Europa

Times: Ukraine nicht für große Gegenoffensive vorbereitet – aber hat keine Wahl

Die britische Times zweifelt nicht daran, dass die Ukraine eine Gegenoffensive starten wird. Trotzdem attestiert das Blatt dem Land eine mangelnde Vorbereitung. Da von der geplanten Großoffensive die weitere Unterstützung durch den Westen abhängt, hat Kiew keine Wahl.
Times: Ukraine nicht für große Gegenoffensive vorbereitet – aber hat keine WahlQuelle: AFP © OSCAR DEL POZO

Laut einem Bericht der britischen Zeitung The Times ist die Ukraine zu einer Offensive im Frühling oder im Sommer gezwungen, obwohl das Land darauf nicht vorbereitet ist. In der am Samstag veröffentlichen Analyse wird behauptet, dass von dem schon lange angekündigten Gegenschlag die weitere Unterstützung des Westens für die Regierung in Kiew abhängt. Präsident Wladimir Selenskij hat seine Beziehungen zum Westen geschickt geführt und muss jetzt die "Rentabilität der Investitionen" unter Beweis stellen. Daher schlussfolgert und titelt das Blatt:

"Die Ukraine ist für ihre große Offensive nicht vorbereitet, aber sie hat keine Wahl."

Der Artikelverfasser Mark Galeotti beruft sich einerseits auf britische Offiziere, die ukrainische Armeeangehörige ausbilden und sich zuversichtlich zeigen, dass die geplante Offensive "einige ernsthafte Erfolge" mit sich bringen werde. Andererseits verweist er auf die geleakten US-Geheimdokumente, wonach das US-Kommando die Chancen der ukrainischen Armee alles andere als hoch einschätze und von nur "bescheidenen Territorialgewinnen" Kiews ausgehe.

Während solche Falken wie der Leiter des ukrainischen Militärnachrichtendienstes, Generalmajor Kirill Budanow, keine Gespräche über Verhandlungen mit Russland zulassen, sind einige Regierungsbeamte der Meinung, dass es jetzt höchste Zeit sei, das Terrain zu sondieren. Galeotti beschreibt die "surrealistischen" Erfahrungen eines namentlich nicht genannten westlichen Diplomaten, wonach man in Kiew an einem Abend verschiedene Verhandlungsformate erörtere und am folgenden Tag öffentlich erkläre, dass es keine Verhandlungen mit Russland geben könne.

Vor dem Hintergrund des Munitionshungers und der Abhängigkeit der Ukraine von den westlichen Waffenlieferungen geht die Times davon aus, dass das ukrainische Militär versuchen könnte, die Stadt Melitopol zurückzuerobern, um für Russland den Bodenkorridor zu der Schwarzmeer-Halbinsel Krim dichtzumachen. Infrage käme auch Donezk, das nach Darstellung der Zeitung eine eher symbolträchtige als praktische Bedeutung hat. Galeotti zufolge hat Russland zum Glück der Ukraine seinerseits auch keine Ideen.

In dieser Woche hatte der ukrainische Verteidigungsminister Alexei Resnikow erklärt, dass die ukrainischen Truppen "im globalen Sinne hochprozentig" bereit seien, eine Offensive zu starten. Er machte sie aber von Gottes Willen und Wetter abhängig. Der ukrainische Außenminister Dmitri Kuleba bat darum, die Offensive für keine endgültige Schlacht zu halten. Die russische Seite erklärte ihrerseits, dass ihre Streitkräfte auf einen möglichen ukrainischen Gegenschlag gefasst seien.

Mitte April hatte die spanische Zeitung El País unter Berufung auf die britische Aufklärung berichtet, dass dem ukrainischen Militär ein "titanischer Kampf" bevorstehe, da Russland inzwischen eine 800 Kilometer lange Verteidigungslinie errichtet habe.

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