Menschenrechtsbeauftragte: Visa-Stopp für Russen verstößt gegen Recht auf Bewegungsfreiheit
"In den vergangenen Tagen gibt es im Westen Aufrufe, die Einreise russischer Bürger in das Hoheitsgebiet der EU-Mitgliedsstaaten vollständig zu verbieten. Dieser Ausdruck von Nationalismus und Diskriminierung ist eine grobe Verletzung des grundlegenden Prinzips der Bewegungsfreiheit, das in universellen und regionalen internationalen Rechtsakten verankert ist", sagte Russlands Menschenrechtsbeauftragte Tatjana Moskalkowa.
Sie kommentierte auch Aussagen des AfD-Europaabgeordneten Gunnar Beck, der den Visa-Stopp für Russen als rechtswidrig bezeichnet hatte:
"Die Stimme des gesunden Menschenverstands, die von einem Europaabgeordneten kommt, lässt hoffen, dass internationales Recht und Menschenrechte für die europäischen Behörden keine leeren Worte sind".
Beck hatte der russischen Zeitung Iswestija erklärt, eine pauschale Visa-Verweigerung gegenüber Staatsangehörigen eines Landes, mit dem sich keines der EU-Länder im Krieg befinde, sei durch den Visakodex nicht vorgesehen.
Währenddessen werden in der Europäischen Union Forderungen, die Visa-Regeln für russische Staatsbürger zu verschärfen, immer lauter. Einige EU-Mitgliedsländer ergreifen bereits erste Maßnahmen.
Vergangene Woche beschloss die estnische Regierung, dass russische Staatsbürger nicht mehr mit einem von Estland ausgestellten Schengen-Visum einreisen dürfen. Finnland will ab September die Zahl der bewilligten Visa-Anträge russischer Staatsbürger auf ein Zehntel des aktuellen Niveaus begrenzen, kündigte Außenminister Pekka Haavisto an. Auch Polen arbeite an der Entwicklung eines Konzepts, das ermöglichen solle, keine Visa an Russen zu erteilen, sagte Vize-Außenminister Piotr Wawrzyk am Sonntag. Die Entscheidung darüber soll in den kommenden Wochen fallen.
Lettland will seine Regeln für die Vergabe und Erneuerung von Aufenthaltsgenehmigungen an Russen und Weißrussen ebenfalls verschärfen. Nach Angaben von Regierungschef Krišjānis Kariņš sollen befristet an Staatsbürger der beiden Länder ausgestellte Aufenthaltsgenehmigungen künftig nicht mehr verlängert werden. Eine Verlängerung soll nur noch in sehr seltenen Ausnahmefällen möglich sein.
Auch der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij forderte einen allgemeinen Reisebann für russische Bürger. Für jene, die in Europa Schutz brauchten, gebe es erprobte juristische Mechanismen wie Asyl, erklärte er.
Bundeskanzler Olaf Scholz hingegen sieht ein generelles Verbot von Touristenvisa kritisch. "Das ist Putins Krieg, und deshalb tue ich mich mit diesem Gedanken sehr schwer", erklärte er und verwies auf die "sehr weitreichenden Sanktionen" gegen Russland. Es würde nach Einschätzung von Scholz die Wirksamkeit der Sanktionen abschwächen, "wenn es sich gegen alle richtete, auch gegen Unschuldige".
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