Präsidentenwahl in Italien: Berlusconi greift nach der Macht und riskiert Neuwahlen
Mehr als 1.000 Volksvertreter sind aufgerufen, ab dem 24. Januar in der Abgeordnetenkammer in Rom zu wählen. Für die ersten drei Wahlgänge braucht ein Kandidat eine Zwei-Drittel-Mehrheit für den Sieg. Ab dem vierten reicht die absolute Mehrheit.
Silvio Berlusconi steht nach Einschätzung eines Wahlhelfers bei seiner Kampagne für das Amt des Staatspräsidenten kurz vor dem Scheitern. Der ohnehin kühne Plan des 85-Jährigen, für die in der nächsten Woche beginnende Wahl genügend Parlamentarier für sich zu gewinnen, "ist objektiv betrachtet zu Ende", sagte Vittorio Sgarbi am Dienstag bei Rai Radio 1. Der Politiker hatte Berlusconi in den vergangenen Tagen dabei unterstützt, vermeintlich unentschlossene Senatoren und Kammerabgeordnete anzurufen, um für ihn zu werben. Laut Sgarbi fehlten Berlusconi noch rund 100 von 505 nötigen Stimmen.
Der Staatspräsident und Nachfolger von Sergio Mattarella wird von den Mitgliedern der beiden Parlamentskammern – Abgeordnetenhaus und Senat – sowie Vertretern der Regionen und autonomen Provinzen gewählt. Die Rechtsparteien Fratelli d'Italia und Lega hatten dem Chef von Forza Italia Silvio Berlusconi, ihre Unterstützung zugesagt – das reicht aber nicht zur Mehrheit.
Lega-Chef Matteo Salvini wandte sich am Montag bereits etwas von Berlusconi ab: Er forderte ihn einerseits auf, endlich klarzustellen, ob er genug Abgeordnete für sich gewinnen könnte. Zugleich deutete er an, als Plan B vor dem ersten Wahlgang am Montag einen eigenen Kandidaten präsentieren zu wollen.
Selbst Berlusconi, der neben den vier Amtszeiten als Regierungschef vor allem durch seine vielen Prozesse etwa um die sogenannten Bunga-Bunga-Partys mit jungen Frauen in den Schlagzeilen war, dürfte die Aussichtslosigkeit seines Unterfangens nach Ansicht von Sgarbi erkannt haben. Berlusconi suche nun nach einem "ehrenvollen" Ausweg.
Als Favorit auf das höchste Amt im Staat gilt seit langem Ministerpräsident Mario Draghi. Weil dieser nicht beide Positionen bekleiden kann, wird seit Wochen verhandelt, wie es mit seiner Regierung, in der fast alle großen Parteien des Parlaments vertreten sind, weitergeht. Viele Italiener fürchten Neuwahlen, die den Reformkurs des aufstrebenden Landes bremsen könnten.
Wird Draghi Präsident, könnte die Koalition platzen. Er wird entweder einen neuen Premier ausrufen, oder es kommt zu Neuwahlen. Aus der daraus resultierenden Lähmung des Landes ist ein wirtschaftlicher Schaden zu befürchten. Der Lega-Chef Matteo Salvini oder Giorgia Meloni der Fratelli d'Italia könnten in diesem Fall profitieren. Hält jedoch das Bündnis, wird es schwer, einen neuen Premier zu finden, der den Wünschen aller Koalitionspartner entspricht. Eine Möglichkeit wäre die Justizministerin Marta Cartabia. Die Wahrscheinlichkeit eines Siegs des vorbestraften Berlusconi wird als gering angesehen. Ihm droht ein neuer Prozess wegen Zeugenbestechung.
Das Gericht hat jedoch eine bevorstehende Anhörung vertagt. Die Vorsitzenden Richter in Mailand verlegten den Termin auf Mitte Februar, wie die Nachrichtenagentur ANSA am Mittwoch berichtete. Berlusconis Anwalt bat demnach darum und begründete dies unter anderem mit der aktuellen Corona-Lage und den bevorstehenden Wahlen für das neue Staatsoberhaupt. Die Prozesstermine wurden in der Vergangenheit schon öfter verlegt – mitunter wegen Berlusconis Gesundheitszustand.
Die nun verlegte Anhörung war ursprünglich für Mittwoch kommender Woche angesetzt. An dem Tag könnte allerdings noch die Wahl des Staatspräsidenten in Rom laufen. Sollte Berlusconi gewählt werden, dürften die noch laufenden Gerichtsverfahren gegen ihn zunächst ruhen, da der Staatschef Immunität genießt.
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(dpa/rt de)
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