Die USA bereiten die NATO auf die eigenständige Verteidigung der Ukraine vor
Von Pjotr Akopow
"Keine Stiefel auf dem Boden", d. h. keine NATO-Truppen in der Ukraine – dieses Versprechen könnte in der Deklaration des in zwei Monaten in Washington stattfindenden Gipfeltreffens der Allianz verankert sein. Am 9. Juli werden die Führer der NATO-Staaten in der US-amerikanischen Hauptstadt zusammenkommen, um das 75-jährige Bestehen dieser Organisation zu feiern und aktuelle Fragen zu erörtern, wobei die Hilfe für die Ukraine natürlich das wichtigste Thema ist. In der gemeinsamen Erklärung soll insbesondere die Nichtentsendung von Truppen auf das Territorium der Ukraine festgeschrieben werden. Was bedeutet das?
Gar nichts: Die Allianz hat von Anfang an erklärt, dass sie in der Ukraine keinen Krieg mit Russland führen wird. Jetzt wird die NATO also nur das bestätigen, was die Führer sowohl der NATO selbst als auch ihrer Mitgliedstaaten bereits wiederholt sagten. Warum also noch einmal?
Um den friedlichen und verteidigungsorientierten Charakter der NATO zu betonen? Und gleichzeitig auf die Entschlossenheit zu verweisen, jeden Zentimeter des Territoriums der Länder zu verteidigen, die der Allianz angehören. Die atlantische Hauptthese über die Notwendigkeit, die Ukraine zu unterstützen und einen Sieg Russlands zu verhindern, lautet ja, dass eine Niederlage Kiews die Sicherheit der NATO- und EU-Länder gefährden würde: "Jeder weiß", dass Putin danach das Baltikum, Polen, Rumänien und sogar Deutschland angreifen wird.
Das heißt, die NATO wird ihre Sicherheit mithilfe der ukrainischen Streitkräfte verteidigen, indem sie ihnen mit Waffen, Munition und Geld hilft, aber sie wird nicht am Krieg selbst beteiligt sein. Und das wird in der Deklaration verankert. Logisch?
Vorbereitung auf Bidens Niederlage bei der US-Wahl
Nicht ganz. Denn der Hauptpunkt der Gipfeldeklaration wird ein ganz anderer sein. Es geht darum, dass die Koordinierung der militärischen Unterstützung für die Ukraine von den Vereinigten Staaten auf die NATO übertragen wird – einschließlich der Leitung der "Ramstein-Gruppe". Wenn jetzt der US-Verteidigungsminister an der Spitze steht, wird es jetzt das NATO-Hauptquartier in Brüssel sein. Das heißt, die NATO mischt sich immer stärker in den Konflikt ein und macht einen Schritt auf der Eskalationsstufe. Und die Äußerungen über die Nichtentsendung von Truppen sind nur notwendig, um die Aufmerksamkeit von dieser Tatsache abzulenken – in der Tat die wichtigste Tatsache.
Der "Ramstein-Gruppe" ("Kontaktgruppe zur Verteidigung der Ukraine") gehören mehr als 50 Länder an – und nur etwas mehr als die Hälfte von ihnen sind NATO-Mitglieder. Das bedeutet, dass die NATO nicht nur die Organisation der Waffenlieferungen an die Ukraine übernimmt, sondern auch inoffiziell expandiert (auf Kosten von Ländern wie Japan, Australien und Südkorea). Es ist klar, dass alle diese Nicht-NATO-Länder bereits amerikanische Verbündete sind, und es ist klar, dass Zusammenkünfte mit ihnen im "Ramstein"-Format zuweilen im NATO-Hauptquartier stattfanden, aber die formelle Übertragung von Befugnissen ist alles andere als symbolisch.
Die NATO mischt sich offiziell in den Konflikt in der Ukraine ein – ja, formell nur durch die Lieferung von Waffen und die Truppenausbildung –, und die Vereinigten Staaten tun dies ganz bewusst. Nicht nur, weil sie ein stärkeres europäisches Engagement in dem Konflikt anstreben, sondern auch, weil sie sich auf die Präsidentschaftswahlen im November im eigenen Land vorbereiten. Die Übertragung der Befugnis zur Koordinierung der Hilfe für die Ukraine von den USA auf die NATO wird Donald Trumps Einflussmöglichkeiten verringern, falls er die Präsidentschaftswahlen gewinnt und Kiew zu Zugeständnissen an Moskau zwingen wird. Als Präsident wird Trump sicherlich in der Lage sein, den Umfang der US-Lieferungen zu beeinflussen, aber er wird nicht mehr in der Lage sein, auf die Tätigkeit der gesamten "Ramstein-Gruppe" Einfluss zu nehmen. Sie wird unter die Zuständigkeit der NATO fallen, und Washingtons Möglichkeiten werden hier begrenzt sein.
Das heißt, beide Seiten des Atlantiks bereiten sich auf Bidens Niederlage im November vor – und auf den Beginn einer Phase verstärkter Turbulenzen in der amerikanischen Innen- und Außenpolitik. Für sie ist es äußerst wichtig, dass die Fähigkeit des Westens, die Ukraine gegen Russland zu unterstützen, nicht beeinträchtigt wird, und zwar so lange, wie es dauert, bis Russland nachgibt und die "Atlantisierung" der Ukraine akzeptiert. Der Westen ist sogar bereit, den Teil der Ukraine aufzugeben, der bereits von Russland kontrolliert und eingegliedert wird, erwartet aber im Gegenzug die Anerkennung seines Rechts, den Rest zu übernehmen.
Dass eine solche Option für Russland kategorisch inakzeptabel ist, ist dem Westen (zumindest den meisten Eliten) immer noch nicht klar – sie sind zuversichtlich, dass sie die Ukraine noch lange in einem kampfbereiten Zustand halten können. Daher besteht keine Veranlassung, das Prinzip der "Unzumutbarkeit eines russischen Sieges, der die Niederlage Europas bedeuten würde", zu überdenken. Insofern deutet die Verankerung der Nichtentsendung von Truppen keineswegs auf einen Stimmungsumschwung im Westen hin – anders als Macrons Spekulationen über die theoretische Möglichkeit einer Entsendung französischer Truppen. Denn der französische Präsident spürt die gestiegene Wahrscheinlichkeit eines Zusammenbruchs der Ukraine besser als jeder andere und versucht, seinen Bluff zu nutzen, um Druck auf Russland auszuüben.
In der Realität können sich die NATO-Truppen nur in einem Fall in der Ukraine aufhalten: nach dem Kollaps dieses provisorischen Staates. In diesem Fall wird es möglich sein, einen Teil des ukrainischen Territoriums zu besetzen – genauer gesagt, die westlichen Regionen. Aber selbst in diesem Fall dürfen sie nur mit der (inoffiziellen) Zustimmung Moskaus auf dem Gebiet des ehemaligen "unabhängigen Staates" auftauchen. Ohne diese Zustimmung wird weder die NATO als Ganzes noch eines ihrer Mitgliedsländer diesen Schritt wagen. Denn sonst verwandeln sich "Stiefel auf dem Boden" in Raketen am Himmel.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 10. Mai 2024 zuerst auf RIA Nowosti erschienen.
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