Moldau: Zwischen Neutralität und prowestlicher Orientierung
von Alexei Martinow
Die Präsidentin der Republik Moldau, Maia Sandu, hat am Mittwoch einen Arbeitsbesuch in Brüssel abgestattet, wo sie vor dem Europäischen Parlament eine Rede hielt.
Vor ihrer Abreise nach Europa akzeptierte Sandu die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen den ehemaligen Präsidenten Dodon und veranlasste die Suspendierung Moldaus von wichtigen GUS-Gremien. Nun arbeiten die moldauischen Delegationen weder im Rat der Staatschefs, noch im Rat der Regierungschefs und auch nicht mehr im Rat der Außenminister der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten mit.
Diese Demarche gegenüber der GUS erklären die Moldauer mit der Situation in der Ukraine. Moskau hingegen bezweifelt den neutralen Status der Republik Moldau, der in ihrer Verfassung verankert ist.
Mit einem Appell an ebendiese Neutralität forderte Maia Sandu vor Mitgliedern des Europäischen Parlaments erneut den Abzug der russischen Truppen vom Territorium der nicht anerkannten moldauischen Republik Transnistrien. Man sollte erwähnen, dass der Abzug des begrenzten russischen Kontingents und die Auflösung der Militärlager im transnistrischen Dorf Kobasna in der Republik Moldau seit langem gefordert werden, schon seit dem Beschluss des OSZE-Gipfels von Istanbul im Jahr 2001. Damals begann man sogar, einiges an Ausrüstung abzutransportieren bzw. an Ort und Stelle zu beseitigen. So wurden beispielsweise fast 200 brandneue T-72-Panzer mit minimaler Laufleistung zerstückelt – will heißen: Die Türme wurden entfernt. Und dann wurde das grausige Bild eines Feldes voller enthaupteter russischer Panzer in der Nähe des Flugplatzes von Tiraspol lange Zeit in den westlichen Medien verbreitet. General Evnevici, der damalige Kommandeur der Russischen Streitkräfte in Transnistrien (OGRF), erhielt dafür sogar den höchsten moldauischen Orden vom Präsidenten der Republik Moldau.
Doch die Zeiten ändern sich. Und heute wirken die Thesen von Maia Sandu in Brüssel, die später im Detail in einem Treffen mit dem europäischen Diplomatiechef Josep Borrell besprochen wurden, vereinfacht gesagt, wie eine antirussische Demarche.
Der Hohe Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsident der Europäischen Kommission – derselbe, der den Anspruch erhebt, Russland dürfe in der Ukraine nicht gewinnen – hat Sandu finanzielle Hilfe der EU versprochen, um die Folgen des Krieges in der Ukraine zu mildern und die moldauische Wirtschaft nach der Pandemie wieder aufzubauen. Außerdem sicherte Borrell der Republik Moldau Unterstützung bei ihren humanitären Bemühungen um die Flüchtlinge aus dem Nachbarland zu.
Maia Sandu erging sich in Lobreden und Begehren:
"Die Zusicherung von europäischen Perspektiven an unser Land würde es uns gestatten, mit der Unterstützung unserer Partner in Brüssel schneller auf dem Weg zur demokratischen Transformation voranzukommen."
Diese ganze bessarabische Pastorale vollzieht sich vor dem Hintergrund eines fatalen Abschwungs der moldauischen Wirtschaft. Die Gas- und Stromtarife sind im vergangenen Jahr um ein Vielfaches gestiegen. Dabei liefert Russland, trotz all dem antirussischen Getue der moldauischen Machthaber, weiterhin Gas und Strom zu relativ günstigen Bedingungen, im Vergleich zu den europäischen Preisen.
Dessen ungeachtet sagt die Opposition für den Herbst eine neue Runde von Massenprotesten in Chișinău voraus. Der frühere Präsident, Igor Dodon, äußerte:
"Es erwartet uns eine sehr schwierige Zeit, eine sehr schwierige Periode. Die Situation kann so weit gehen, dass die Menschen einfach von selbst explodieren. Ich denke, dass der Siedepunkt im Herbst erreicht sein wird – ein 'perfekter Sturm'."
Die moldauischen Behörden ihrerseits sehen keine andere Möglichkeit, das Land zu retten, als auf Biegen und Brechen der Europäischen Union beizutreten, und auf Kosten der EU zu leben.
Entsprechend gebarte sich Sandu vor den Europaabgeordneten als eindringliche Bittstellerin, und erklärte:
"Die Mitgliedschaft der Republik Moldau in der EU wäre ein Licht am Ende des Tunnels, der voller Schwierigkeiten ist. Wir sind ein europäisches Land, mit einer europäischen Sprache, einer europäischen Geschichte und einem europäischen politischen System. Gut ein Drittel von uns sind bereits EU-Bürger."
Dieses besagte Drittel sind allerdings Bürger des Nachbarlandes Rumänien, ebenso wie Maia Grigorjewna selbst und praktisch alle Mitglieder ihres Kabinetts. Hier stellt sich also eine logische Frage: Wozu braucht die EU zwei rumänische Länder? Der einzig logische Grund für den Beitritt der modernen Republik Moldau zur EU besteht darin, aus diesem armen Land ein weiteres Anti-Russland zu machen, nach dem Vorbild der benachbarten Ukraine und mit der Aussicht, den Transnistrien-Konflikt aufzutauen. Diesem Umstand steht die russische Militärpräsenz in Form der Operativen Gruppe der russischen Streitkräfte in Transnistrien (OGRF) und des Bataillons russischer Friedenstruppen im Rahmen des OSZE-Mandats im Wege.
Während die OSZE theoretisch das Mandat zurückziehen könnte, was das Ende der Friedensmission bedeutet, hängt der Abzug der OGRF ausschließlich von den Entscheidungen der obersten militärischen und politischen Führung Russlands ab.
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