Liveticker Taurus-Leak – Pistorius: Taurus-Abhöraktion durch Anwendungsfehler ermöglicht
5.03.2024 18:06 Uhr
18:06 Uhr
Financial Times: Scholz wird wohl keine Taurus liefern
Die deutschen Waffenlieferungen in die Ukraine auf die Marschflugkörper Taurus auszuweiten, dürfte in nächster Zeit schwierig bleiben. Dies folgt aus einem Leitartikel der Financial Times. Zwar sei das Argument von Kanzler Scholz, mit dem er die Lieferung der Waffen an Kiew verweigerte, zerschlagen worden: Er erklärte, zur Bedienung der Waffen müsste Militärpersonal der Bundeswehr in die Ukraine entsandt werden – doch hochrangige Bundeswehr-Offiziere hätten dieses Argument bei der geleakten Fernkonferenz widerlegt, deren Mitschnitt die RT-Chefin Margarita Simonjan veröffentlicht hatte.
Aber gleichzeitig habe es Scholz koalitionspolitische Schwierigkeiten eingebracht – wohingegen seine Beliebtheit bei den deutschen Wählern durch den Vorfall zumindest nicht gelitten habe. Die Wähler hielten gerade deswegen zu Scholz, weil er in solchen Sachen größte Umsicht zeige, heißt es in dem Artikel.
Demgegenüber habe der Vorfall bei den beiden Partnerparteien der SPD in der regierenden Ampel-Koalition sowie bei der oppositionellen CDU große Fragen an Scholz aufgeworfen. Außenpolitisch kommt erschwerend hinzu, dass Deutschlands NATO-Partner Frankreich und Großbritannien mécontente bzw. not amused über die Bekanntgabe der Tatsache sind, sie hätten bereits aktives Militärpersonal in der Ukraine, welches den Einsatz der Marschflugkörper Storm Shadow/SCALP gewährleiste.
All diese Änderungen der politischen Gesamtlage für Scholz infolge der Veröffentlichung des Konferenzmitschnitts machten ihm die in Zukunft theoretisch mögliche Entscheidung, Taurus an Kiew zu liefern, schwer bis unmöglich, so die von FT zitierten Experten und Politiker.
Vorstellungen von der angeblichen Leichtigkeit der Bedienung der Marschflugkörper Taurus durch ukrainisches Militärpersonal, die die Bundeswehr-Offiziere während ihrer mitgeschnittenen Konferenz suggeriert hatten, steht die Ansicht des Obersts a.D. Ralph Thiele gegenüber: Der Einsatz würde eine langjährige Ausbildung erfordern, dazu Anpassungen der Trägerflugzeuge, die mindestens ein Jahr in Anspruch nähmen, und schließlich eine Informationsinfrastruktur, die die Ukraine nicht habe und deren Verfügbarmachung die BRD sofort zu einer Kriegspartei machen würde.
10:36 Uhr
Pistorius: Taurus-Abhöraktion durch Anwendungsfehler ermöglicht
Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius hat erklärt, dass der Mitschnitt einer geheimen Besprechung deutscher Offiziere nicht durch Hacken der verwendeten IT-Technik ermöglicht wurde. Grund sei vielmehr ein "individueller Anwendungsfehler" gewesen. Ein Teilnehmer des Gesprächs habe sich von Singapur aus nicht an das vorgeschriebene sichere Einwahlverfahren gehalten.
Bei dem Offizier, der von Singapur aus an der Besprechung teilnahm, handelt es sich um Brigadegeneral Frank Gräfe. Gräfe hatte dort die Luftfahrtmesse "Singapore Airshow" besucht.
Pistorius sprach in diesem Zusammenhang von einem schweren Fehler:
"Es war ein Fehler, ein schwerer Fehler."
Die Folgen seien allerdings "überschaubar", so der Minister, der gleichzeitig betonte, den Vorfall nicht herunterspielen zu wollen. Er sei "ärgerlich, sehr ärgerlich" über den Skandal.
Ohne auf den Inhalt des Gesprächs einzugehen, in dem unter anderem Details eines möglichen Angriffs auf die Krimbrücke mit deutschen Taurus-Marschflugkörpern besprochen wurden, sprach Pistorius von einem russischen "Informationskrieg" gegen Deutschland.
Russlands Präsident Wladimir Putin bestimme seit Monaten die mediale Agenda in der Bundesrepublik: "Es ist genau das, was Putin erreichen wollte." Personelle Konsequenzen lehnte Pistorius mit der interessanten Begründung ab, er werde "nicht einen meiner besten Offiziere Putins Spielen opfern".
Die Audio-Mitschnitte wurden an RT-Chefredakteurin Margarita Simonjan übermittelt, die diese am Freitag auf ihrem Telegram-Kanal veröffentlichte. Die Inhalte der Aufnahmen fanden in den deutschen Medien kaum Beachtung.
