Geely und SAIC, teilte die EU-Kommission mit. Im Gespräch sind Zölle von bis zu 38,1 Prozent.
Geplant ist für den E-Auto-Hersteller BYD ein Importzoll von 17,4 Prozent, für Geely von 20 Prozent und für den staatlichen chinesischen Volkswagen-Partnerkonzern SAIC von 38,1 Prozent. Ob die Hersteller die Zölle von bis zu 38,1 Prozent tatsächlich zahlen müssen, hängt nun davon ab, ob man mit China noch eine andere Lösung findet. Als Begründung führte die EU-Kommission an, dass E-Auto-Importe aus China der europäischen Autobranche schadeten. Mit diesem Schritt folgt die EU den USA, die neben Sonderzöllen auf Halbleiter, Solarzellen und Kräne zuletzt auch ihre Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge auf 100 Prozent vervierfacht hatten.
Für die europäischen Autobauer zeichnen sich jedoch desaströse Folgen ab: Im Vorfeld hatten sich die Unternehmen klar gegen die Zölle ausgesprochen, da sie Vergeltungsmaßnahmen auf ihrem wichtigsten Einzelmarkt China befürchten. Die Reaktion der Volksrepublik ließ auch nicht lange auf sich warten: Das chinesische Handelsministerium deutete kurz nach der Ankündigung der EU eigene Gegenmaßnahmen an.
Peking werde den weiteren Prozess der europäischen Seite genau verfolgen und entschlossen alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Rechte und Interessen chinesischer Firmen zu schützen, sagte ein Sprecher des Handelsministeriums. Man sei "sehr besorgt und unzufrieden" über das Verhalten der EU. Auch die chinesische Außenhandelskammer in der EU (CCCEU) zeigte sich "schockiert" und "ernsthaft enttäuscht". Zudem trifft die Entscheidung die europäischen und vor allem die deutschen Unternehmen doppelt, weil sie teilweise in China für den Export produzieren.
China ist der größte Automarkt der Welt und deshalb für die deutschen Autobauer extrem wichtig. BMW etwa exportiert den 4er und den 7er aus der EU nach China. Auch Porsche und Audi wären betroffen. "Für das Jahr 2024 rechnen wir ca. mit 60.000 Einheiten", teilte Audi der dpa mit. Bei Mercedes entfielen im vergangenen Jahr rund 30 Prozent des Absatzes auf China. Die Wolfsburger Kernmarke VW verkaufte dort 2023 sogar fast 50 Prozent ihrer Autos, bedient den Markt aber fast ausschließlich aus lokaler Fertigung.
Die deutsche Autoindustrie kritisierte die Brüsseler Entscheidung daher scharf. Die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, sprach in einem Statement von einem "weiteren Schritt weg von globaler Zusammenarbeit". Das Risiko eines globalen Handelskonfliktes nehme dadurch zu. Ausgleichszölle für aus China importierte E-Pkw seien nicht geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Automobilindustrie zu stärken.
Auch Ökonomen kritisierten die Entscheidung deutlich: Ifo-Präsident Clemens Fuest hält den Schritt für keine gute Idee. "Die EU sollte darauf verzichten", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. China sei ein wichtiger Absatzmarkt für europäische Autos, Strafzölle der EU würden chinesische Gegenmaßnahmen auslösen. "Mit einem Handelskrieg ist niemandem gedient", sagte Fuest.
Die deutschen Autohersteller könnten allerdings auch selbst von den EU-Zöllen betroffen sein: Mini etwa baut den im Mai auf dem Weltmarkt eingeführten Elektro-Cooper zusammen mit dem chinesischen Autohersteller Great Wall in China. Im VW-Konzern könnte der neue Cupra Tavascan, der in China gebaut wird, betroffen sein.
Die Bundesregierung reagierte unterdessen verhalten auf die Entscheidung aus Brüssel. Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, es sei gut, dass die Kommission den chinesischen Autoherstellern weitere Gespräche anbiete.
"Es wäre aus unserer Sicht sehr wünschenswert, wenn man zu einer einvernehmlichen Lösung kommen kann. Wir brauchen nicht weitere Handelskonflikte, sondern wir müssen den Welthandel erleichtern."
Allerdings müsse dieser auch "fair bleiben und werden", betonte Hebestreit.
Der Hintergrund von Hebestreits Aussage dürfte in einem Bericht der Financial Times (FT) zu finden sein: Demnach habe Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versucht, die Zölle zu verhindern, da bereits absehbar war, dass diese weitreichende Folgen für die deutschen Autobauer haben werden. Allerdings hatte er keinen Erfolg: Die intensive Lobbyarbeit der Scholz-Regierung "hat nicht gewirkt", sagte eine mit dem Vorgang vertraute Person der FT.
Deutschland, Schweden und Ungarn hatten erklärt, dass sie den Schritt nicht gutheißen, da sie chinesische Vergeltungsmaßnahmen befürchten. Anders sieht es hingegen in Frankreich aus: Präsident Emmanuel Macron hatte sich in der Vergangenheit im Gegensatz zu Deutschland grundsätzlich positiv zu Strafmaßnahmen gegen Chinas E-Autos geäußert. Französische Automarken haben in China allerdings kaum Marktanteile.
Seit dem vergangenen Herbst untersuchte die EU-Kommission, ob die chinesischen Autobauer von wettbewerbsverzerrenden Subventionen profitieren. EU-Beamte erklärten gegenüber der FT, Berlin habe Druck auf Ursula von der Leyen ausgeübt, um die Untersuchung einzustellen.
Mit der Ankündigung der EU-Kommission wird nun allerdings klar, dass sich Scholz nicht gegen von der Leyen durchsetzen konnte. Ab wann und wie die Zölle erhoben werden können, ist derzeit allerdings noch unklar. Zunächst müssen die Mitgliedsstaaten zu einer Entscheidung kommen.
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