Robert Habeck: Werde zum Feindbild gemacht, weil ich das Land zusammenführen will
Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) hat Fehler in der Heizungsdebatte eingeräumt – aber gleichzeitig die Arbeit der Bundesregierung gelobt. Im Gespräch mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) sagte der frühere Kinderbuchautor:
"Wenn sich die Regierung in einer krisenhaften Zeit dauernd uneins ist, dann schafft das kein Vertrauen. Zu leicht wird Verunsicherung zu Angst, Angst zu Frustration und Frustration zu Zorn."
Die eigentliche Arbeit der Regierung lobte Habeck:
"Wir haben als Regierung eigentlich eine gute Bilanz. Wir haben eine Gasmangellage verhindert, die Energiepreise sinken, es gibt eine enorme Dynamik beim Ausbau der erneuerbaren Energien."
Auf die Frage, warum seine Politik dennoch im Zentrum der gesellschaftlichen Polarisierung stehe, erklärte der Minister:
"Das erscheint auf den ersten Blick paradox, lässt sich aber erklären. Der größte Gegner der Polarisierung ist ja nicht der andere Pol, sondern es sind diejenigen, die keine Polarisierung wollen. Wenn du versuchst, ein Land zusammenzuführen, wirst du Teil der Spaltung, weil die Spalter dich zum Feindbild machen."
Zuvor hatte Habeck erklärt, dass Die Grünen keinen Gegenpol in der Debatte bildeten, sondern sich "im Zentrum des demokratischen Diskurses" befänden. Die AfD stehe außerhalb dieses Diskurses, so der Minister. Er verwies auf die Bundestagsdebatte zum 17. Juni:
"Es war eine so ergreifende Gedenkstunde, und als die Nationalhymne gespielt wurde, war das für mich ein Moment der inneren Einkehr, ja der Stille. Aber selbst in dieser Gedenkstunde haben die Rechtsautoritären jeden Zusammenhalt zerstört. Die AfD-Abgeordneten haben ernsthaft das Unrechtsregime der DDR mit unserer freiheitlichen Demokratie gleichgesetzt. Daraus spricht eine so tiefgehende Verachtung gegenüber Rechtsstaat und Demokratie, dass man es nicht ertragen kann."
Am Ende des mit sehr viel Wohlwollen geführten FAS-Interviews verglich sich Habeck indirekt mit dem Reformator Martin Luther. Auf die Frage, aus welcher historischen Reform man am meisten lernen könne, sagte der Vizekanzler:
"Die einflussreichste Reformbewegung war vermutlich die Reformation Martin Luthers. Er ist gestartet als Erneuerer und Verbesserer der Kirche, er wollte ins Lot bringen, was im Mittelalter aus dem Lot geraten war. Aber was ist daraus geworden? Spaltung der Gesellschaft, Spaltung Europas, Dreißigjähriger Krieg. Das führt mich wieder zu der Frage: Wie verhindert man, dass man Teil der Spaltung wird, wenn man eine Reform gerade im Interesse des Zusammenhalts machen will? Man muss immer wieder darum ringen, Einvernehmen herzustellen."
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