EU will Heizen mit Holz einschränken – Kompromiss als "bedingt nachhaltige" Biomasse erzielt
Am heutigen Mittwoch stimmte das EU-Parlament über eine Reform der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED III) ab. Nach Wunsch des EU-Parlaments soll Holz als Biomasse nun bedingt nachhaltig und somit förderfähig bleiben. Die Abgeordneten legten am Mittwoch ihre Position für Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten fest. Der Entscheidung zufolge werden Holznebenprodukte wie etwa aus Sägewerken, Schadholz und eine bestimmte Menge Primärholz, also hochwertiges Holz, als erneuerbare Energiequelle eingestuft.
Dem ursprünglichen Vorschlag zufolge sollte die Einstufung von Biomasse aus Primärholz als erneuerbare Energie ausgeschlossen werden. Die Durchschnittsmenge der Jahre 2017 bis 2022 soll nun doch angerechnet werden. Das EU-Parlament fordert auch eine schrittweise Senkung des Anteils von Primärholz als erneuerbare Energie bis 2030, womit auch der Ausbau von Holz und Biomasseanlagen eingeschränkt werden soll.
Im Vorfeld hatte es heftige Debatten gegeben, den der vorherige Entwurf sah vor, Waldholz künftig nicht mehr als erneuerbare Energie einzustufen. Zudem sollte die direkte Nutzung von Biomasse aus dem Wald bis zum Jahr 2030 auf ein von der Kommission noch vorzuschlagendes Level schrittweise reduziert werden. Inmitten Europas bislang schwerster Energiekrise stießen die Umweltschutzpläne des EU-Parlaments jedoch auf heftigen Widerstand.
In Europa zählt die Holzenergie mit einem Marktanteil von rund 40 Prozent zu den bedeutendsten erneuerbaren Energieträgern. So trägt sie zwar nur wenig zur Stromproduktion bei, dafür aber umso mehr zur Wärmegewinnung, sei es in privaten Kaminöfen sowie Pelletheizungen, oder industriell genutzten Holzkraftwerken. Nun wollte die EU einen Teil des energetisch genutzten Holzes allerdings von der Liste regenerativer Energieträger streichen. Ausgenommen von der Reform wäre lediglich Holz, das etwa zur Brandprävention oder zur Schädlingsbekämpfung aus dem Wald geholt wird. Dabei zählt die Holzenergie in vielen Bereichen zu den günstigsten und gleichzeitig auch wenigen technisch umsetzbaren Lösungen zum Ausstieg aus fossilem Erdgas.
Derartiger Nutzung sogenannter "primärer holzartiger Biomasse" sollte nach den Plänen des EU-Parlaments gemäß ihrem Vorhaben aber offenbar ein Riegel vorgeschoben werden. Und das ausgerechnet in Zeiten, in denen das Heizen mit Gas oder Öl aufgrund der anhaltenden Energiekrise für viele der in Europa lebenden Menschen nahezu unbezahlbar wird. Auf der Suche nach kostengünstigeren Heiz-Alternativen entscheiden sich derzeit deshalb viele für den Kauf eines Ofens. Auch in Deutschland ist die Nachfrage nach Kaminöfen und den für deren Betrieb benötigten Brennstoffen zuletzt massiv angestiegen. Denn auch hierzulande möchte niemand frieren.
Mit einem Kamin kann während einer Gasmangellage oder eines Stromausfalls zumindest ein Teil des Hauses warm gehalten werden, denken viele. So sehen die Menschen die Holznutzung in erster Linie als Notlösung, die allerdings umweltschädlich ist. Und genau das ist Brüssel ein Dorn im Auge. "Wir wollen nicht, dass die Verbrennung von Bäumen in diesem Jahr noch mehr unterstützt wird", erklärte der französische EU-Abgeordnete und Vorsitzende des Umweltausschusses, Pascal Canfin (Liberale) im Vorfeld. Würde Holz ausgeklammert, würde das Ziel der erneuerbaren Energien allerdings in unerreichbare Ferne rücken, ergänzt er. Schließlich soll der Anteil dieser an der europaweiten Energieversorgung nach den Plänen der EU bis zum Jahr 2030 auf 45 Prozent steigen. Derzeit liegt er in der EU bei rund 20 Prozent, in Deutschland ist er laut Umweltbundesamt mit etwa 49 Prozent höher.
Insbesondere die grüne Fraktion im EU-Parlament sieht das Heizen mit Holz trotz der derzeitigen Energiekrise kritisch. Die Realität sei, dass nun die Wälder verheizt werden, sagte der deutsche EU-Abgeordnete Michael Bloss. "Das kommt einem Todesstoß für unsere Wälder gleich, die aufgrund von Dürre, Hitze und Waldbränden sowieso schon kurz vor dem Kollaps stehen." Europa benötige seine Wälder als CO₂-Speicher und nicht für die Heizkessel und -öfen der Kraftwerke oder Privatleute.
