Franzosen im Ausstand: Generalstreik legt heute das Land lahm
Die Proteste in Frankreich gegen die umstrittene Rentenreform der Regierung gehen weiter. Für heute haben die Gewerkschaften einen weiteren nationalen Streiktag angekündigt. Neben Massenkundgebungen werden vor allem massive Störungen im Reiseverkehr erwartet. Zudem wird mit Blockaden von Autobahnen und Treibstoffdepots gerechnet. In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, dass der neunte landesweite Aktionstag am Donnerstag große Menschenmengen anziehen werde, die sich gegen "Macrons Verachtung und Lügen" wenden werden.
Damit reagierten die Gewerkschaftsführer auf eine Ansprache des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, in der er am Mittwoch versichert hatte, trotz der Proteste an den Plänen zur Erhöhung des Rentenalters festhalten zu wollen. Ebenso wies er die Forderung der Gewerkschaften und Oppositionsparteien zurück, er solle "dem wachsenden Volkszorn Rechnung tragen".
Kritiker griffen Macron daraufhin für seine Äußerungen an und bezeichneten ihn als "selbstgefällig", "weltfremd" und "beleidigend". Die Äußerungen des Präsidenten am Mittwoch waren seine ersten, seit die Regierung letzte Woche die Reform zur schrittweisen Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre gegen zwei Misstrauensanträge durchgesetzt hat. Seitdem haben sich die Proteste in Frankreich teils radikalisiert. Neben den angemeldeten Demonstrationen hatten einige Gewerkschaften zu spontanen, unangemeldeten Protestaktionen aufgerufen.
Es folgten mehr als 1.500 Demonstrationen in Städten wie Marseille, Lyon, Lille und Paris, bei denen Mülltonnen angezündet wurden. Es kam zu Straßenblockaden, Protesten von Hafenarbeitern, verbarrikadierten Universitätsgebäuden, Überfällen auf Bahnhöfe, Protesten in Havarien und Stromausfällen, die auf streikende Kraftwerksmitarbeiter zurückzuführen waren. "Die beste Antwort, die wir dem Präsidenten geben können, ist, dass Millionen von Menschen streiken und auf der Straße sind", zeigte sich Philippe Martinez, Vorsitzender der linken Gewerkschaft CGT am Mittwoch gegenüber Reportern kampfbereit. "Die Regierung hat Angst davor, dass immer mehr Leute mitmachen", erklärte eine Frau dem britischen Guardian. "Die Demokratie wird verleugnet." Sie fuhr fort:
"Macron sieht sich selbst als eine Art König, als einer Art Jupiter, der von hoch oben auf uns herabschaut. Wir müssen durchhalten, bis er uns zuhört."
Weniger als ein Jahr nach seiner Wiederwahl für eine zweite Amtszeit steht der französische Präsident vor seiner bisher größten innenpolitischen Krise. Seit zwei Monaten gibt es eine Protestbewegung und immer wiederkehrende Streiks gegen die unpopulären Rentenreformen, gegen die zeitweise 1,28 Millionen Menschen auf die Straße gingen. Da die Regierung in der vergangenen Woche nicht genügend Unterstützung im Parlament fand, nutzte sie umstrittene Exekutivbefugnisse, um die Reformen durchzusetzen. Am Montag überstand die Regierung ein Misstrauensvotum, jedoch nur mit neun Stimmen. Daraufhin gingen Tausende Demonstranten auf die Straße, wobei es zu Hunderten Festnahmen und Zusammenstößen mit der Polizei kam.
So wurden in Paris in der Nacht zu Mittwoch Medienberichten zufolge 46 Menschen festgenommen, nachdem sie Mülltonnen und Motorroller angezündet hatten. Die Polizei setzte gegen einige der Demonstranten Tränengas ein. Anwalts- und Richtergewerkschaften kritisieren unterdessen das forsche Vorgehen der Polizei. Den Beamten werfen sie vor, willkürliche Festnahmen vorzunehmen. Auch untersucht die französische Polizeiaufsichtsbehörde Vorwürfe, wonach vier junge Frauen in Nantes bei Polizeikontrollen während einer Demonstration in der vergangenen Woche sexuell angegriffen worden sein sollen.
Der 45-jährige, liberal eingestellte Präsident, der sich in seiner zweiten und letzten Amtszeit befindet, hatte wiederholt behauptet, dass das französische Rentensystem geändert werden müsse, um es finanzierbar zu halten. Gegner der Reform schlagen andere Lösungen vor, darunter höhere Steuern für Wohlhabende oder Unternehmen, die laut Macron jedoch der Wirtschaft schaden würden. Der Wirtschaft schadet in dem Land derzeit jedoch eher etwas ganz anderes: Tausende Tonnen Müll, die seit Wochen nicht mehr abgeholt werden. So haben die Mitarbeiter der Pariser Müllabfuhr bereits angekündigt, weiter streiken zu wollen. Und auch die Mobilisierung von Ersatzkräften dürfte nur bescheidene Abhilfe schaffen – die Müllberge dürften daher kaum verschwinden, da auch die Verbrennungsanlagen nur einen Minimalservice gewährleisten.
Der von den Gewerkschaften ausgerufene Aktionstag am Donnerstag gilt als bislang größter. Daher kündigte Innenminister Gérald Darmanin laut der französischen Zeitung Le Parisien an, rund 12.000 Polizisten einsetzen zu wollen, davon allein 5.000 in Paris. Auch dies wäre seit Beginn der Proteste gegen die Rentenreform das größte Aufgebot. In Frankreich liegt das Renteneintrittsalter derzeit bei 62 Jahren. Der eigentliche Ruhestand beginnt im Schnitt tatsächlich aber später: Wer nicht lange genug ins Rentensystem eingezahlt hat, arbeitet länger. Erst mit 67 Jahren gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag – dies will die Regierung beibehalten, auch wenn die Zahl der nötigen Einzahljahre für eine volle Rente schneller steigen soll. Die monatliche Mindestrente will sie auf etwa 1.200 EUR hochsetzen.
Mehr zum Thema - "Ist das eine Demokratie oder eine Diktatur?" – Proteste in Frankreich gehen weiter
Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.