250 statt 200 Millionen Dosen liefern der Mainzer Hersteller BioNTech und sein US-Partner Pfizer von April bis Juni dieses Jahres an die EU, gab EU-Kommissionpräsidentin Ursula von der Leyen laut der Süddeutschen Zeitung am Mittwoch bekannt. Das ist ein Viertel mehr Corona-Impfstoff an die EU, als bisher vereinbart wurde: Damit sollen in den drei Monaten nun 410 Millionen Dosen von vier Unternehmen bei den Mitgliedsstaaten eingehen. BioNTech zieht dafür Lieferungen vor, die für das Jahresende geplant waren.
Insgesamt hat die EU in ihren bestehenden Verträgen mit BioNTech und Pfizer 600 Millionen Dosen vereinbart.
Zudem einigten sich das Duo und die Kommission jetzt auf einen Folgevertrag über bis zu 1,8 Milliarden Dosen für die Jahre bis 2023. Dies sei "ein weiterer wichtiger Schritt bei der Antwort der Kommission auf die Pandemie", sagte von der Leyen. Der Lenkungsausschuss – das Gremium, in dem Vertreter der Mitgliedsstaaten die EU-Impfbeschaffung überwachen – soll dem Abkommen in dieser oder der kommenden Woche zustimmen, wie es aus der Kommission heißt.
Zunächst forderte BioNTech/Pfizer 54 Euro pro Dosis. Damit wäre der Impfstoff mehr als 20 Mal so teuer gewesen wie eine Dosis jenes Impfstoffs, den AstraZeneca gemeinsam mit der Universität Oxford entwickelt hat. Dafür gab es im Februar deutliche Kritik. So sagte etwa der Vorsitzende der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft, Wolf Dieter Ludwig:
"Ich halte den Preis für unseriös. [...] Ich sehe darin ein Profitstreben, das in der jetzigen Situation der Pandemie in keiner Weise gerechtfertigt ist."
Der endgültige Preis wird bis heute zwar nicht offiziell bekannt gegeben, doch nach Informationen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung soll er 15,50 Euro pro Dosis betragen. Bei den anvisierten 1,8 Milliarden Impfdosen würde der europäische Steuerzahler bei diesem Preis mit 28 Milliarden Euro für die Impfstoffe aufkommen. Von der Leyen will bis zum Sommer mindestens über 70 Prozent aller erwachsenen EU-Bürger geimpft wissen:
Die ersten Dosen aus dem neuen Vertrag sollen schon in der zweiten Jahreshälfte 2021 verwendet werden. Sie sind für "Auffrischimpfungen" vorgesehen, so die Süddeutsche Zeitung:
"Die Unternehmen sollen sie für Mutanten des Coronavirus anpassen."
Überlegungen der EU und der Hersteller führen dazu, dass der Impfstoff künftig auch Kindern gespritzt werden könnte. Diese wurden bislang bei den Impfkampagnen der Mitgliedsstaaten nicht fokussiert. Der Vertrag sieht eine Order von 900 Millionen Dosen vor – plus eine Option, die gleiche Menge noch einmal zu erhalten.
Bisher hat die Kommission Verträge mit sechs Herstellern vereinbart. Für den Folgevertrag war es der Behörde wichtig, dass die Unternehmen die komplette Produktion in Europa abwickeln können. So lagen die Verzögerungen und Lieferausfälle bei AstraZeneca und Johnson & Johnson, neben zahlreicher beschriebener Nebenwirkungen, auch daran, dass Großbritannien, Indien und die USA Exporte erschwert haben.
Zudem wollte Brüssel eine Impfung, die mit der neuartigen mRNA-Technologie hergestellt wurde, da solche Impfstoffe nach Meinung von Experten einfacher für mutierte Varianten anzupassen sind. Wegen dieser beiden Voraussetzungen habe BioNTech bei den Gesprächen "die Poleposition" innegehabt, heißt es in der Kommission.
Zwar verwenden auch zwei andere Unternehmen, mit denen die Kommission Verträge abgeschlossen hat, den mRNA-Ansatz: der US-Konzern Moderna und das Tübinger Unternehmen Curevac. Doch Moderna hat bislang zu wenig Produktionskapazitäten in Europa, und das Mittel von Curevac ist bislang noch nicht zugelassen. Von der Leyen schließt aber nicht aus, bei diesen und anderen Firmen später Bestellungen für die kommenden Jahre aufzugeben. Auf die Vereinbarung mit BioNTech könnten "andere Verträge, mit anderen Unternehmen, folgen", sagte sie.
Unumstritten sind die Massenimpfungen nicht. Der belgische Impfexperte Geert Vanden Bossche warnt vor deren massenhaftem Einsatz.
Die Quintessenz seiner Ausführungen lautet, dass es ihm nicht möglich sei, sich ein Szenario vorzustellen, in der entsprechende Massenimpfungen nicht zu einer
"katastrophalen Verschlimmerung der COVID-19-Pandemie führen würden".
Genauso schwer fällt es dem Belgier augenscheinlich, nachzuvollziehen, warum das für ihn Offensichtliche nicht thematisiert wird. Stattdessen konzentrierten sich Vakzinologen, Mediziner und Wissenschaftler lediglich auf die (positiven) kurzfristigen Ergebnisse und Auswirkungen auf individueller Ebene.
"Niemand scheint sich mit den Folgen und Risiken auf der Ebene der menschlichen Bevölkerung zu befassen (die sich nach meinem Verständnis recht bald manifestieren werden)."
Mehr zum Thema - Wegen Impfstoffkaufs: Pfizer übte massiven Druck auf südamerikanische Regierungen aus