Europa

EU will Leistungen für Polen kürzen – wenn die verhängten Strafen nicht bezahlt werden

Der Justizreform-Streit zwischen der EU und Warschau zieht sich schon mehrere Jahre hin. Während der Europäische Gerichtshof Warschau verpflichtet, eine neu geschaffene Disziplinarkammer abzuschaffen, betont Polens Verfassungsgericht den Vorrang der polnischen Souveränität.
EU will Leistungen für Polen kürzen – wenn die verhängten Strafen nicht bezahlt werdenQuelle: www.globallookpress.com © Sascha Steinach via www.imago-images.de

Die Europäische Union wird in dieser Woche der polnischen Regierung ihre erste Zahlungsaufforderung im Streit um die Justizreform in Polen zustellen, wie die FAZ berichtete. Wenn man ein weiteres Verfahren um einen Braunkohletagebau, den Polen eigentlich schließen muss, hinzurechnet, beläuft sich die Summe der Strafgelder, die Warschau an Brüssel zahlen muss, auf 134,5 Millionen Euro. Im Verfahren um das Kohlewerk läuft nächste Woche sogar die letzte Frist für die Zahlung der Strafen ab.

In beiden Verfahren zeichnet sich jedoch nicht ab, dass die polnische Regierung von ihrer bisherigen Haltung, die Gelder nicht zahlen zu wollen, abrücken wird. Ende letzten Jahres hatte der polnische Justizminister Zbigniew Ziobro gegenüber der FAZ erklärt, dass Warschau fest entschlossen sei, nicht zu zahlen. Er sagte:

"Die Souveränität steht nicht zum Verkauf."

Ein EU-Sprecher drohte jedoch letzte Woche damit, dass die EU-Kommission die vom Europäischen Gerichtshof verhängten Strafgelder, die Polen nicht zahlen will, von den Leistungen, die aus dem EU-Haushalt an Polen ausgezahlt werden, abziehen wird. Das werde schon bei der nächsten geplanten Überweisung geschehen, sollte Polen bis dahin nicht zahlen.

Das wäre ein Novum in der Geschichte der Europäischen Union. Bisher sind alle Staaten den Strafgeldaufforderungen des Europäischen Gerichtshofes nachgekommen. Dabei ist die Verhängung von Strafgeldern keine Seltenheit, wenn Regierungen zum Beispiel es versäumen, EU-Richtlinien in nationales Recht umzuwandeln.

Bei beiden Verfahren handelt es sich um tägliche Strafgelder in einem höheren Umfang als bisher übliche Strafen. Im Streit um den Braunkohletagebau Turow verpflichtete der Europäische Gerichtshof die polnische Regierung dazu, ab dem 20. September letzten Jahres für jeden Tag, an dem der Betreib noch läuft, 500.000 Euro zu zahlen. Im anderen Verfahren um die polnische Justizreform verhängte das Gericht ab dem 27. Oktober eine tägliche Strafe in Höhe von einer Million Euro. Die Summe der nicht-gezahlten Strafgelder beläuft sich derzeit in diesem Verfahren auf über 75 Millionen Euro. Im Verlauf von einem Jahr würden sich die Strafen aus beiden Verfahren auf über 547 Millionen Euro belaufen. Im Jahr 2020 erhielt Polen fast 19 Milliarden Euro aus dem EU-Haushalt und zahlte in diesen selbst nur knapp 5,8 Milliarden Euro ein.

Die EU-Kommission hatte im September im Streit um die Justizreform Finanzsanktionen gegen Polen beantragt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen begründete damals diesen schwerwiegenden Schritt mit dem Schutz der Unabhängigkeit des polnischen Justizwesens. Zbigniew Ziobro hingegen verurteilte die beantragten Sanktionen als "Aggression gegen Polen" und beklagte einen "juristischen hybriden Krieg".

Anfang Oktober hatte das polnische Verfassungsgericht geurteilt, dass einige EU-Gesetze nicht mit der polnischen Verfassung vereinbar seien. Es beklagte:

"Der Versuch des Europäischen Gerichtshofs, sich in das polnische Justizwesen einzumischen, verstößt gegen (...) die Regel des Vorrangs der Verfassung und gegen die Regel, dass die Souveränität im Prozess der europäischen Integration bewahrt bleibt."

Konkret geht es um eine neu geschaffene Disziplinarkammer am polnischen Obersten Gerichtshof, die nach Ansicht des Europäischen Gerichtshofes gegen das EU-Recht verstößt. Zwar hatte sich Polens Regierung letztlich bereit erklärt, die umstrittene Kammer wieder abzuschaffen, aber die Mitglieder der Kammer sollen noch laufende Verfahren beenden.

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