Europa

Scott Ritter über die deutsche Haltung zu Russland: "Die Deutschen sind am Ende ihrer Kräfte"

Scott Ritter hat sich zur Zukunft der NATO geäußert und über die wirtschaftliche Entwicklung in der EU und speziell in Deutschland gesprochen. Die Europäer, so Ritter, würden bei Winteranbruch "in die Steinzeit zurückkehren". Gerade Deutschland sei wirtschaftlich am Ende.

Der ehemalige Offizier für Aufklärung der US-Marineinfanterie und spätere UN-Waffeninspekteur Scott Ritter erreicht mit seinen Analysen zum Ukraine-Krieg ein großes Publikum in den sozialen Medien und bei TV-Auftritten. Diesmal hat er seine Gedanken zur Zukunft der NATO geäußert und über die wirtschaftliche Entwicklung in der EU und speziell in Deutschland gesprochen.

Anders als die Kommentatoren des politisch-medialen Mainstreams sieht Scott Ritter die Verantwortung für den Krieg in der Ukraine vornehmlich bei der NATO, die er als "eine Organisation, die schon vor langer Zeit ihre Existenzberechtigung verloren hat", skizziert. Er wagt den Blick auf die in der "offiziellen" Betrachtung in der Regel unterschlagene Vorgeschichte und analysiert die Interessen und das Agieren der Transatlantik-Partner. Ritter führt aus:

"Die NATO nutzte das Minsker Abkommen als Vehikel, um Zeit zu gewinnen, während die NATO die ukrainische Armee ausbildete, damit die ukrainische Armee, die als Stellvertreter der NATO agiert, eine Offensivoperation gegen den Donbass starten und ihn besetzen und dann Russland von der Krim vertreiben sollte. Das war die ganze Zeit der Plan der NATO. (…) deshalb sagten Wladimir Putin und seine Generäle, als dieser Krieg, diese spezielle Militäroperation begann, dass sie keine andere Wahl hatten, als jetzt anzugreifen, weil die Ukraine diese massiven Streitkräfte zusammengezogen hat, die in den nächsten Tagen oder Wochen den Donbass angreifen werden. Sie müssen also einem Angriff zuvorkommen. Aus diesem Grund haben sie sich auf Artikel 51 berufen, also auf eine Maßnahme zur kollektiven Selbstverteidigung, die nach der Charta der Vereinten Nationen zulässig ist. (…) Die Ukraine hatte etwa 100.000 Mann zusammengezogen, die von der NATO ausgebildet, von der NATO ausgerüstet und von Offizieren angeführt wurden, die unter NATO-Anweisungen operierten und bereit waren, den Donbass irgendwann Anfang März anzugreifen. Das ist die Realität der Situation."

Somit handele es sich faktisch um einen Konflikt, bei dem der Westen unter Rückgriff auf die ukrainische Armee als dessen "Stellvertreter" einen Krieg gegen Russland führt. Dies habe die NATO bereits seit geraumer Zeit beabsichtigt. Das Kalkül sei demnach gewesen, "dass Russland, selbst wenn es die Ukraine angreift, diesen Angriff nicht aufrechterhalten kann, weil wir Russland mit allem, was wir haben, wirtschaftlich angreifen werden. Und die Idee war, dass die russische Wirtschaft zusammenbrechen würde, das russische Volk sich erheben würde und die Ukraine siegt." Dies sei jedoch nicht gelungen, denn:

"Die Russen sind schlauer und besser als wir darin, solche Dinge anzugehen. Sie sind zielstrebiger. Sie sind ernstzunehmende Akteure. Und sie waren vorbereitet auf die Sanktionen. (…) Alles, was man dazu sagen muss, ist, dass die Sanktionen zum Bumerang geworden sind. Es ist nicht die russische Wirtschaft, die im Moment zusammenbricht. Es sind die europäische Wirtschaft und die amerikanische Wirtschaft. Der Rubel ist nicht wertlos. Der Rubel ist so stark wie seit Langem nicht mehr. Und er wird noch stärker werden."

Auch diplomatisch sei Russland demnach alles andere als isoliert. "Die Beziehungen Russlands zur Welt sind stärker als zuvor", meint Ritter. Zwar nicht mit dem Westen, denn:

"Russland pfeift darauf. Sie haben sich von uns abgewendet. Sie konzentrieren sich jetzt nach Osten in Richtung China, eine Allianz, die besser ist als jede andere Allianz in der Welt. (…) Sie haben starke Beziehungen zu Indien und zum Rest der Welt. Sie verkaufen ihr Öl."

Der Wirtschaftskrieg gegen Russland sei letztlich ein Schuss ins eigene Knie. Und entsprechend düster zeichnet Ritter seine Prognose für die wirtschaftliche Entwicklung des Westens, wobei EU-Europa besonders hart getroffen werde:

"Wir haben eine defizitäre Wirtschaft, die jetzt kurz vor dem Zusammenbruch steht. (…) Aber wir [US-Amerikaner] haben es so viel besser als die Europäer. Die Europäer werden buchstäblich in die Steinzeit zurückkehren, wenn der Winter anbricht. Ich meine, sie werden Holzöfen anzünden, um sich warmzuhalten."

Schon bald würden die EU-Politiker ganz andere Sorgen haben, als Hegemonie-Bestrebungen gegen Russland zu verfolgen. Gerade für Deutschland gelte dies in besonderem Maße. Ritter meint:

"Sie [die EU] sagten, dass sie die Gelegenheit nutzen werden, die sich ihnen durch die Russen bietet, sich von russischer Energie zu trennen, und dass sie ihr Engagement für grüne Energie wiederbeleben werden. (…) Das hat nicht funktioniert. Deutschland befindet sich im Gasnotstand. (…) Es wird rationiert. Die Energiewirtschaft wird heruntergefahren. (…) Sie müssen mehr Kohle reinbringen. Sie müssen die Kohleraftwerke hochfahren. Atomkraftwerke zum Anheizen haben sie nicht, weil sie die abgeschaltet haben. Die Deutschen sind am Ende ihrer Kräfte. Das ist der [wirtschaftliche] Tod."

Und schließlich stellt sich Ritter auch die Frage, ob Olaf Scholz die sich abzeichnende Krise politisch überleben werde. Ritter führt aus:

"Kann Scholz den Sommer überleben? Kann er seine parlamentarische Mehrheit halten, wenn alles zusammenbricht, wirklich alles? Wenn die Industrie stillsteht und nicht wieder aufmacht und der Sozialstaat kein Geld mehr hat, um die Gelder für all die arbeitslosen Deutschen zu bezahlen? Glauben Sie wirklich, dass die Deutschen auf die Straße ziehen werden und sagen: 'Wir wollen die NATO, wir wollen die NATO'? Ich glaube, sie werden genau das Gegenteil davon sagen."

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