Europa

Elitäre Parallelgesellschaft: WEF-Treffen 2023 lässt sich durch 5.000 Soldaten beschützen

Die Schwerpunktthemen sind Künstliche Intelligenz und Digitalisierung. 89 deutsche Teilnehmer sind auf einer veröffentlichten Gästeliste genannt, darunter die Klimaaktivistin Luisa Neubauer und die Politiker Lars Klingbeil (SPD) sowie Jens Spahn (CDU), der zuvor im April 2022 den Lehrgang der Community "Young Global Leaders" des WEF abschließen durfte.
Elitäre Parallelgesellschaft: WEF-Treffen 2023 lässt sich durch 5.000 Soldaten beschützen© Screenshot: Webseite WEF, 10.01.23

Eine Analyse von Bernhard Loyen

Vom 16. bis 20. Januar findet das diesjährige Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums in Davos in der Schweiz statt. Am 21. September 2021 erfolgte dafür ein offizieller schweizerischer "Bundesbeschluss über den Einsatz der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung des Kantons Graubünden bei den Sicherheitsmaßnahmen im Rahmen der Jahrestreffen des World Economic Forum 2022–2024". Im dazugehörigen Absatz 1 heißt es zu den damit verbundenen Zusagen an das WEF und damit an Klaus Schwab (als der gesamtverantwortliche Veranstalter):

"Der Einsatz der Armee mit einem Maximalbestand von 5.000 Angehörigen der Armee im Assistenzdienst zur Unterstützung des Kantons Graubünden bei den Sicherheitsmaßnahmen im Rahmen der Jahrestreffen des World Economic Forum (WEF) in den Jahren 2022 – 2024 wird genehmigt."

Laut Eigendarstellung des Veranstalters WEF resultiert die Notwendigkeit des Zusammentreffens von "2.500 Staats- und Regierungschefs und Experten aus aller Welt" daraus, sich "mit den drängendsten Herausforderungen unserer Zeit" zu befassen. Zwei der vorgestellten Schwerpunktthemen entsprechender Panels sowie Arbeitstreffen des diesjährigen Meetings sind "Künstliche Intelligenz" (KI) und "Digitalisierung gesellschaftlicher Teilbereiche". Die entsprechenden Arbeitsschwerpunkte lauten unter anderem:

  • Nationale KI-Strategien können durch Wertschöpfungsnetze das Ranking anheben. So geht's
  • Tech-Innovatoren müssen im 21. Jahrhundert die humanitäre Hilfe verbessern
  • Das Vertrauen in die Technik ist geschwunden: Hier sind 3 Wege, um es wiederherzustellen
  • Generative KI: ein Umbruch, auf den Gesellschaft und Industrie vorbereitet werden müssen
  • Digitale Sicherheit: Anwendung von Menschenrechten in der digitalen Welt
  • Drei Wege, um mit der Revolution der Echtzeitdaten Schritt zu halten
  • Warum und wie wir die Auswirkungen der KI auf die globale Gesundheit beschleunigen müssen
  • So kann der Einzelhandel von Künstlicher Intelligenz profitieren
  • Ohne KI werden wir die Ziele für Umwelt, Soziales und Governance (ESG) nicht erreichen und den Klimawandel nicht bewältigen
  • So profitieren Unternehmen und Arbeitnehmer von einer "digitalen Belegschaft"

Eine Pressemitteilung des "Eidgenössischen Departments für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport" informierte am 9. Januar dann noch über Details der Schutzmaßnahmen für die Teilnehmer des WEF-Meetings:

"Bereits in der Vorweihnachtswoche haben Armeeangehörige die Arbeiten zugunsten des Kantons Graubünden und der Sicherheit für das bevorstehende WEF-Jahrestreffen 2023 aufgenommen (...) Ein Teil davon kommt für das Jahrestreffen vom 16. bis 20. Januar direkt in der Landschaft Davos zum Einsatz.

Ein anderer Teil schützt zusätzlich Infrastruktureinrichtungen und erbringt in der ganzen Schweiz Leistungen in den Aufgabenbereichen der Luftwaffe, der Logistik sowie der Führungsunterstützung. Im Assistenzdienst sind Armeeangehörige befugt, polizeiliche Zwangsmaßnahmen zur Erfüllung der jeweiligen Aufträge einzusetzen."

