Europa

Getreide aus der Ukraine unterbietet Preise der EU-Landwirte laut "Wall Street Journal"

Das Getreide aus der Ukraine geht nicht nur in den Export nach Afrika oder in den Nahen Osten, sondern gelangt auch auf die Märkte der Länder der Europäischen Union. Laut einem Bericht des "Wall Street Journal" können die EU-Landwirte aber mit den billigen Importen nicht konkurrieren.
Getreide aus der Ukraine unterbietet Preise der EU-Landwirte laut "Wall Street Journal"Quelle: Gettyimages.ru © Vince Streano

Der Zustrom von billigem ukrainischem Getreide und Geflügel macht es den Landwirten in der Europäischen Union schwer, kostendeckend zu arbeiten, heißt es in einem Bericht des Wall Street Journal vom Freitag.

Währenddessen erhalten jene Länder, die von einer mithilfe der Vereinten Nationen ausgehandelten Vereinbarung über den sicheren Transport von Getreide und Sonnenblumenöl aus den ukrainischen Schwarzmeerhäfen profitieren sollten, nicht die Nahrungsmittel, die sie dringend benötigten.

Jan Bieniasz, Geschäftsführer einer landwirtschaftlichen Genossenschaft im polnischen Dorf Łąka, sagte der Zeitung:

"Ich bin sehr dafür, der Ukraine zu helfen, aber ich glaube, dass die EU die Büchse der Pandora geöffnet hat."

Bieniasz bezog sich in seiner Aussage auf die Entscheidung der Europäischen Kommission, Zölle und Quoten abzuschaffen, damit Kiew inmitten des Konflikts mit Russland sein Getreide auf dem Landweg und von europäischen Häfen aus exportieren kann. Hierfür wurde unter anderem auch die Errichtung der sogenannten "Solidaritätskorridore" für den Transport der landwirtschaftlichen Erzeugnisse von der polnisch-ukrainischen Grenze zu den Häfen an der Ostsee angekündigt. Doch vieles davon, was für den Transit und Export in den Nahen Osten und nach Afrika bestimmt ist, gelangt wohl auf den Markt in Polen und drückt die lokalen Getreidepreise.

Der Schritt der EU-Kommission hat dazu geführt, dass die Länder der Europäischen Union mit billigeren Agrargütern überschwemmt werden. Als Vergleich führt die US-Wirtschaftszeitung an, dass während etwa Weizen und Mais in der EU im Allgemeinen für 324 bzw. 307 US-Dollar pro Tonne verkauft werden, Weizen und Mais aus der Ukraine rund 272 bzw. 251 US-Dollar kosteten.

Auch der Vorsitzende des bulgarischen Verbandes der Getreideproduzenten, Iliya Prodanov, beschrieb in seinem Kommentar gegenüber der US-Zeitung eine ähnliche Situation in seinem Land und wies darauf hin, dass die ukrainischen Landwirte nicht dieselben Umweltvorschriften einhalten müssten wie ihre Kollegen in der EU. Am Mittwoch protestierten Landwirte in mehreren bulgarischen Städten gegen ukrainische Agrarimporte.

Französische Geflügelzüchter haben ähnliche Beschwerden vorgebracht und darauf hingewiesen, dass sich die Hühnerimporte aus der Ukraine in der ersten Hälfte des Jahres 2022 mehr als verdoppelt hätten. Zugleich forderten sie die EU auf, das Abkommen zur Aufhebung der Zölle nicht zu verlängern. Die ukrainischen Güter verdrängten nicht nur die Produkte der einheimischen Landwirte, sondern würden auch den benötigten Platz in den Häfen einnehmen, erklärte ertwa Cristian Gavrila von der rumänischen Handelsorganisation PRO AGRO dem Wall Street Journal gegenüber. 

In dem Bericht wird behauptet, dass Kiew Polen für die Verlangsamung des Exportflusses an der Grenze verantwortlich mache und die Behörden beschuldige, die Lieferungen absichtlich aufzuschieben und die Hygienekontrollen zu verzögern. Demnach habe sich Kiew auch bereit erklärt, ukrainische Beamte zu entsenden, um die Dinge zu beschleunigen. Polnische Beamte ihrerseits hätten darauf bestanden, dass sie so schnell wie möglich handelten, so die US-Zeitung.

Die Getreideexporte aus der Ukraine seien laut Bericht im vergangenen Monat um 66 Prozent gestiegen. Zuvor wurde im Juli das sogenannte Getreideabkommen, das von den Vereinten Nationen und der Türkei vermittelt wurde, in Istanbul unterzeichnet. Damit soll den ukrainischen Ladungen eine sichere Durchfahrt durch das Schwarze Meer gewährleistet werden. Die meisten dieser Lieferungen gingen jedoch nach Europa und in andere einkommensstarke Länder und nicht in die armen Länder, die mit einer drohenden Nahrungsmittelkrise zu kämpfen haben. Das Abkommen sollte aber genau jene Krise lindern.

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