Europa

Was lehrt der Kiewer Maidan? – Ein Putsch bringt nie die erhofften Verbesserungen

Wohin hat die sogenannte "Revolution der Würde" vor zehn Jahren die Ukraine geführt? Den Menschen wurde damals eine rasche Integration mit der EU und damit ein besseres Leben versprochen. Am Ende führte der Maidan-Putsch jedoch zur völligen Zerstörung der Ukraine.
Was lehrt der Kiewer Maidan? – Ein Putsch bringt nie die erhofften VerbesserungenQuelle: Sputnik © Andrei Stetin

Von Wladimir Kornilow

Es sind nun zehn Jahre vergangen – zehn Jahre nach jenem Staatsstreich in der Ukraine, der dort heute noch als "Euromaidan" und sogar als "Revolution der Würde" bezeichnet wird. Aber alles, was die Ukrainer jetzt erleben, ist eine direkte Folge dieses Putsches, der unter der Schirmherrschaft der Vereinigten Staaten von Amerika und ihrer europäischen Satelliten durchgeführt wurde.

Wie alle klassischen Putsche begann auch der Maidan mit wunderschönen Losungen und völlig leeren Versprechungen – weil sie durch nichts belegt waren. Er begann mit dem Versprechen von "Tee, Kaffee und guter Laune" ... und endete mit Blutvergießen. Erinnern wir uns, wie die Führer dieser "Revolution" von der Tribüne aus riefen: "Damit jeder Mensch in diesem Land sein Leben rettet! Damit unser Land als einheitliche Macht erhalten bleibt! Damit unsere Kinder nicht um ihre Väter weinen! Damit unsere Väter nicht um ihre Kinder weinen!" Heute jedoch werden alle westlichen Medienberichte über die Lage in der Ukraine mit Fotos unzähliger Gräber auf Soldatenfriedhöfen illustriert. In der Tat hat das Land jetzt eine ganze Generation junger Menschen verloren. Als kürzlich ein Korrespondent für The Times durch die Ukraine reiste, um mit jungen Menschen zu sprechen, dort zwei 18-Jährige nach ihren Zukunftsplänen befragen wollte, antworteten die ihm kurz und bündig: "Es gibt keine Zukunft ... mit dieser korrupten Regierung."

Zur Erinnerung: Der Kampf gegen die Korruption war einst das Hauptthema des Maidan vor zehn Jahren! Auf allen Flugblättern, die dort verteilt wurden, stand dieser Punkt an erster Stelle. Erst warf Petro Poroschenko den "korrupten" Wiktor Janukowitsch raus, dann warf Wladimir Selenskij den "korrupten" Petro Poroschenko raus. Jetzt geben selbst hochrangige Mitarbeiter der ukrainischen Präsidialverwaltung in privaten Gesprächen mit westlichen Korrespondenten vom Magazin TIME zu: "Die Leute stehlen, als gäbe es kein Morgen". Das also ist der Erfolg des Putsches gegen die Korruption!

Auf dem Maidan wurde viel über das künftig paradiesische Leben gesprochen, das die Ukrainer unmittelbar nach dem Sieg der "Revolution der Würde" genießen könnten. Der größte Teil der Propaganda beschränkte sich auf das "Berechnen der Vorteile" aus der bevorstehenden Assoziierung mit der Europäischen Union. Zu den "garantierten Ergebnissen", die von den Putschisten versprochen wurden, gehörten ein starker Preisverfall für die Bevölkerung, eine deutliche Steigerung der ukrainischen Exporte und ein Anstieg der Industrieproduktion. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass die Exporte des Landes vor dem Maidan einen jährlichen Wert von 70 Milliarden US-Dollar erreichten, während sie zum Ende des letzten Jahres genau die Hälfte davon erreicht hatten. Der ehemalige ukrainische Ministerpräsident Nikolai Asarow erinnerte in seiner Bilanz für dieses Jahrzehnt daran, dass das Land einst 54 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr produzierte, heute sind es noch ganze 6 Millionen Tonnen. In jedem anderen Wirtschaftssektor des Landes werden die Indikatoren ähnlich aussehen. Umso amüsanter sind die Erzählungen von Selenskij über dessen Pläne, eine eigene Produktion wovon und womit auch immer aufzubauen.

Die Versprechen des Maidan vor zehn Jahren waren von einer besonderen Primitivität geprägt. So versprach beispielsweise eine der Sprecherinnen der Kundgebung, die Fernsehmoderatorin Natalja Sokolenko, vom Podium aus freudig: "Die ukrainischen Männer werden viel länger leben. Auch die Frauen werden länger leben. Aber Männer – viel länger!" Heute ist die Hauptaufgabe der ukrainischen Männer – um zu überleben –, sich zu verstecken, um den Einberufungszentren zu entkommen. Das heißt heute, etwas länger zu leben! Und ein anderer Maidan-Redner – Sergei Leschtschenko, der in diesem Moment neben Sokolenko auf dem Podium stand – fordert heute von Europa, ukrainische Männer, denen die Flucht westwärts gelungen ist, zurückzuschicken, um sie an der Front als Kanonenfutter zu verheizen. So viel zum Thema "visafreies Reisen" – was übrigens auch eines der Maidan-Versprechen war.