Der investigativen US-Seite Dossier wurde die 79 Seiten umfassende Gästeliste für das diesjährige Treffen zugespielt. So sollen demnach dort neben dem aktuellen FBI-Direktor Chris Wray, den Vorstandsvorsitzenden der "Big Player" Amazon (CEO "Andy" Jassy), BlackRock (Gründer und Präsident Robert S. Kapito) und TikTok (Vizepräsident Theo Bertram), von Pfizer (Geschäftsführer Albert Bourla) und der WHO (Tedros Adhanom Ghebreyesus) ab dem 16. Januar auch rund 89 deutsche Teilnehmer für das Treffen in Davos angemeldet sein. Darunter sind unter anderem Unternehmen und Mitarbeiter folgender Branchen zu finden:

  • Medien: Bertelsmann (Elisabeth 'Liz' Mohn), Der Spiegel, Deutsche Welle, Deutsche Presse-Agentur, Die Zeit, FAZ, Handelsblatt, Capital, Holtzbrinck  Publishing Group, Hubert Burda Media, Süddeutsche Zeitung (Lisa Nienhaus, Wolfgang Krach), Welt 24, Welt am Sonntag (Olaf Gersemann), N-TV, ZDF
  • Industrie: Audi, BASF, Siemens (Roland Busch und Joe Kaeser als Aufsichtsratsvorsitzender bei Siemens Energy), Merck, RWE, SAP, Volkswagen, 
  • Finanzen/Versicherungen: Allianz, Deutsche Bank, Deutsche Post, McKinsey Gruppe, Jürgen Rigterink (Chef der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung), Werner Hoyer (Präsident der Europäischen Investitionsbank) 
  • Politik und Interessensgruppen: Jens Spahn (CDU), Lars Klingbeil (SPD), Luisa Neubauer (FFF), Jürgen Stock (Generalsekretär von Interpol), Gert Müller (Bundesminister im Kabinett Merkel und aktuell Generaldirektor der UNO-Organisation für industrielle Entwicklung: UNIDO)

Laut Informationen des Finanz-Journalisten und WEF-Kenners Ernst Wolff soll auch Robert Habeck nächste Woche in Davos "seine Aufwartung" machen. Am 9. Januar informierte Habecks Wirtschaftsministerium (BMWK) in einer Pressemitteilung:

"Dr. Elga Bartsch ist die neue Abteilungsleiterin Wirtschaftspolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Das Kabinett hatte die Personalie formal bereits am 21. Dezember 2022 beschlossen (...) 
Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Robert Habeck: "Ich freue mich sehr, Elga Bartsch heute im BMWK als neue Abteilungsleiterin Wirtschaftspolitik begrüßen zu dürfen. Elga Bartsch ist eine international anerkannte und renommierte Ökonomin und dank ihrer Expertise ein großer Gewinn für das Ministerium und die Abteilung Wirtschaftspolitik."

Was die BMWK-Mitteilung dabei unterschlägt, ist die nicht unwesentliche Information, dass Elga Bartsch von 2018 bis 2022 Leiterin der "Abteilung Wirtschafts- und Marktforschung" bei BlackRock und von 1997 bis 2018 "Globale Co-Leiterin Wirtschaft und Chefvolkswirtin Europa" beim US-amerikanischen Unternehmen Morgan Stanley für Investmentbanking und Wertpapierhandel war. Auch Franck Petitgas, ihr ehemaliger Arbeitgeber bei Morgan Stanley, ist mit auf der aktuellen Davos-Gästeliste zu finden.

