Lawrow im BBC-Interview: Westlicher Blick auf Russland spielt keine Rolle
Der russische Außenminister Sergei Lawrow gewährte dem britischen Staatssender BBC am Rande des Sankt Petersburger Wirtschaftsforums ein Interview. Die Fragen stellte der BBC-Korrespondent Steve Rosenberg, der in den letzten Jahren auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin bereits mehrmals auf seiner jährlichen Pressekonferenz hatte befragen können.
Im Unterschied zur Situation in den westlichen Ländern, wo es russischen Journalisten nicht erlaubt ist, mit Top-Politikern zu sprechen, durfte Rosenberg Lawrow auch in der derzeitigen Situation eines faktischen Stellvertreterkrieges zwischen Russland und Großbritannien kritische Fragen stellen. So vertrat der Journalist die Ansicht, dass Russlands Invasion in der Ukraine ungerechtfertigt und unprovoziert gewesen sei und nun für Russland und die Zivilbevölkerung im Donbass unnötige Verluste verursache.
Daraufhin entwickelte sich das Interview schnell in ein Streitgespräch, bei dem auch der russische Außenminister selbst mehrmals die Rolle des kritischen Fragestellers einnahm. So warf er der BBC und anderen westlichen Medien wie der deutschen ARD vor, über die Ereignisse im Ukraine-Konflikt selektiv und nicht wahrheitsgemäß zu berichten und die Vorgeschichte der russischen Militäroperation in der Ukraine nicht zu berücksichtigen.
BAM!! Lavrov not taking any shit!! pic.twitter.com/uUeJZG9Hjc
— Pete Liquid (@PeteLiquid) June 16, 2022
Die westlichen Länder hätten alles vergessen, was dem Beginn der Militäroperation in der Ukraine am 24. Februar vorausgegangen sei, um allein Moskau für den Beginn der Kämpfe verantwortlich zu machen. Die sei ein weiteres Beispiel für "Cancel Culture".
Im Anschluss warf der Journalist die Frage auf, ob die russischen Behörden eine Invasion auch in andere Länder planten. Rosenberg bezog sich dabei auf die Aussage des russischen Präsidenten Wladimir Putin, dass Zar Peter der Große während des Großen Nordischen Krieges nicht ins schwedische Gebiet "einmarschiert" sei, sondern dass er lediglich die eigenen Gebiete an Russland "zurückgegeben" habe. "Wie viele und welche Gebiete werden Sie noch zurückgeben?", fragte der Journalist.
Daraufhin sagte der Minister, Putin habe bereits "alles gesagt" und dem sei nichts hinzuzufügen.
"Ich sage es Ihnen noch einmal: Sie versuchen, alles zu vergessen, was diesem Ereignis vorausging. Sie leugnen, bestreiten, wollen nicht hören, was dem 24. Februar, was der Abstimmung auf der Krim, vorausging. Sie geben sich nicht damit zufrieden, dass wir sehr geduldig sind. Aber wenn unser Geduldsfaden 'reißt', reagieren wir auf die Grobheit und Demütigung des russischen Volkes, wie beim Staatsstreich [in der Ukraine] im Februar 2014", sagte Lawrow.
Als der Korrespondent Lawrow nach dem Schicksal der britischen Kämpfer fragte, die während der Kämpfe gefangen genommen und in der Volksrepublik Donezk als Söldner zum Tode verurteilt wurden, antwortete Lawrow, dass diese Frage an die Volksrepublik Donezk gerichtet werden sollte. "In den Augen des Westens ist Russland für das Schicksal dieser Menschen verantwortlich", konterte Rosenberg, doch Lawrow unterbrach ihn:
"Ich bin überhaupt nicht daran interessiert, wer in den 'Augen des Westens' dafür verantwortlich ist. Ich interessiere mich nur für das Völkerrecht, nach dem Söldner keine Kombattanten sind. Wie es in Ihren Augen ist, spielt also keine Rolle."
Als Rosenberg protestierte, die beiden Männer seien keine Söldner, sondern hätten im ukrainischen Militär gedient, wendete Lawrow ein, dies sei Sache des Gerichts – eines so legitimen und unabhängigen Gerichts, wie es auch die britischen Gerichte seien.
Die beiden britischen Staatsangehörigen Shaun Pinner und Aiden Aslin gehörten zu einem Trio ausländischer Kämpfer, die als Söldner letzte Woche vom Obersten Gericht in Donezk verurteilt wurden. Sie wurden zusammen mit dem marokkanischen Staatsbürger Ibrahim Saadun zum Tode verurteilt.
In dem Gespräch ging es schließlich auch um die Beziehungen zwischen Russland und Großbritannien. Beide bewerteten diese als äußerst schlecht, wobei Lawrow darauf hinwies, dass Großbritannien "Russland in die Knie zwingen" wolle. "Die (britische) Regierung kümmert sich nicht um Interessen ihres eigenen Volkes, sondern nur um die nächsten Wahlen", merkte er an.
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Am 24. Februar kündigte der russische Präsident Wladimir Putin an, gemeinsam mit den Streitkräften der Donbass-Republiken eine militärische Spezialoperation in der Ukraine zu starten, um die dortige Bevölkerung zu schützen. Die Ziele seien, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren. Die Ukraine spricht von einem Angriffskrieg. Noch am selben Tag rief der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij im ganzen Land den Kriegszustand aus.
Der Westen verurteilte den Angriff, reagierte mit neuen Waffenlieferungen, versprach Hilfe beim Wiederaufbau und verhängte Sanktionen gegen Russland.
Auf beiden Seiten des Konfliktes sind zahlreiche Soldaten und Zivilisten getötet worden. Moskau und Kiew haben sich gegenseitig verschiedener Kriegsverbrechen beschuldigt. Tausende Ukrainer sind mittlerweile aus ihrer Heimat geflohen.