In solchen Fällen ist es in der Ukraine üblich zu fragen: "Stand der Maidan für so etwas?" Aber in Wirklichkeit stand der Maidan für genau das! Das wurde natürlich von vielen naiven Menschen nicht verstanden, die fröhlich in der Kälte herumhüpften und wild schrien: "Wer nicht hüpft, ist ein Moskauer!" Aber das sind die unvermeidlichen Gesetze aller Putsche, Unruhen, Staatsstreiche und Revolutionen! Lenin hat einmal geschrieben, dass die treibende Kraft hinter jeder erfolgreichen Revolution "das Volk sein muss, das nicht in der alten Weise leben will". Allerdings muss man zugeben, dass die Voraussetzung für einen erfolgreichen Putsch auch die Täuschung dieses "Volkes" ist, das Versprechen eines unerfüllbaren Paradieses. Unmittelbar nach dem Putsch folgt jedoch unweigerlich das Gegenteil: Blut, Dreck, Dunkelheit, Verwüstung, Verschlechterung des Lebens und Opfer. Die Ukraine, die sich damals für den vom US-Außenministerium vorgezeichneten Weg entschieden hat, war somit schlicht und ergreifend zum weiteren Verfall verdammt.

Es ist klar, dass es in der Ukraine inzwischen üblich geworden ist, Russland für alles verantwortlich zu machen. Die Leute sagen: "Wenn es die 'Okkupation' nicht gegeben hätte, würden wir jetzt wie in Europa leben!" So etwas sagen in der Regel diejenigen, die bestenfalls "nicht mitbekommen" haben, wie ukrainische Nazis Oppositionelle in Odessa verbrannten und Städte im Donbass bombardierten, oder diese Taten schlimmstenfalls sogar eifrig unterstützt haben. Russland versuchte lange Zeit, diese Probleme friedlich zu lösen, indem es die verschiedenen Regime in Kiew ermahnte und auch den Westen immer wieder aufforderte, die Minsker Vereinbarungen endlich umzusetzen. Aber der Westen hat ja selbst den Putsch in Kiew nicht organisiert, um Frieden und Wohlstand zu bringen. Das ursprüngliche Ziel war es bereits, Russland zu schwächen, selbst wenn dies auf Kosten des Lebens und der Zukunft der Ukrainer geschieht.

Der russische Außenminister Sergei Lawrow fasste das zehnjährige "Jubiläum" des Kiewer Maidan so zusammen: "Es besteht kein Zweifel, dass der Westen uns den Krieg erklärt hat. Daraus machen sie keinen Hehl ... Das Wichtigste in diesem Krieg ist die Strategie, und die findet man nicht in Kiew, sondern weit weg." Und diese Strategie läuft darauf hinaus, die Ukraine zu opfern. Indem sie damals für "gute Laune" und "Spitzenhöschen" (bei den Protesten in Kiew wurden tatsächlich Dessous aus Spitze zu einem Symbol für die erhoffte EU-Integration) auf den Maidan gegangen waren, haben die Menschen in Kiew also ihr Land begraben.

Denn das wichtigste Ergebnis des Maidan war der vollständige Verzicht der Ukraine auf Souveränität. Es liegt nicht mehr an Kiew zu entscheiden, wie viele Ukrainer sterben sollen für die Verwirklichung des unrealistischen Traums im Westen, "Russland auf dem Schlachtfeld zu besiegen". Den wahren Organisatoren des Kiewer Putsches, die immer noch im US-Außenministerium sitzen, ist es völlig egal, was von der Ukraine übrig bleiben wird oder ob überhaupt etwas von ihr übrig bleibt! Aus ihrer Sicht heiligt stets der Zweck jedes Mittel.

Der Artikel ist übersetzt aus dem Russischen und erschien zuerst am 22. Februar 2024 bei RIA Nowosti.

Wladimir Kornilow ist ein sowjetischer, ukrainischer und russischer Politologe, Geschichtswissenschaftler, Journalist, Schriftsteller und gesellschaftlicher Aktivist. Ehemals Leiter der ukrainischen Filiale des Instituts der GUS-Staaten in Kiew und Leiter des Zentrums für Eurasische Studien in Den Haag. Nach seiner scharfen Kritik am Euromaidan musste er aus der Ukraine flüchten und arbeitet seit 2017 als Kolumnist bei Rossija Sewodnja.

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