Ungeachtet aller EU-Umweltziele stieß der Vorstoß des EU-Parlaments auch innerhalb der Politik auf heftige Kritik. "Mitten in der schlimmsten Gas-Versorgungskrise der Geschichte fehlt mir jedes Verständnis dafür, dass das EU-Parlament Holz nicht länger als erneuerbare Energie werten will – Gas und Atomenergie aber schon. Die Nutzung von Holz ist nicht das Problem, sondern die Lösung", kritisierte die österreichische Agrarlandesrätin Michaela Langer-Weninger (ÖVP) im Gespräch mit der Tageszeitung Heute. Der Entwurf der aktuellen RED III, der dem EU-Parlament vorliegt, beinhalte weitreichende Neuerungen mit gravierenden Folgen. "Die Förderfähigkeit von Holz einfach mir nichts, dir nichts zu streichen, entzieht der europaweiten und nationalen Energiewende den Boden."
Laut Langer-Weninger konterkariere die EU mit dem Entwurf ihre eigenen Energie- und Klimaziele. "Mir scheint, das EU-Parlament sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Dabei gibt es nur eine Handvoll Energieträger, die eine echte Alternative zu fossilen Brennstoffen sind. Holz ist definitiv eine davon." Doch auch Fachverbände schlugen Alarm. "Das vorliegende Gesetzespaket gefährdet unsere Versorgungssicherheit und führt Österreich direkt in ein kostspieliges Vertragsverletzungsverfahren. Die Ziele für erneuerbare Energien sind ohne Holzheizungen, Biomasse-Heizkraftwerke und Nahwärmeanlagen schlichtweg nicht erreichbar. Reduzieren wir die Holzenergie um 10 Prozent, entspricht dies dem Fotovoltaik-Ausbau der letzten 30 Jahre", wurde Franz Titschenbacher, Präsident des Österreichischen Biomasse-Verbandes, in einer Pressemitteilung des Verbands zitiert:
"Es ist unfassbar, dass in Zukunft immer mehr Energieholz, das bei der nachhaltigen Waldbewirtschaftung ohnehin anfällt, ungenutzt im Wald verfaulen soll, und als Ersatz für russisches Gas im gleichen Atemzug Atom- sowie Kohlekraftwerke und sogar Fracking-Gas wiederbelebt werden."
Gegen die Pläne der EU, Waldholz künftig nicht mehr als erneuerbare Energie einzustufen, wehrte sich auch der deutsche Fachverband Holzenergie (FVH). In einem Schreiben an die Abgeordneten des EU-Parlaments kritisierten die über 500 Unterzeichner die aktuellen Entwürfe des Umweltausschusses des EU-Parlaments als kontraproduktiv für die Energiewende. "Die Pläne des Umweltausschusses des EU-Parlaments, die Förderfähigkeit von Waldholz als erneuerbare Energie zu streichen, würde der Wärmewende den Boden entziehen. Wir warnen eindringlich davor, mit einem Federstrich und kontrafaktisch Teile der energetischen Holznutzung als nicht-erneuerbar zu deklarieren", erklärte Gerolf Bücheler, Geschäftsführer des FVH.
Laut Bücheler werde die Richtlinie so lediglich zu einer "Erneuerbaren-Verhinderungs-Richtlinie. Wir haben kein Verständnis dafür, dass Atomkraft und Gas von der EU den Nachhaltigkeitsstempel bekommen, unsere größte heimische erneuerbare Energieform aber infrage gestellt wird", so Bücheler weiter. Energie aus fester Biomasse – zu der auch Holz gehört – für Wärme und Strom stelle in Deutschland mit rund 166 Terawattstunden knapp 35 Prozent der im letzten Jahr produzierten erneuerbaren Energien bereit und damit mehr als jede andere erneuerbare Energieform.
Laut den Vertretern des FVH sei es unverständlich, "weshalb die EU-Kommission gerade für kleine bis mittlere Holzenergieanlagen das Leben schwerer macht und neue Kontroll- und Nachweispflichten einführen möchte". Insbesondere im ländlichen Raum seien dezentrale Holzenergieanlagen eine unverzichtbare Stütze der Energie- und Wärmewende, "die als Partner der stofflichen Holzverarbeitung und multifunktionalen Forstwirtschaft regionale Wertschöpfungsketten ergänzen und Stoffkreisläufe schließen".
Lediglich bei Klima-Aktivistin Greta Thunberg dürfte im Vorfeld Freude vorgeherrscht haben. Die schwedische Umweltaktivistin fordert bereits seit Längerem ein Verbot jeglicher Holzheizungen. "Hört auf, Holz zu verbrennen", schrieb sie in einem Gastbeitrag für den britischen Guardian. Die Pläne der EU gehen ihr dabei noch nicht weit genug. "Europas direkt gewählte Vertreter müssten sich jetzt entscheiden: 'Sie können entweder die Klimaziele der EU mit ihren Gesetzeslücken retten, oder sie können damit beginnen, unser Klima zu retten", so Thunberg. Dies sei derzeit nicht das, worauf die EU-Ziele hinarbeiten, erklärte die 19-Jährige mit Blick auf die anstehende Reform der Erneuerbare-Energien-Richtlinie. Sollte sich die schädliche Politik der EU im Bereich der erneuerbaren Energie nicht ändern, hätte dies Folgen, mahnte Thunberg:
"Dann werden die Steuerzahler Europas weiterhin dafür bezahlen, dass Wälder rund um den Globus buchstäblich jeden Tag in Rauch aufgehen."
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