08:30 Uhr
Faeser: Putin will "unseren Staat diskreditieren" – Schutzmaßnahmen hochgefahren
Die deutsche Politik sammelt weiterhin individuelle Argumente zur "Taurus-Affäre". Bundesinnenministerin Nancy Faeser ließ nun mitteilen, dass die Abwehrbereitschaft deutscher Geheimdienste gewährleistet sei. Faeser wörtlich darlegend:
"Wir haben unsere Schutzmaßnahmen gegen Spionage und Desinformation weiter hochgefahren und reagieren laufend auf aktuelle Entwicklungen."
Weitere Details oder Zahlen wurden von ihrer Seite dabei nicht genannt. So sei die Spionageabwehr beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) "personell und technisch deutlich verstärkt" worden. Faeser erklärte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe zu ihrer Wahrnehmung bezüglich der "russischen Abhöraktion":
"Putins Propaganda-Apparat will unseren Staat diskreditieren, die Meinungsbildung manipulieren und unsere Gesellschaft spalten. All das wird Putin nicht gelingen."
Faeser beruhigte zudem mit der Information: "Wir wissen, welche Instrumente Putins Verbrecherregime einsetzt".
08:00 Uhr
Christian Lindner äußert sich zur "Taurus-Affäre"
Mit dezenter Verspätung meldet sich auch der Bundesfinanzminister zur Causa zu Wort. Sein X-Posting klingt inhaltlich wie eine Zusammenfassung der Wahrnehmungen seiner Kollegen aus der Ampelkoalition.
Es ist ein Weckruf, dass wir von Putin ins Visier genommen werden. Die Veröffentlichung der Aufnahme ist ein hybrider Angriff aus Russland, um unsere innenpolitischen Debatten in Europa zu stören und unsere Gesellschaften zu spalten. Das dürfen wir nicht zulassen. CL #TaurusLeak
— Christian Lindner (@c_lindner) March 4, 20244.03.2024 16:36 Uhr
16:36 Uhr
Scholz hält bisher an Nein zu Taurus-Lieferungen fest
Trotz aller Kritik, auch aus der eigenen Koalition, hält Bundeskanzler Olaf Scholz zumindest bisher an seinem Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine fest. Am Montag sagte er in einer Fragerunde an einem beruflichen Schulzentrum im baden-württembergischen Sindelfingen:
"Ich bin der Kanzler, und deshalb gilt das."
Den innenpolitischen Streit über Taurus bezeichnete er als "merkwürdige Debatte über einzelne Waffensysteme". Zu dem abgehörten Gespräch zwischen Bundeswehr-Offizieren, bei denen Anschlagspläne auf die Krimbrücke diskutiert wurden, äußerte sich Scholz nicht. In der Runde wurde er allerdings auch nicht explizit danach gefragt. Scholz bekräftigte seinen bisherigen Standpunkt, den er in der vergangenen Woche auf einer dpa-Chefredaktionskonferenz geäußert hatte, noch einmal und sagte:
"Es kann nicht sein, dass man ein Waffensystem liefert, das sehr weit reicht, und dann nicht darüber nachdenkt, wie die Kontrolle über das Waffensystem stattfinden kann. Und wenn man die Kontrolle haben will und es nur geht, wenn deutsche Soldaten beteiligt sind, ist das völlig ausgeschlossen."
Scholz betonte:
"Diese Aussage habe ich sehr klargemacht. Ich bin der Kanzler, und deshalb gilt das."
13:59 Uhr
Medwedew: Die Deutschen sollten froh sein, dass Russland einen kühlen Kopf bewahrt
Der frühere russische Präsident und jetzige stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew, hat am Montag erneut das mitgeschnittene Gespräch der Bundeswehr über geplante Angriffe auf die Krim-Brücke kommentiert.
Die deutsche Bevölkerung solle verstehen, "was wir während des Großen Vaterländischen Krieges getan haben", sagte er bei einem Marathon der russischen Gesellschaft Snanije (Wissen) im Rahmen des Weltjugendfestivals.
"Das ist das Problem: Die Deutschen scheinen nichts verstanden und nichts gelernt zu haben. Aber wenn wir von der heutigen Diskussion absehen, dann ist das, was wir gesehen und gehört haben, eine Diskussion darüber, wie man hinter dem Rücken eines anderen gegen Russland kämpft und unsere zivilen Objekte zerstört, die zahlreiche Menschen nutzen. Sie diskutieren das eiskalt, weil sie es jetzt brauchen. Sie wollen das so durchziehen, dass es nicht auffällt. Es ist gut, dass Russland von Leuten mit kühlem Kopf geführt wird. Dass der Oberbefehlshaber das gelassen hinnimmt."
