"Wir achten nicht darauf" – EU gibt Ukraine grünes Licht für Diskriminierung des Russischen
Die Europäische Kommission wird die Situation der russischen Sprache in der Ukraine bei der Bewertung der Bereitschaft des Landes zum EU-Beitritt nicht berücksichtigen, sagte ein namentlich nicht genannter EU-Beamter in Brüssel. Das teilte die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti am Mittwoch mit. Offenbar wollte der Korrespondent vor Ort herausfinden, wie die Kommission mit den umstrittenen Sprachgesetzen in der Ukraine bei den Beitrittsverhandlungen umgehen werde.
"Viele Leute fragen nach dem Gebrauch der russischen Sprache und den Rechten der Russen (in der Ukraine – Anm. d. Red.). Ich will es ganz klar sagen: Der Gebrauch der russischen Sprache ist nicht das, worauf die Europäische Kommission achten wird (wenn sie Kiews Umsetzung der Reform bewertet. – Anm. d. Red.)", so der Beamte.
Gleichzeitig fügte der Gesprächspartner hinzu, dass die Europäische Kommission sehr an der Vollendung der Reform interessiert sei, die Reform zur Festigung der Rechte der Ungarn, Rumänen und Bulgaren in der Ukraine im Einklang mit den Empfehlungen der Wiener Kommission in Bezug auf die Staatssprache, die Massenmedien und die Bildung zu vollenden.
"Bei der Reform in dieser Frage geht es darum, nationalen Minderheiten die Möglichkeit zu geben, teilweise in ihrer eigenen Sprache unterrichtet zu werden, mit Institutionen in ihrer eigenen Sprache zu kommunizieren und die Medien in ihrer eigenen Sprache zu lesen. … In dieser Hinsicht fordert die Wiener Kommission die Ukraine auf, ihre Gesetzgebung anzupassen und einen Dialog mit den nationalen Minderheiten zu führen, was das Land auch tut", erklärte der Beamte.
Das Thema der Minderheitssprachen gehört vor allem wegen Ungarns Forderungen an die Ukraine auf die EU-Agenda. Am Dienstag hat der politische Direktor des ungarischen Premierministers, Balázs Orbán, in einem Interview die Position seiner Regierung in dieser Frage verdeutlicht. Er sagte, dass "Ungarn immer ein Befürworter der Annäherung der Ukraine an die Europäische Union gewesen ist", aber das neue Sprachengesetz habe die Haltung Ungarns geändert.
"Ungarns Position ist absolut klar: Solange dieses Gesetz existiert, kann es keine Gespräche mit den Ukrainern über ihre Integration in die Europäische Union geben. Wir werden blockieren, bis das Problem gelöst ist. Die neuen Gesetze haben das Leben für die Ungarn in der Ukraine unerträglich gemacht. Das können wir nicht hinnehmen", sagte Orbán.
In der Ukraine leben rund 156.000 ethnische Ungarn, die meisten von ihnen in der Region Transkarpatien. Bereits Anfang des Jahres wandte sich Budapest diesbezüglich mit einer Beschwerde an den Europarat.
Kiew hat in den vergangenen Jahren in einer Reihe von Sprachgesetzen die Verwendung von Minderheitensprachen in den Bereichen Bildung und öffentliche Kommunikation deutlich eingeschränkt. Allerdings wurden für die Sprachen aus dem EU-Raum einige Kompromisse erzielt. So wurde beispielsweise eine dreijährige Schonfrist vor dem Inkrafttreten ausgehandelt, die im September 2023 endete.
Von allen diesen Regelungen wurde allerdings Russisch ausdrücklich ausgenommen, wobei Russisch angesichts seines Ranges als Muttersprache für mindestens die Hälfte der Ukrainer gar nicht als Minderheitensprache bezeichnet werden kann. In einem Gesetz über "indigene Völker" wurde den Russen auch der Status eines "einheimischen Volkes" verweigert, wobei die Grenze zwischen einem "Russen" und einem "Ukrainer" mit all den bekannten Kriterien nur schwer festgelegt werden kann. In Russland wurden diese Gesetze von den höchsten Stellen als Rassengesetze angeprangert.
