Europa

Die europäische Trendumkehr setzt sich in Kroatien fort

Nach den jüngsten Parlamentswahlen in Kroatien geht ein neuer Rechtsruck durchs Land. Immer öfter werden Serben, Migranten, aber auch Antifaschisten Opfer ultranationaler Kräfte. Premierminister Andrej Plenković wird wohl dennoch nicht umhin können, die rechten Parteien in seine neue Regierung zu holen.
Die europäische Trendumkehr setzt sich in Kroatien fortQuelle: Gettyimages.ru © Pier Marco Tacca

Von Marinko Učur

Nach den jüngsten Parlamentswahlen und dem relativen Sieg der bis dahin regierenden Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft (HDZ) in Kroatien ist der Machthunger rechtsgerichteter Parteien sichtlich gestiegen. Diese sehen ihre Chance in der Unterstützung der Partei, die von dem damaligen Präsidenten und ehemaligen kommunistischen General Franjo Tuđman am Vorabend des Zerfalls von Jugoslawien gegründet worden war.

Andrej Plenković, Tuđmans Nachfolger auf dem Posten des Parteivorsitzenden und derzeitiger Ministerpräsident Kroatiens, steht vor der nicht einfachen Aufgabe, sein konsequentes europäisches Engagement und die Achtung demokratischer Grundsätze und Menschenrechte unter Beweis zu stellen. Allerdings fällt es ihm immer schwerer, dies zu tun. Obwohl sich die HDZ als Mitte-Rechts-Partei profiliert hat, muss sie, sofern sie sich eine stabile parlamentarische Mehrheit sichern will, die ultrarechten nationalistischen Parteien in ihre Reihen aufnehmen, die in diesem Balkanland wie in vielen anderen EU-Mitgliedsländern aufgekommen sind. Eine davon ist die Heimatbewegung, die durch die Abspaltung einiger radikaler Mitglieder der HDZ entstanden ist. Ihr Anführer, Ivan Penava, ist in der Öffentlichkeit als intoleranter und homophober Politiker bekannt, insbesondere gegenüber Angehörigen der serbischen Minderheit, die nach der ethnischen Säuberung 1995 in Kroatien verblieben sind.

Bekanntlich wurden damals die meisten Serben, etwa 250.000, aus dieser ehemaligen jugoslawischen Republik vertrieben. Seitdem sind fast 30 Jahre vergangen, doch in Sachen Rückkehr der Serben und Aufbau interethnischen Vertrauens gab es keine nennenswerten Fortschritte. Im Gegenteil, noch immer kommt es fast täglich zu ethnisch motivierten verbalen und körperlichen Angriffen auf Serben. Und nicht nur auf diese. Opfer eines kürzlichen Angriffs war der Präsident der Antifaschistischen Liga der Republik Kroatien, Zoran Pusić, der mitten im Zentrum der Hauptstadt Zagreb von Unbekannten bedroht wurde, die ihn beschimpften und drohten, den Politiker "abzuschlachten". Der Kämpfer gegen den Faschismus und Verfechter einer toleranten Gesellschaft schenkte den früheren gelegentlichen Drohungen keine große Beachtung, doch nun gestand er ein, dass er in den letzten 20 Jahren noch nie eine so grobe und blutrünstig formulierte Bedrohung erlebt habe:

"Nach der Drohung, die ich im Zentrum von Zagreb zu hören bekam, dass ich der Erste sein werde, den sie abschlachten werden, bedrückte mich die Vorahnung, dass dies ein Hinweis darauf sein könnte, in welche Richtung sich, mit dem Erstarken der radikalen Rechten, das gesellschaftliche Klima in Kroatien entwickeln wird."

Angesichts der Tatsache, dass es keine Entschuldigung seitens der Behörden gab, und da die Ermittlungen zu den Tätern dieser abscheulichen Tat zu keinem Ergebnis führten, wird deutlich, dass solche Taten in Kroatien von den Behörden toleriert werden. Das schafft ein Klima der allgemeinen Unsicherheit. Wie es wohl in Zukunft sein wird, ist nicht schwer zu erraten. Denn die genannte rechtsgerichtete Partei, die Heimatbewegung, knüpft ihre Unterstützung im Parlament für die neue Regierung Plenković an den Ausschluss der Serben und ihrer legitimen Parteien und Vertreter aus der zukünftigen Koalitionsregierung. Für Plenković ist also ein Rechtsruck unvermeidbar. Vielleicht hätte er, wenn er nicht von radikalen Kreisen erpresst worden wäre, die Teilnahme der Serben in seinem neuen Kabinett akzeptiert, wie das früher durchaus üblich war. Es ist nun klar, dass die Regierung, sofern es keinen Einspruch aus Brüssel geben wird (was nicht zu erwarten ist), ohne legitime Vertreter des serbischen Volkes und der Unabhängigen Demokratischen Serbischen Partei (SDSS) gebildet wird. Deren Vorsitzender Milorad Pupovac wird nur allzu oft selbst zum Ziel rechter Angriffe und Drohungen.

In den Medien werden häufig Angriffe auf Migranten gemeldet, und die kroatische Polizei ist europaweit für ihre Brutalität gegenüber Migranten an den Außengrenzen der Europäischen Union bekannt. UNHCR und die NGO Border Violence Monitoring Network haben einst vor dieser Brutalität gewarnt. Die Haltung gegenüber Minderheiten in Kroatien ähnelt der Haltung der baltischen Staaten und Polens gegenüber den Russen, die nach Beginn der militärischen Sonderoperation in der Ukraine dem Angriff homophober und russophober Regime ausgesetzt waren. Der Anführer der kroatischen Antifaschisten, Zoran Pusić, warnte kürzlich vor der wahllosen israelischen Bombardierung des Gazastreifens, bei der Tausende wehrloser Zivilisten sterben, und ließ den Verdacht aufkommen, dass es sich dabei um ein Kriegsverbrechen großen Ausmaßes handele. Unmittelbar danach trat die Jüdische Gemeinde Zagreb versehentlich oder absichtlich aus seiner Antifaschistischen Liga aus, unzufrieden mit seiner Position zu den Verbrechen der israelischen Armee an der palästinensischen Bevölkerung.

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