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Bericht aus Gebiet Charkow: Russische Militärärzte behandeln ukrainische Zivilisten

Die Russische Armee verstärkt ihre Präsenz im Großraum Charkow in der Ostukraine und auch die ersten Kriegsreporter folgen den Truppen. In ihren ersten Berichten stellen sie ein russisches Feldlazarett vor, in dem Einwohner der Stadt Isjum behandelt werden.
Bericht aus Gebiet Charkow: Russische Militärärzte behandeln ukrainische Zivilisten© KP

Seit dem Beginn des Ukraine-Krieges gab es aus der Region Charkow nur wenige Korrespondenten-Berichte. Nun sind mehrere Kriegsberichterstatter in den Großraum Charkow unterwegs und haben bereits das Grenzgebiet zwischen dem Charkower Oblast und den Donbass-Republiken erreicht. Hier soll in den nächsten Wochen von Norden her eine Großoffensive auf Positionen der ukrainischen Armee starten.

Bereits jetzt gibt es heftige Kämpfe südlich der strategisch wichtigen Stadt Isjum im Süden des Charkower Oblast. Isjum, das derzeit unter russischer Kontrolle steht, wird momentan von der ukrainischen Armee mit Streumunition beschossen. Laut Berichten des Reporters der Zeitung Komsomolskaja Prawda, Alexander Koz, werden verwundete Zivilisten aus Isjum in einem russischen Feldlazarett behandelt. 

"Isjum begrüßt uns mit Artilleriegebrüll. Die Stadt, die einst das Hauptquartier der ukrainischen Anti-Terror-Operation war, befindet sich nun vollständig unter der Kontrolle der russischen Streitkräfte. Wenn die ukrainischen Streitkräfte einen Wohnort verlassen, beschießen sie ihn traditionell mit allen Kalibern. Irgendwo im Umkreis von einem Kilometer sind mehrere Dutzend Explosionen auf einmal zu hören – so wird die Streumunition ausgelöst, die von der feindlichen Artillerie über das Mehrfachraketenwerfersystem Smerch abgeschossen wird", schreibt Koz in einem Bericht.

Dann eilen die russischen Krankenwagen zu den beschossenen Orten und bringen Verwundete in ein mobiles Feldlazarett, das mitgelieferten Bildern zu urteilen, in einem Turnsaal eingerichtet ist. Eine Frau sagt, dass ihr Mann beim Beschuss starb. Sie und ihr Sohn seien dem Tod knapp entkommen. Sie ist unter Schock und redet ganz leise. Patienten liegen auf leichten tragbaren Behandlungsbetten, über sie beugen sich russische Militärmediziner, die ihre schwere Schutzausrüstung inklusive Helm auch während der Operationen tragen müssen – die Geschosse können jederzeit auch das Lazarett-Gebäude treffen.

Der Korrespondent beschreibt Verletzungen – in diesem Moment kaum etwas Ernstes. "Die Operationen werden unter örtlicher Betäubung durchgeführt. Einem Mann wird ein Granatsplitter aus dem Unterleib entfernt: 'Hab Geduld, Schatz, es wird besser, hab Geduld.' Die Hand einer Frau wird von Metall gereinigt." Aber mit der Zeit mehren sich auch schwerer Verwundete, die nach ihrer Versorgung im Lazarett mit Militärhubschraubern in das russische Belgorod gebracht werden. Dies ist ein gefährliches Unterfangen, betont Koz, denn die Hubschrauber werden von den tragbaren Luftabwehrraketen Stinger beschossen, die die Ukraine auch aus Deutschland bekommt.

In einem weiteren Video zeigt er, wie tief die Hubschrauber daher fliegen müssen – kaum zehn Meter vom Boden entfernt. "Stromleitungen müssen sie regelrecht überspringen."

Der Korrespondent betont, dass die russischen Ärzte nicht zwischen "unseren" und "fremden" Soldaten unterscheiden, sondern alle behandeln. Das könnten auch ukrainische Soldaten sein, sollten sie in Gefangenschaft geraten. Schließlich kommt er auf die Massaker-Vorwürfe von Butscha gegen die russische Armee zu sprechen.

"Es ist schade, dass diejenigen, die den russischen Kämpfern Massaker an der Zivilbevölkerung vorwerfen, das alles hier nicht sehen. Butscha in der Nähe von Kiew wurde von ukrainischer Artillerie beschossen, so wie sie es jetzt in Isjum macht. Und die Toten auf den Straßen lasten auf dem Gewissen derjenigen, die den Befehl zum Abfeuern von Haubitzen und Raketensystemen auf Wohnviertel gegeben haben."

Er sagt, dass sich die kampfstärksten Verbände der ukrainischen Armee im Gebiet um Slawjansk und Kramatorsk im Norden der Donezker Volksrepublik konzentrieren – im Orten, wo der Donbass-Krieg im April 2014 begann. Nun drohen sie von den gemeinsamen Streitkräften der russischen Armee und den Truppen der Donezker Volksrepublik eingekesselt zu werden.

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