Auf Raubtour: Kunsthändler aus Kiew in Frankreich wegen Diebstahls in Millionenhöhe verurteilt

Ein krimineller Ukrainer mit Vorliebe für Impressionisten: Ein Kunsthändler, der einen Signac im Millionenwert gestohlen hatte, wurde in Frankreich zu fünf Jahren Haft verurteilt. Auf sein Konto gehen auch weitere EU-Diebstähle, darunter der eines Renoirs in Wien.

Dies scheint das Ende eines jahrelangen kriminellen Kunststreifzugs durch Europa zu sein: Wie The Art Newspaper berichtet, verurteilte kürzlich ein französischer Richter den ukrainischen Kunsthändler Wadim Huschwa zu fünf Jahren Gefängnis. Der Grund: der Diebstahl eines Gemäldes von Paul Signac, das nahezu 1,5 Millionen wert ist. Im Gerichtssaal rief der Ukrainer mehrmals "Verleumdung!" und behauptete, er sei Opfer einer "Verschwörung", so die Zeitung.

Obwohl Huschwa bei der Verhandlung seine Unschuld beteuerte, ist er für die Polizei kein Unbekannter: Vor dem Frankreich-Coup langte er bei Kunstwerken in Wien und in der Ukraine kräftig zu und wurde sowohl in der Ukraine als auch in Österreich zu Haftstrafen verurteilt. Der Ukrainer bildete eine Gruppe, um wertvolle Gemälde zu stehlen, und arbeitete mit Komplizen zusammen, die ebenfalls aus der Ukraine stammen. Der Diebstahl des Signac-Gemäldes aus dem Musée des Beaux-Arts in Nancy war merkwürdig einfach, schreibt The Art Newspaper:

"Im Jahr 2018 verschwand das Kunstwerk des französischen Impressionisten mit dem Titel 'Le Port de La Rochelle' (1915) auf mysteriöse Weise aus seinem Rahmen im Musée des Beaux-Arts in Nancy im Nordosten Frankreichs. Die Ermittler fanden später heraus, dass drei Männer die Leinwand mit einem Kartonmesser entfernten, bevor sie sie zusammenrollten, unter einem Regenmantel versteckten und am helllichten Tag aus dem Museum spazierten. François Pérain, der Staatsanwalt von Nancy, sagte, das 'einfache' Verbrechen habe alle überrascht: 'Es war so einfach... Sie trugen Kopfbedeckungen, aber sie handelten mit unbedecktem Gesicht, betraten das Museum durch den Haupteingang und verließen es durch dieselbe Tür.'"

Die Spuren des Gemäldes ‒ und der Täter ‒ verloren sich, bis die Kiewer Polizei es ein Jahr später im Kleiderschrank eines Verbrechers fand, der des Mordes beschuldigt wurde. "Der Mann informierte die Behörden darüber, dass Huschwa ‒ der zu dieser Zeit in einem österreichischen Gefängnis saß, weil er im Jahr 2018 in Wien ein Gemälde von Pierre-Auguste Renoir gestohlen hatte ‒ der Drahtzieher des Diebstahls gewesen sei", erzählt The Art Newspaper.

Auch der Diebstahl in Wien war dreist und spektakulär: Das Portal des österreichischen Rundfunks ORF.at meldete damals:

"Laut Staatsanwaltschaft soll der auf Kunstdiebstähle spezialisierte Profi den Coup in Wien mit zwei Landsmännern organisiert haben. Einen Tag später seien seine Komplizen eingetroffen. Am 26. November seien die drei um 17.15 Uhr ins Dorotheum gegangen, um sich das Gemälde anzusehen. 'Sie tun so, als würden sie sich nicht kennen', beschrieb der Staatsanwalt die Auswertung der Videoüberwachung. Zielgerichtet gingen sie zu dem im zweiten Stock ausgestellten Werk von Pierre-August Renoir, das zwei Tage später bei einer Auktion für Klassische Moderne unter den Hammer hätte kommen sollen. Während der 60-Jährige von einem Nebensaal aus den Raum im Blick behielt, nahmen die beiden anderen das Werk aus dem Rahmen und steckten es in eine Einkaufstasche. Mit einer Handbewegung deutete der nun Angeklagte seinen Komplizen laut Staatsanwaltschaft die Flucht an. Die drei verließen mit dem wertvollen Bild unbehelligt das Gebäude in der Dorotheergasse."

Später, vor Gericht, bestritt Huschwa jede Beteiligung an dem Diebstahl und behauptete, er sei nur nach Wien gekommen, "um Frauen kennenzulernen", weil er hierher ziehen wolle. Seine Landsleute, so sagte er, hätten ihn in eine "schmutzige Geschichte" hineingezogen. Die Dreistigkeit des ukrainischen Kunsthändlers ist verblüffend: Als ihm bei der Verhandlung die Überwachungsfotos gezeigt wurden, die ihn und seine Komplizen beim Diebstahl eines weiteren Renoirs in Frankreich im Jahr 2017 sowie eines wertvollen Manuskripts aus einem französischen Auktionshaus registrierten, und er gefragt wurde, ob er auf diesen Fotos abgebildet sei, antwortete der Kriminelle einfach: "Diese Person sieht mir ähnlich." Auf die Frage, warum er nicht die Polizei gerufen habe, als er merkte, dass er in eine Straftat im Dorotheum hineingezogen worden war, meinte er: "Die Polizei zu rufen widerspricht meinen moralischen Prinzipien."

Bei dem Prozess in Wien wurde auch bekannt, dass er zuvor an dem Diebstahl von Gemälden aus dem Schloss Versailles und von Gemälden des russischen Künstlers Iwan Aiwasowski aus einem ukrainischen Museum beteiligt gewesen war. In Wien wurde er zu einer äußerst kurzen Strafe verurteilt und rasch aus der Haft entlassen ‒ aber auf Ersuchen Frankreichs, wo man ihn bereits erwartete, sofort ausgeliefert. Nun wurde er im Zusammenhang mit allen Episoden von Kunstdiebstahl in Frankreich verurteilt. Außerdem muss er Schadensersatz in Höhe von fast 300.000 Euro zahlen, berichtet The Art Newspaper.

Allerdings meinte der Ukrainer bei der Verhandlung, die französische Staatsanwaltschaft habe "keine Beweise" gegen ihn. "Ich wüsste nicht, was ich damit zu tun haben sollte. Sie haben keine Beweise für Ihre Anschuldigungen", sagte er vor Gericht. Seine Anwältin, Samira Boudiba, erklärte auch:

"Er ist nicht auf dem Überwachungsvideo zu sehen, man sieht nur drei Personen, die nicht identifiziert werden können. Alles, was das Video zeigt, ist der Zeitpunkt, zu dem das Gemälde gestohlen wurde... Die Tatsache, dass er jedes Mal in Frankreich ist, wenn ein Diebstahl stattfindet, ist ein Zufall und kein Beweis."

Fast alle von dem Ukrainer in Europa gestohlenen Gemälde wurden übrigens bis heute nicht gefunden.

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