Der Europarat hat zwar in der Vergangenheit die ukrainischen Sprachgesetze für deren unsensiblen Umgang mit den Minderheitssprachen kritisiert und eine Reihe von "Empfehlungen" ausgearbeitet. Aber in Bezug auf den Umgang mit dem Russischen nahm die Brüsseler Behörde eine Position ein, die in der Ukraine als Freifahrtschein für die immer schärfere Diskriminierung des Russischen interpretiert werden konnte. Das Narrativ der ukrainischen Nationalisten, wonach Ukrainisch in der Sowjetzeit angeblich unterdrückt wurde, nahm die Venedig-Kommission des Europarates kritiklos hin. In einer Pressemitteilung vom 6. Dezember 2019 schrieb die Kommission beispielsweise:
"Die Experten erkennen an, dass die Sprachenpolitik in der Ukraine ein äußerst komplexes, sensibles und hoch politisiertes Thema ist, insbesondere im Kontext des anhaltenden Konflikts mit Russland. In Anbetracht der besonderen Stellung der russischen Sprache in der Ukraine und der Unterdrückung der ukrainischen Sprache in der Vergangenheit hat die Venedig-Kommission volles Verständnis für die Notwendigkeit, die Verwendung des Ukrainischen als Staatssprache zu fördern."
In dem vollständigen 30-seitigen Bericht dazu stellte die Kommission allerdings fest, dass "die historische Unterdrückung des Ukrainischen … zur Verabschiedung positiver Maßnahmen zur Förderung der ukrainischen Sprache führen kann, aber dies kann nicht rechtfertigen, dass der russischen Sprache und ihren Sprechern der Schutz vorenthalten wird, der anderen Sprachen gewährt wird". Auch die bekannte NGO Human Rights Watch merkte im Januar letztes Jahres an:
"Artikel 25, der sich auf Printmedien bezieht, sieht Ausnahmen für bestimmte Minderheitensprachen, Englisch und offizielle EU-Sprachen vor, nicht aber für Russisch. Die ukrainischen Behörden rechtfertigen dies mit den europäischen Ambitionen des Landes und 'dem Jahrhundert der Unterdrückung des Ukrainischen zugunsten des Russischen'."
Putin: Alles Russische ausrotten – unter westlichem Beifall
Aber nun scheinen auch all diese vorsichtigen und Kiew gegenüber von vornherein wohlwollenden Zweifel keine Rolle mehr zu spielen. Die EU stellt sich klar hinter die Kiewer Politik der Ausmerzung des Russischen. Der russische Präsident Wladimir Putin erinnerte bei einem Treffen am 3. November daran, dass gerade die Sprachpolitik Kiews ein entscheidender Auslöser für die Ukraine-Krise war, die sich im Laufe der Jahre in einen Krieg mit Hunderttausenden Toten verwandelte.
"Wenn wir Beziehungen zur brüderlichen Ukraine hätten, – ich sage immer noch brüderliche Ukraine, unsere ethnische Zusammensetzung ist brüderlich im wörtlichen Sinne – normal, modern, freundschaftlich, würde es niemandem in den Sinn kommen, Aktionen in Bezug auf die Krim zu begehen. Wenn dort alles in Ordnung wäre, wenn das russische Volk, die russische Sprache, die russische Kultur normal behandelt würden, wenn es keine Putsche gäbe, würde es dann irgendjemandem in Russland einfallen, auf der Krim so zu handeln, wie wir es getan haben? Natürlich nicht", sagte Putin bei einem Treffen mit Mitgliedern der russischen Gesellschaftskammer.
Er bezeichnete die Politik Kiews gegenüber den russischen Menschen als nazistisch und den Einmarsch Russlands in der Ukraine als militärische Schutzmaßnahme. "Was sollen wir tun? Sie haben uns einfach vor eine Entscheidung gestellt, bei der wir nichts anderes tun konnten, als zur Verteidigung der dort lebenden Menschen aufzustehen. Das Gleiche geschah damals auch mit dem Donbass und mit Noworossija", so Putin.
Im Gespräch erinnerte er auch daran, dass die moderne Ukraine zur Sowjetzeit auf Kosten russischer Gebiete vergrößert wurde und Russland sich damit nach dem Zusammenbruch der UdSSR abgefunden habe. "Aber als sie anfingen, alles Russische auszurotten – das ist natürlich ungeheuerlich. Und am Ende erklärten sie, dass die Russen keine einheimische Nation in diesen Gebieten sind, das ist ein absoluter Skandal, wissen Sie, und parallel dazu begannen sie auch, die Russen im Donbass zu vernichten, unter dem Beifall des Westens", sagte er.
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