Europa

EU strebt engere Beziehungen zu ehemaligen Sowjetrepubliken an

Die Europäische Union baut ihre Beziehungen zu den Nachbarländern Russlands weiter aus. Nach Aktivitäten in Weißrussland und in der Region von Armenien und Aserbaidschan beginnt Brüssel nun mit der Erneuerung des Programms der Östlichen Partnerschaft.
EU strebt engere Beziehungen zu ehemaligen Sowjetrepubliken anQuelle: Gettyimages.ru © Beata Zawrzel

Die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben sich in diesen Tagen mit den Beziehungen zu den ehemaligen und derzeitigen GUS-Staaten befasst. Dies berichtete die russische Zeitung RBK.

Am 12. Dezember trafen der Präsident der Europäischen Kommission, Charles Michel, und der Hohe Vertreter der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell, mit der weißrussischen Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja zusammen. Der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko wird von der EU nicht als rechtmäßiges Staatsoberhaupt angesehen. Seit den Präsidentschaftswahlen 2020 wurden fünf Sanktionsrunden gegen die weißrussischen Behörden verhängt. Die letzte in diesem Monat, am 2. Dezember, weil Lukaschenko angeblich Migranten, die versuchten von Weißrussland in die Europäische Union zu gelangen, als politisches Instrument einsetzte.

Am Montag beschlossen die EU-Außenminister nach einer Erörterung der Lage in Afrika zudem Sanktionen gegen russische Staatsbürger und Unternehmen zu verhängen, die angeblich an den Aktivitäten der russischen Söldnerfirma Wagner beteiligt waren.

Am Abend des 14. Dezember fand unter Vermittlung von Michel in Brüssel ein Treffen zwischen dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew und dem armenischen Premierminister Nikol Paschinjan statt. Dieser Termin war bereits vereinbart worden, bevor die trilateralen Gespräche zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und den Staats- und Regierungschefs von Aserbaidschan und Armenien am 26. November in Sotschi stattfanden. Während des zweiten Karabach-Krieges 2020 hatte Russland die Rolle des Hauptfriedensstifters übernommen; die EU hielt sich indes im Hintergrund.

Sergei Markedonow, ein führender Forscher am Moskauer Staatlichen Institut für Internationale Beziehungen des russischen Außenministeriums, stellte fest, dass sich der Westen und Russland in dieser Situation – anders als in vielen anderen Krisen – nicht als harte Gegner sehen. Er beschrieb die europäische Strategie in dieser Angelegenheit mit folgenden Worten:

"Der Westen überlässt wie ein 'Gentleman' Russland ganz einfach den Vortritt, um im Falle von Unstimmigkeiten Handlungsspielraum zu haben und sich als 'effektiverer Moderator' anzubieten."

Am 15. Dezember wurden außerdem die Grundsätze der Beziehungen zwischen der EU und den fünf Nachbarländern Russlands sowie deren Agenda auf dem Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft aktualisiert.

Die Östliche Partnerschaft besteht seit 2009 und zielt darauf ab, die Beziehungen zwischen den 27 Ländern der Europäischen Union und sechs postsowjetischen Staaten (Armenien, Aserbaidschan, Weißrussland, Georgien, Moldawien und Ukraine) auszubauen. Das Programm war in den 12 Jahren seines Bestehens immer wieder von Krisen geplagt und von russischer Seite entsprechend kritisiert worden – unter anderem, weil versucht wurde, die Östliche Partnerschaft zu einer "antirussischen Übung" zu machen.

Die erste und größte Krise war die Ukraine-Krise in den Jahren 2013/2014. Auslöser der Maidan-Ereignisse war die Entscheidung der damaligen ukrainischen Führung unter Wiktor Janukowitsch, die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU und die Errichtung einer Freihandelszone zu verschieben. Die Unterzeichnung dieser Abkommen war eines der Hauptelemente der Östlichen Partnerschaft. Die Ukraine, Georgien und Moldawien schlossen sie letztendlich ab und richteten auch eine visafreie Regelung mit der EU ein. Die übrigen Teilnehmer weigerten sich, ehrgeizige Kooperationsprogramme mit der EU zu unterzeichnen und entwickelten die Zusammenarbeit in einem Tempo, das ihnen passte.

