Europa

Karin Kneissl: Mit Geheimdienstmethoden ins Exil getrieben

Karin Kneissl, die ehemalige österreichische Außenministerin, hat RT DE ein Interview gegeben. Darin sprach sie über die politische Verfolgung in ihrer Heimat, weil sie einst auf ihrer Hochzeit auch mit Putin getanzt hatte, über den Mangel an Freiheit und Sicherheit in Europa und ihren neuen Wohnort.

Die frühere Chef-Diplomatin der Republik Österreich findet im Gespräch mit RT deutliche, ja ganz undiplomatische Worte für die Zustände im heutigen Europa, genauer: in der Europäischen Union. Diplomatie ist für die studierte Juristin, Orientalistin und promovierte Völkerrechtlerin "mehr als Politikwissenschaft". Denn in der Europäischen Kommission – um das Beispiel zu nennen, das Kneissl anführt –

"(…) sitzen hundert Politologen. Dort sitzen keine Historiker, keine Geographen, das sind nicht … Menschen mit allem, was dazu gehört."

Man dürfe aber eben nicht "immer nur in Kategorien (…) Raketenbasen, Bruttonationalprodukt, Sanktionen" denken.

Kein Wunder, dass eine Expertin, die etwas von ihrem Fach versteht und die Länder kennt, über die sie arbeitet, beim mittelmäßigen Establishment aneckt und sich unbeliebt macht. Nicht nur, dass sie – kaum im Ministeramt – gegen die mehr oder weniger verdeckte, institutionelle Korruption angeht und dementsprechend Gelder dafür streicht. Am Ende scheint ihr ihre vorurteilslose, nonkonformistische Haltung zu Russland zum Verhängnis geworden zu sein. Übelste Beleidigungen, Beschimpfungen und schließlich sogar Todesdrohungen häuften sich, über die sie auch noch aus dem zwischenzeitlichen französischen Exil berichtet:

"Ich hatte zig Morddrohungen in Österreich, aber auch hier. Es sind Morddrohungen aus Österreich und Deutschland bis hier an die Präfektur gekommen. Meistens in E-Mails, aber es wurden mir in Österreich auch Dinge in den Briefkasten geworfen. Und das alles wurde nicht ernst genommen."

Und Kneissl zählt einige davon auf:

"Die Russen-Sau muss hängen! Du Putin-Hure! Aufschlitzen soll man Dich und lebendig begraben!"

Befremdlich, dass weder in Österreich noch am neuen Zufluchtsort in Frankreich die Behörden gegen die Urheber dieser Drohungen tätig werden wollen. Auch gesellschaftlich gibt es keinerlei öffentlichkeitswirksame Unterstützung für die ehemalige Außenministerin, die resümiert:

"Wenn man mir androht, die Hütte abzubrennen, dann erinnert mich das an das Chicago der 1930er Jahre."

So fiel Kneissls Wahl am Ende auf den Libanon, wo sie mehr Freiheit, auch Redefreiheit, als in Österreich zu finden hofft – von Deutschland wolle sie erst gar nicht reden. Die Ex-Chef-Diplomatin findet deutliche Worte über das derzeitige westliche Spitzenpersonal, mit dem sie kaum noch etwas verbindet. Mit Hochachtung spricht sie dagegen über ihre Begegnungen in Moskau:

"… die Gespräche mit Außenminister Sergei Lawrow (und auch die: ich konnte drei, vier bilaterale Gespräche mit Präsident Putin führen), die gehören für mich zu den interessanten Erinnerungen, weil ich den Eindruck hatte, mit Erwachsenen zu sein. (…) Wenn man mit Erwachsenen heute sprechen möchte, dann muß man nach Moskau, Peking, Islamabad, Neu-Delhi reisen."

Schließlich kommentiert Kneissl auch die Lage in ihrem neuen Heimatland:

"Man spürt hier wirklich diesen totalen Untergang. Und was übrigbleibt, sind kranke Katzen und völlig verrottete Gebäude. (…) Wer kommt heute in den Libanon? Ich bin da wirklich in einer skurrilen, surrealen Situation. Für mich ist der Libanon, allen Widrigkeiten zum Trotz, vielleicht eine Möglichkeit, leben zu dürfen. Mehr suche ich nicht."

Und sie verbindet ihre persönliche Hoffnung mit einer eindringlichen Warnung an die Europäer:

"Ich glaube, das, was wir hier gerade sehen, wird in Europa auch stattfinden."

Davon kann man mit Gewissheit ausgehen in einem Land, dessen derzeitige Außenministerin zwar vom Trampolinspringen kommt, aber in Bezug auf keine einzige Weltregion wenigstens ansatzweise mit einer persönlichen Expertise aufwarten kann, die derjenigen der ehemaligen österreichischen Außenministerin nahekommt.

Mehr zum ThemaRusslands Außenminister Sergei Lawrow besucht Myanmar: Beide Länder wollen Kontakte ausbauen 

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.

Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.