Vergangene Woche schrieb Medwedew auf Telegram, er habe den Eindruck, dass Deutschland sich auf einen Krieg mit Russland vorbereite. Russlands ewige Gegner, die Deutschen, seien erneut zu Erzfeinden geworden.
12:45 Uhr
Sacharowa: Folgen für Deutschland könnten grausam sein
Die offizielle Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa kommentierte am Montag die durchgesickerte Audioaufnahme einer Telefonkonferenz der Bundeswehr über mögliche Angriffe auf die Krim-Brücke. Am Rande des Internationalen Jugendfestivals in Sotschi sagte sie, dass die Entnazifizierung in Deutschland offenbar "noch nicht abgeschlossen" sei.
Sie betonte, dass die Folgen für Deutschland "grausam" sein würden, wenn "dieser Prozess" jetzt in der Bundesrepublik nicht gestoppt werde. Der Westen werde für die von ihm geplanten und weitgehend umgesetzten destruktiven Maßnahmen zur Verantwortung gezogen werden.
"Um ehrlich zu sein, warten wir weniger auf eine Reaktion als auf eine Erklärung."
Mehr zum Thema - Pistorius nach Taurus-Leak: Putin "führt Informationskrieg gegen uns"
12:00 Uhr
Strack-Zimmermann bezeichnet Veröffentlichung als Angriff auf Deutschland
Das durch russische Medien veröffentlichte Gespräch deutscher Offiziere der Luftwaffe sorgt weiter für zahlreiche Reaktionen in militärnahen Kreisen. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, gab hierzu dem ZDF ein Interview.
Sie bezweifelte, dass Russland Deutschland mit der Veröffentlichung blamiert habe. Über das Gesprochene gebe es "kein großes Geheimnis", sagte sie. Sie führte allerdings nicht weiter aus, inwieweit die Planung eines Terrorangriffs auf die Krim-Brücke einschließlich der Verwischung von Spuren einer deutschen Beteiligung daran schon öffentlich zur Debatte standen.
"Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass Militär sich immer vorbereiten muss", sagte sie. Die Veröffentlichung bewertete sie indes als russischen "Angriff".
"Er [Putin] empfindet uns schon als Feinde und deswegen greift er uns an – nicht mit Raketen, sondern mit hybriden Möglichkeiten", sagt die FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl. "Darauf sollten wir nicht hereinfallen."
Im Gespräch warb die für ihre Nähe zur Rüstungsindustrie bekannte Politikerin erneut für Taurus-Lieferungen an die Ukraine und damit – wie aus den Beratungen der deutschen Generäle klar hervorgeht – auch für die Angriffe auf "eine Brücke im Osten", wie die Krim-Brücke im geleakten Telefonat bezeichnet wurde.
11:00 Uhr
Russlands Außenministerium bestellte deutschen Botschafter in Moskau ein
Wie russische Medien meldeten, hat das Außenministerium in Moskau den Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Alexander Graf Lambsdorff, einbestellt. Als ein Grund dafür wird die geleakte Aufnahme der hochrangigen Bundeswehroffiziere über Angriffe auf die Krim-Brücke aufgeführt.
Einer Mitteilung der Nachrichtenagentur RIA Nowosti zufolge soll Lambsdorff nach mehr als einer Stunde die Behörde verlassen haben. Die Agentur teilt auf Telegram entsprechende Videoaufnahmen. Der deutsche Botschafter soll sich geweigert haben, Journalistenfragen zu beantworten.
10:45 Uhr
Kremlsprecher Peskow bezweifelt, dass Bundeswehr vom Kanzleramt kontrolliert wird
Dmitri Peskow, Sprecher des russischen Präsidenten, gab am Montag einen Kommentar zum Taurus-Leak. Gegenüber Journalisten betonte er, dass der Mitschnitt der Beratungen auf eine direkte Beteiligung des kollektiven Westens am Konflikt in der Ukraine hindeute. Es liege zudem auf der Hand, dass die Bundeswehr sachlich und konkret Pläne für Attacken auf russisches Hoheitsgebiet bespreche. "Das bedarf keiner rechtlichen Auslegung, hier ist alles mehr als offensichtlich", so der Kremlsprecher.
Es sei natürlich noch herauszufinden, ob die Bundeswehr dies aus eigener Initiative mache, fügte er hinzu. Des Weiteren komme die Frage auf, wie kontrollierbar die Bundeswehr sei, inwiefern Bundeskanzler Olaf Scholz diese Situation kontrolliere oder dies Teil der Politik Deutschlands sei, so Peskow weiter.
Ferner erinnerte der Kremlsprecher daran, dass Scholz eine schnelle und wirksame Aufklärung versprochen habe. Laut Peskow erhoffe sich Moskau, zumindest über die Medien von den Ergebnissen dieser Aufklärung zu erfahren.
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.
Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.