Die Ereignisse des Jahres 2014, einschließlich der Krim-Krise, wurden jedoch zu einer ständigen Quelle von Spannungen. Auf dem Gipfeltreffen 2015 stritten die Parteien über die Formulierung zur Anerkennung der territorialen Integrität der Ukraine. Zwei Jahre später musste der Verweis auf die Krim und die Ukraine als separate Klausel gestrichen werden, um sicherzustellen, dass das Dokument von allen Teilnehmern unterstützt wird.

Weißrussland entsendet entweder Delegationen zu den Gipfeltreffen der Östlichen Partnerschaft, oder ignoriert diese. Am Mittwoch waren dann auch keine Vertreter des offiziellen Minsk auf dem Forum anwesend – als Reaktion auf die EU-Sanktionen hatte Weißrussland seine Teilnahme an dem Programm ausgesetzt. Die EU schlägt den verbleibenden Teilnehmern vor, fünf langfristige Ziele zu verfolgen: die Entwicklung nachhaltiger und integrierter Volkswirtschaften, die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit, die Entwicklung der Umwelt- und Klimaresilienz, die Sicherstellung einer nachhaltigen digitalen Transformation sowie gerechte, solidarische und inklusive Gesellschaften. Die EU ist bereit, 2,3 Milliarden Euro für diese Ziele auszugeben, und es wird erwartet, dass der Investitionsplan weitere öffentliche und private Investitionen in Höhe von bis zu 17 Milliarden Euro anziehen wird.

Andrei Kortunow, der Generaldirektor des russischen Rates für Auswärtige Angelegenheiten, ist der Ansicht, dass sich die Östliche Partnerschaft in einer Dauerkrise befindet. Seiner Meinung nach wird das Programm von verschiedenen Seiten kritisiert: Die einen seien der Meinung, dass es von Seiten der Europäischen Union nicht aktiv und aggressiv genug sei, während andere die Ansicht verträten, dass es im derzeitigen Umfeld für viele Teilnehmer an Bedeutung verliere. Er sagte:

"Wenn wir über eine so große Anzahl verschiedener Länder sprechen, die völlig unterschiedliche Algorithmen der Interaktion, auch mit der EU, und ein unterschiedliches Niveau der Zusammenarbeit mit Russland haben, ist es natürlich immer sehr schwierig, über ein einziges Schema und einen einheitlichen Ansatz zu sprechen. Natürlich zerfällt das Programm auf die eine oder andere Weise in eine Reihe von Einzelprojekten, an denen die Europäische Union mit einzelnen Ländern der Östlichen Partnerschaft arbeitet."

Er fügte hinzu, dass es Beispiele dafür gebe, dass sich die Beziehungen zu Russland und der Europäischen Union zu einem Nullsummenspiel für die Programmländer entwickelten. Aber es gebe auch Beispiele dafür, dass die Länder nicht ohne Erfolg versuchten, zwischen Moskau und Brüssel zu manövrieren und sowohl mit dem Osten als auch mit dem Westen recht positive und gewinnbringende Beziehungen zu unterhalten. Im Einzelnen erklärte Kortunow:

"Zu diesen Beispielen gehört Armenien, das Mitglied der Eurasischen Wirtschaftsunion ist, aber auch sehr aktiv seine Beziehungen zur Europäischen Union ausbaut und erhebliche finanzielle Mittel aus Brüssel sowie von einzelnen EU-Ländern erhält. Daher hängt viel von der Führung, dem historischen Hintergrund, vor dem sich diese Beziehungen entwickeln, und dem vorhandenen oder fehlenden politischen Willen der Europäischen Union ab."

Russland betrachtet das Projekt der Östlichen Partnerschaft als einen Versuch der EU, ehemalige Sowjetrepubliken in einen Anti-Moskau-Block einzubinden. Im Jahr 2017 schlug der russische Außenminister Sergei Lawrow entsprechend vor, Brüssel sollte versuchen Projekte zu finden, die Russland zusammen mit der EU anstelle der Östlichen Partnerschaft einbeziehen könnten.

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