"Beteiligt an Völkermord": Volksrepublik Lugansk ermittelt gegen Protassewitsch wegen Kriegsgräueln

Die Generalstaatsanwaltschaft der nicht anerkannten Volksrepublik Lugansk hat ein Strafverfahren gegen den in Weißrussland wegen des Verdachts der Organisation von Massenunruhen gefassten Roman Protassewitsch eingeleitet – wegen Terrorismus, Kriegsverbrechen und Völkermord.

Ein eigenes Strafverfahren gegen Roman Protassewitsch, der zuvor in Weißrussland vom Ryanair-Flug RYR1 TZ genommen und wegen Verdacht der Organisation von Massenunruhen festgenommen wurde, hat nun auch die nicht anerkannte Volksrepublik Lugansk eröffnet. Jüngst wurde seine Mitgliedschaft im ukrainischen Freiwilligenbataillon "Regiment Asow" breit in den Medien thematisiert, dem er im Sommer 2014 beitrat. Diese neonazistische paramilitärische Organisation ist in der Volksrepublik im Südosten der Ukraine als terroristisch eingestuft; auch in den USA gab es im Oktober 2019 eine Initiative, sie in eine entsprechende Liste des US-Außenministeriums einzutragen.  

Nach Angaben der Lugansker Justizbehörde nahm Protassewitsch vom Sommer 2014 bis zum Winter 2015 als "Söldner" im "Regiment Asow" an den Kampfhandlungen im Donez-Becken teil, wo die paramilitärische Gruppierung nachweislich zahlreiche Verbrechen beging. Dem ehemaligen Chefredakteur des weißrussischen oppositionellen Telegram-Kanals NEXTA persönlich werden nun Mitgliedschaft bei einer terroristischen Vereinigung sowie Völkermord und Einsatz von Massenvernichtungswaffen vorgeworfen. Dies geht aus einer Mitteilung hervor, die auf der Webseite der Generalstaatsanwaltschaft der LVR veröffentlicht wurde

Die Gesetzeshüter stellen fest, dass Protassewitsch im Sommer 2014 freiwillig dem ukrainischen Bataillon "Asow" beitrat und bis zum Winter 2015 in der Funktion als stellvertretender Nachrichtenkommandeur der zweiten Stoßkompanie des Bataillons "Asow" an den Kämpfen im Donbass teilnahm:

"So beging Roman Dmitrijewitsch Protassewitsch unter Einsatz von schweren Waffen (einer Kanone des Typs MT-12, einer Haubitze des Typs D-30, Mörsern, Flugabwehr-Maschinenkanonen) eine Reihe besonders schwerer Verbrechen: Er führte Beschüsse von Siedlungen der Volksrepublik Donezk durch, die zu Todesopfern unter und Verletzungen bei Zivilisten sowie zur Zerstörung und Beschädigung der zivilen Infrastruktur führten."

Neben der Mitgliedschaft an einer terroristischen Vereinigung wird Protassewitsch als Mitglied des Bataillons verdächtigt, durch internationale Verträge verbotene Kampfmittel und -Methoden sowie Massenvernichtungswaffen eingesetzt und Akte des Völkermords (mit) begangen zu haben.

Organisator und Koordinator von Massenunruhen

Die Tatsache, dass Protassewitsch im Donbass auf der Seite der bewaffneten Gruppierungen der Ukraine kämpfte, wurde auch vom Leiter des KGB von Weißrussland, Iwan Tertel, am 26. Mai betont:

"Unbestreitbar entspricht diese Person vollständig der Definition eines Terroristen, eines Milizsöldners, eines Teilnehmers an blutigen Ereignissen als Teil des berüchtigten "Asow"-Bataillons im Zusammenhang mit Gräueltaten und dem Tod von Zivilisten im Südosten der Ukraine. […] Das sind nicht nur unsere Daten und Daten der Ermittlung, sondern auch die in den Medien dargelegten Fakten samt persönlichen Geständnissen seitens Protassewitsch."

Zwar haben die weißrussischen Sicherheitsbehörden eigene Vorwürfe gegen Protassewitsch erhoben – sie ließen nach ihm wegen Extremismus und Organisation von Massenunruhen fahnden. Doch gerade bei diesen seinen auf Weißrussland bezogenen Aktivitäten "wandte [er] die in der Ukraine gewonnenen Erfahrungen aktiv an", so der Leiter des Geheimdienstes.

Zuvor erklärte der Führer der ukrainischen Partei "Nationales Korps" Andrei Bilezki, Protassewitsch sei zwar in der Tat bei den Kämpfen im Donbass dabeigewesen, unter anderem in Schirokino – aber angeblich als "Journalist". Seine Waffe sei nicht das Sturmgewehr gewesen, sondern "das Wort". Protassewtisch selbst behauptete, er habe im Donbass im Kriegsgebiet als Journalist gearbeitet.

Im Netz kursieren jedoch Lichtbilder, die einen jungen Mann zeigen, der wie Protassewitsch aussieht – und zwar in Militäruniform mit einem "Asow"-Abzeichen und einer Waffe in den Händen. Nach Angaben des weißrussischen KGB von seien diese Fotos bei einer Sichtung von Protassewitschs eigenem Smartphone vorgefunden worden.

Laut Medienberichten reiste Roman Protassewitsch im Jahr 2014 in die Ukraine, wo er einen aktiven Teilnehmer des "Maidan" namens Igor Gus traf.  Auf dessen Anregung hin schloss sich der Mann freiwillig dem Bataillon "Asow" an – und durchlief eine spezielle Ausbildung.

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