Europa

Kanzlerin Merkels Abschiedstour auf dem Westbalkan

Kanzlerin Angela Merkel brach heute zu einer Abschiedsreise nach Serbien und Albanien auf. Bis Dienstag weilt die CDU-Politikerin auf dem Westbalkan und wird unter anderem mit Vertretern mehrerer Länder der Region am Dienstag in Tirana zusammenkommen.
Kanzlerin Merkels Abschiedstour auf dem WestbalkanQuelle: www.globallookpress.com © Monika Skolimowska / dpa-Zentralbild

Serbiens Präsident Aleksandar Vučić hält sehr viel von der deutschen Bundeskanzlerin. Wegen Angela Merkel habe er nach eigenen Angaben angefangen, auch Deutsch zu lernen. Schließlich höre ganz Europa auf die Worte der mächtigen deutschen Regierungschefin, so Vučić in einem Video, das Ende letzten Jahres auf Instagram veröffentlicht wurde. Ob er seine neu erlangten Deutschkenntnisse beim heutigen Treffen mit ihr in Belgrad auch unter Beweis stellen wird, ist nicht bekannt. Doch eins ist jedoch schon jetzt klar: Mit dem Ende der Ära Merkel in Deutschland verliert der serbische Staatschef eine große Fürsprecherin in der EU.

Stets wurde er von ihr als "Stabilitätsfaktor" auf dem Balkan bezeichnet und mal auch während des Wahlkampfs im eigenen Land in das deutsche Kanzleramt eingeladen. Dies wurde über staatliche Medien in Serbien dem Volk dann so präsentiert, als ob nur ihm die Türen der Mächtigen in der EU offen stünden. Dabei sah Merkel bei der Ausbreitung der Vetternwirtschaft im Land hinweg. Die Vorwürfe der Opposition, seine Partei hat die größten Medien unter ihrer Kontrolle, wurden für die EU zweitrangig, die Justizunabhängigkeit war kein so großes Thema. Die Stabilität und die deutschen Interessen in der Region hatten Priorität.

Die wirtschaftliche Kooperation zwischen Serbien und Deutschland nahm in den vergangenen Jahren an Fahrt auf. Zahlreiche deutsche Unternehmen – egal ob Reifenhersteller Continental, Strumpfwarenhersteller Falke oder Autozulieferer Leonie – haben sich auf dem Balkanland angesiedelt. Nach Aussagen von Marko Čadež, dem Präsidenten der Serbischen Industrie- und Handelskammer, habe es seit dem Jahr 2014 "mehr als zwei Milliarden Euro an deutschen Investitionen in allen Wirtschaftsbereichen" in Serbien gegeben.

Kritiker des serbischen Präsidenten sehen darin die Methode von "Zuckerbrot und Peitsche". Durch Kooperation sollten Serbien Zugeständnisse abgerungen werden – wie etwa die Anerkennung der Unabhängigkeit der abtrünnigen serbischen Provinz Kosovo. Laut dem serbischen Oppositionspolitiker Mlađan Đorđević seien Merkels Erbe auf dem Balkan "korrupte autoritäre Regime", von denen viele auch mit der Mafia Verbindungen hätten. Sie habe Kosovos Unabhängigkeit unterstützt, die Präsenz der NATO in der Region gesichert. Die Pro-NATO-Kräfte im Land dürften aber nicht ganz zufrieden sein, denn Belgrad hatte nicht mit Moskau gebrochen, sondern betrieb eine Art Schaukelpolitik. 

Nach dem Treffen in Belgrad reist die deutsche Kanzlerin weiter nach Albanien. Am Dienstag spricht sie in Tirana mit dem albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama. Bei einem Mittagessen in Tirana kommt die Bundeskanzlerin zudem mit den Regierungschefs von Serbien, Albanien, Bosnien-Herzegowina, Nordmazedonien, Montenegro und Kosovo zusammen. Im Mittelpunkt stehen nach Angaben der Bundesregierung "Fragen der regionalen Zusammenarbeit". 

Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur dpa, die sich auf deutsche Diplomaten in der Region beruft, wolle sich Merkel am Ende ihrer Amtszeit mehr um die Westbalkan-Staaten kümmern, vielleicht sogar ein paar Pflöcke für die nachfolgende deutsche Regierung einschlagen.

Alle sechs Länder haben, wie es heißt, eine EU-Beitrittsperspektive, sind aber im bisherigen Prozess der Annäherung nicht besonders weit gekommen. Die Mitgliedschaft in der EU ist in weiter Ferne, Brüssel und damit Berlin müssen um den Einfluss immer mehr mit anderen Akteuren wie Russland, China oder der Türkei ringen.

Ob sich nach der Ära Merkel etwas auf dem Balkan ändert, bleibt abzuwarten. Wegen des heutigen hohen Besuchs aus Berlin wurden in Belgrad auf den größten Gebäuden der Stadt deutsche Fahnen gehisst. Laut dem serbischen Politiker Đorđević sei dies geschmacklos und zeuge von Vučić`s Unterwürfigkeit.

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