Im Heimatland der Mutante: Großbritannien begießt Abschied vom Lockdown
B.1.1.7: Auf dieses Kürzel lässt sich die Angst reduzieren, die Deutschland derzeit fest im Griff hat. Zuletzt sprach Bundeskanzlerin Angela Merkel von einer ganz "neuen Pandemie", die über Deutschland hinwegfege.
"Im Wesentlichen haben wir ein neues Virus, natürlich derselben Art, aber mit ganz anderen Eigenschaften – deutlich tödlicher, deutlich infektiöser, länger infektiös", sagte Merkel
Einher geht die Angst vor der Coronavirus-Mutante mit der vor der sogenannten "dritten Welle", die Deutschland nunmehr schon längst fest im Griff habe. Bereits Ende Januar warnte der Leiter der Virologie an der Berliner Charité Prof. Dr. Christian Drosten vor einem enormen Anstieg der Zahl der "Infizierten".
"Dann haben wir Fallzahlen nicht mehr von 20.000 oder 30.000, sondern im schlimmsten Fall von 100.000 pro Tag."
Die Corona-Maßnahmen dürften daher unter keinen Umständen zu früh gelockert werden, warnte der Top-Berater der Bundesregierung in Sachen Corona. Seither reißen die alarmierenden Prognosen in Funk und Fernsehehen hierzulande nicht mehr ab.
Ursprungsland der Corona-Mutante ist die europäische Nachbarinsel Großbritannien. Parallel zu den bundesdeutschen Diskussionen um die Ausbreitung von B.1.1.7 legte die Regierung von Premierminister Boris Johnson Ende Februar einen Stufenplan für den Abschied von den Kontaktbeschränkungen vor. Anhand von vier Schritten sollen die entsprechenden Einschränkungen bis zum 21. Juni aufgehoben werden. Der Premierminister argumentierte:
"Wir können nicht unendlich fortfahren mit Einschränkungen, die unser physisches und mentales Wohlergehen gefährden."
In seinen ersten Lockdown trat Großbritannien im 26. März 2020 ein. Seither folgten zwei weitere, von denen der letzte Lockdown vor allem darauf abgezielt habe, die heimische Corona-Variante einzudämmen, die im englischen Kent ihren Ausgang genommen haben soll. Entsprechend schnell startete in Großbritannien eine Corona-Impfkampagne. Nunmehr erhielten 32 Millionen Briten – etwa die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung – eine Erstimpfung.
Bis heute wird in der Fachwelt darüber diskutiert, ob und inwieweit selbst vollumfänglich Geimpfte noch infektiös sind. In Großbritannien ist man sich jedoch sicher, dass es vor allem der Impfkampagne und dem überaus strikten britischen Vorgehen zu verdanken sei, dass nach etlichen Monaten strengster Restriktionen in der Nacht von Sonntag auf Montag nun zunächst ausgewählte Pubs wieder ihre Türen für durstige Kehlen öffnen durften. Ab Dienstag können dann auch wieder Tausende Fitnessstudios, Friseure und Einzelhandelsgeschäfte Kunden begrüßen.
Wenn auch auf den Service im Freien beschränkt, werden ab Montagmittag Tausende weitere Pubs wieder zum gemütlichen Pint einladen. Dass die bekannte britische Institution der Pubs wieder ihre Pforten öffnet, ist ein symbolträchtiger Schritt hin zur Erfüllung des Stufenplans.
Schottland, Wales und Nordirland folgen separaten, aber ähnlichen Zeitplänen, nach denen einige Einschränkungen, die am Montag in England gelockert wurden, noch eine Weile in Kraft bleiben werden. Premierminister Johnson sprach daher von einem "großen Schritt vorwärts in unserer Roadmap zur Freiheit".
Nach Angaben der Blavanik School of Government an der Oxford University verbrachte Großbritannien 175 Tage unter der "maximalen Härtestufe". Dazu sagt Thomas Hale, außerordentlicher Professor für globale öffentliche Politik in Oxford:
"In diesem Sinne können wir sagen, dass Großbritannien weltweit einzigartig ist, weil es den längsten Zeitraum auf einem sehr hohen Niveau der Stringenz verbringt."
Nur Pubs mit Außenbereich ist es gestattet, wieder ihren gastronomischen Service anzubieten – weniger als die Hälfte der Gaststätten, etwa 15.000, können solche Außenbereiche vorweisen. Hotels bleiben für mindestens einen weiteren Monat geschlossen, ebenso wie Innengastronomie, Museen und Theater. Der nächste britische Öffnungsschritt ist für den 17. Mai geplant.
Derweil wird in der Wissenschaft mitunter kontrovers darüber diskutiert, welchen Nutzen Lockdowns grundsätzlich für das "Pandemie-Geschehen" haben. Zu den bekanntesten Lockdown-Kritikern zählt der renommierte griechisch-US-amerikanische Medizinstatistiker und Epidemiologe John Ioannidis von der Universität Stanford.
Laut dem renommierten Experten sind Maßnahmen wie Ausgangssperren nicht wirkungsvoll:
"In der begrenzten Zeit sind dann mehr Leute gleichzeitig im öffentlichen Raum unterwegs. Sie stecken sich so vermehrt an und sitzen anschließend vermehrt in geschlossenen Räumen zusammen."
Die Kritik an seiner bekannten Studie, in der er beispielsweise belegt, dass Lockdowns keine Wirkung zeitigen oder im Gegenteil sogar schädlich seien, wies er in einem Interview mit der Welt am Sonntag Ende März zurück: Es gebe auch Kritik an den Arbeiten anderer Arbeitsgruppen.
"Und bei der großen Mehrheit meiner Kritiker handelt es sich nicht um Wissenschaftler, sondern um Aktivisten oder um Anfänger, die selbst noch wenig publiziert haben."
Wie Ioannidis in einer von ihm mitverfassten Studie darlegt, haben Maßnahmen wie ein "Corona-Lockdown"mit "Stay at home-Pflicht" und Geschäftsschließungenkeinen signifikanten Effekt auf den Anstieg der Infektionszahlen.
Gegen Lockdowns verwahren sich neben Stanford auch Experten weiterer Top-Universitäten wie Harvard und Oxford. So verfassten Dr. Martin Kulldorff, Dr. Sunetra Gupta und Dr. Jay Bhattacharya bereits im Oktober 2020 die sogenannte Great Barrington Declaration. In dieser heißt es:
"Als Epidemiologen für Infektionskrankheiten und Wissenschaftler im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens haben wir ernste Bedenken hinsichtlich der schädlichen Auswirkungen der vorherrschenden COVID-19-Maßnahmen auf die physische und psychische Gesundheit und empfehlen einen Ansatz, den wir gezielten Schutz (Focused Protection) nennen."
Die in der mittlerweile von zehntausenden Medizinern unterzeichneten Deklaration festgehaltenen Ergebnisse sind nicht unumstritten. In seinem Podcast Folge 82 ("Die Lage ist ernst") bezeichnete Drosten die Urheber des Papiers als "Pseudo-Experten".
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