Nach "Warnhinweisen" vor muslimischen Einrichtungen: Österreichischer Verfassungsschutz ermittelt

Vor der Aktion hatte eine unabhängige staatliche Forschungsstelle eine "Landkarte" mit den Adressen muslimischer Einrichtungen veröffentlicht, die mutmaßlich Islamismus verbreiten. Hinter der "Warnhinweise"-Aktion wird die sogenannte "Identitäre Bewegung" vermutet.

In Wien haben Unbekannte Schilder vor muslimischen Einrichtungen angebracht, in denen vor "politischem Islam" gewarnt wird. Der österreichische Verfassungsschutz nahm Ermittlungen auf, um die Verantwortlichen für diese Kampagne zu ermitteln. Zudem sei die Polizei angewiesen worden, die Sicherheitsvorkehrungen vor islamischen Organisationen zu erhöhen, wie ein Polizeisprecher erklärte. Auf den Schildern ist ein bärtiger Mann mit einem ernsten Gesichtsausdruck zu sehen sowie folgender Text: "Achtung! Politischer Islam in Deiner Nähe". Die Wiener Landespolizeidirektion erklärte, dass die "Warnhinweise" am Mittwoch entfernt und dem Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung übergeben worden seien.

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Die österreichische Zeitung Die Presse vermutete als Täter die rechtsextremistische "Identitäre Bewegung". Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes bestätigte am Mittwochnachmittag diese Vermutung. Die Kampagne sei auf Blogs und Telegram-Gruppen, die den Identitären nahestehen, verbreitet worden. Zudem habe es Rufe nach Nachahmungsaktionen gegeben. Ein Bekennerschreiben liege ebenfalls bereits vor.

Die angebrachten "Warnschilder" bezogen sich direkt auf die umstrittene "Landkarte des politischen Islam", die eine Auflistung von über 600 islamischen Gebetshäusern, Jugendgruppen und anderen Einrichtungen enthält. Die sogenannte Landkarte hatte eine staatliche Forschungsstelle letzte Woche veröffentlicht.

Die österreichische Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) nahm das Projekt vor Kritikern in Schutz und erklärte, es leiste einen Beitrag im Kampf gegen den Extremismus. Vertreter christlicher Kirchen, islamischer Organisationen sowie mehrere Oppositionsparteien hatten das Vorhaben als stigmatisierend und spaltend kritisiert. Auch Daniel Höltgen, der unter anderem für antimuslimische Intoleranz und Hassverbrechen zuständige Sonderbeauftragte des Europarates, erklärte, dass das Projekt über das Ziel hinausschieße, und forderte die Zurückziehung der Landkarte.

Die für das Projekt verantwortliche Ministerin Raab reagierte auf die Aktion mit einer Stellungnahme, die eine Gleichsetzung der antiislamischen Aktion mit Islamismus nahelegt. Sie erklärte:

"Wir müssen als Gesellschaft weiterhin gegen den Extremismus von allen Seiten konsequent vorgehen."

Man werde nicht zulassen, dass rechte Gruppen den Kampf gegen den Islamismus politisch missbrauchen, aber man lasse sich auch nicht durch Drohungen von Islamisten vom Weg abbringen.

Gegenüber der Welt verteidigte sie die "Landkarte" weiter. Es gehe bei dem Projekt nicht darum, einen Generalverdacht gegen Muslime zu schüren. Man wolle stattdessen den gemeinsamen Kampf gegen den politischen Islam als Nährboden des Extremismus fördern. Die Muslime sollten wissen, "in welche Moscheen sie gehen und welche Strukturen und Ideologien dahinterstehen".

Die "Landkarte des politischen Islam" ist ein gemeinsames Projekt der Universität Wien und der "Dokumentationsstelle Politischer Islam", die im Jahr 2015 als unabhängiger Fonds des österreichischen Staates gegründet worden war.

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