Jens Spahn, der für die kommende Woche als Teilnehmer in Davos gelistet ist, hatte zuvor im April 2022 bereits an der "Fortbildung" des WEF in der "Community Young Global Leaders" (YGL) teilgenommen. So musste er sich nach bestandenem Abschluss im Sinne der WEF-Doktrin selbst einschätzen. Dazu heißt es auf der Webseite unter der Zwischenüberschrift "Fassen Sie Ihren Dank und den Geist des Lernens zusammen" von Jens Spahn, Bundestagsabgeordneter und ehemaliger Bundesgesundheitsminister, Deutschland:

"Als junge Führungskraft sind Sie vielleicht manchmal versucht zu glauben, Sie hätten schon alles gesehen. Aber dann gibt es Orte, Menschen, Diskussionen, die einem sagen:  'Warte, es gibt noch so viel zu lernen und zu entdecken. Du bist noch weit davon entfernt, der zu sein, der du sein könntest.' Darum geht es beim YGL-Programm an der Kennedy School (...) Ein wirklich außergewöhnliches Erlebnis." 

Diese beiderseitige "Investition" könnte ein möglicher Grund dafür sein, dass die Rolle von Spahn in seiner Zeit als "Corona-Gesundheitsminister" bis November 2021 trotz immer drängender werdender Fragen bis heute keinerlei juristische Aufarbeitung erfuhr. Auch die derzeitige Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/ Die Grünen) absolvierte laut Antwort auf der Seite abgeordnetenwatch.de bekanntlich im Jahre 2020 das YGL-Programm. Zudem ist Baerbock auf der entsprechenden WEF-Webseite gelistet. Eine "Klassenkameradin" von Baerbock war dort im Jahrgang 2020 auch Sanna Marin, die seit Dezember 2019 als finnische Ministerpräsidentin amtiert.

Der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU, 2001), die ehemalige Bundesministerin Julia Klöckner (CDU, Bundesministerin im Kabinett Merkel, 2007), wie auch der amtierende Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen, 2001) waren ebenfalls nachweislich Teilnehmer am sogenannten "Young Leaders-Programm der Atlantik-Brücke", einer Partner-Organisation des WEF. Auch dieses "Training" absolvierte zuvor Jens Spahn (Seite 10).  

Zurück nach Davos 2023: Als weitere internationale Gäste sollen ab dem 16. Januar Kyriakos Mitsotakis (Griechischer Ministerpräsident), Jens Stoltenberg (NATO), Christine Lagarde (Präsidentin der Europäischen Zentralbank) und Roberta Metsola (Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments) in Davos sein, des Weiteren vier leitende Mitarbeiter der Bill und Melinda Gates Foundation. Die mit Abstand größte Delegation kommt aus der Schweiz, gefolgt von den USA und Indien. Vertreter oder Delegierte aus Russland sind demnach nicht geladen worden. Im Bereich Medien wurde in diesem Jahr das Unternehmen Twitter über die nicht erfolgte Einladung "abgestraft" (#Twitter-Files).

Auf der Webseite von Klaus Schwab heißt es aufschlussreich, dass "Davos 2023" in eine Zeit falle, in der die Welt "mit einer Vielzahl von Krisen konfrontiert" sei, was wiederum "die Notwendigkeit des Dialogs" noch einmal unterstreiche. Decodiert: Krisentreiber, Unruhestifter und politische Marionetten, also Erfüllungsgehilfen, erhalten dabei oder dafür seit Jahrzehnten (siehe "Davoser Manifest", erstellt 1973 und 2020 aktualisiert) nachweislich ihren Feinschliff im beschaulichen Örtchen Davos, im schönen Schweizer Kanton Graubünden gelegen und unter normalen Umständen mit seinen leicht überschaubaren 11.136 Einwohnern.

Ab dem 16. Januar wird nun erneut die Manager- und Politiker-Spielwiese des Klaus Schwab militärisch abgeriegelt sein. Dabei wird der umtriebige "Kontaktpfleger", wenn auch respektvoll bewundert, so doch weiterhin medial-politisch auch teils belächelt.

Es zeigt sich am Beispiel des brandgefährlichen Gebarens der gegenwärtig amtierenden deutschen Außenministerin Annalena Baerbock wie auch an der nachgewiesenen (vielleicht auch erwünschten) Überforderung des derzeitigen deutschen Wirtschaftsministers Habeck, dass dieses Belächeln seit Jahren einen mehr als bedenklichen, mittlerweile irreparablen, großen Fehler darstellt.

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