Europa

"NATO-Angriff 1999 war richtig" – Deutscher Botschafter sorgt in Belgrad für Empörung

Der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Serbien Thomas Schieb sagte jüngst, er halte den NATO-Angriff auf Jugoslawien auch heute noch für notwendig, um einen Völkermord abzuwenden. Serbien gedenkt in dieser Woche des Angriffs Deutschlands vor 80 Jahren.
"NATO-Angriff 1999 war richtig" – Deutscher Botschafter sorgt in Belgrad für EmpörungQuelle: Reuters © Goran Tomasevic/ Reuters

Undiplomatisch, unwahr, schändlich – die Äußerungen des deutschen Botschafters in Belgrad Thomas Schieb über die angebliche Notwendigkeit der NATO-Bombenangriffe auf Serbien während des Kosovokrieges haben unter den serbischen Politikern für Empörung gesorgt.

Nachdem der deutsche Botschafter in Belgrad Thomas Schieb im serbischen Sender Radio Televizija Vojvodine seine Lesart des NATO-Angriffs auf Serbien im Jahr 1999 dargelegt hatte, regt sich aus mehreren Gründen Empörung.

Laut Schieb waren die Bombenangriffe auf das Land notwendig, um eine humanitäre Katastrophe und einen Völkermord im Kosovo zu verhindern. Ihm sei klar, dass dies eine kontroverse Angelegenheit war, da der UNO-Sicherheitsrat diese Entscheidung nicht befürwortet hat. Dieser hatte lediglich mit Resolution 1199 eine Waffenruhe und politischen Dialog gefordert, die NATO-Intervention jedoch erfolgte ohne Mandat und ist bis heute international umstritten.

Dennoch sei er auch jetzt noch überzeugt, dass es eine "schwierige, aber richtige Entscheidung" gewesen sei, nachdem diplomatische Mittel erschöpft worden seien, so der Deutsche. Außerdem würde es laut Schieb "Serbien, dem Kosovo und der gesamten Region zugutekommen", wenn ein Dialog zwischen Belgrad und Pristina zu einer Lösung führen könnte und die Unabhängigkeit des Kosovo anerkannt würde.

Das am Mittwoch geführte Interview hat in Serbien für wenig Begeisterung gesorgt. Igor Mirović, Regierungschef der autonomen Provinz Wojwodina, reagierte laut Sputnik als erster und befand Schiebs Aussagen als "undiplomatisch, unwahr, unvernünftig".

"Eine derartige Äußerung stimmt nicht mit dem Status eines Botschafters in einem souveränen Staat überein. Auf solche Äußerungen sollte man meiner Meinung nach in Übereinstimmung mit den entsprechenden Grundsätzen und Konventionen reagieren", so Mirović.

Auch Nenad Popović, serbischer Minister für Innovationen und technologische Entwicklung, zeigte sich empört: "Die schändliche Äußerung des deutschen Botschafters in Belgrad, Thomas Schieb, dass die Bombenangriffe auf Serbien 1999 notwendig gewesen seien, um einen Völkermord zu verhindern, ist ein Ausbund von Zynismus und eine Fortsetzung der Kampagne einiger westlicher Länder, das serbische Volk des Völkermordes zu beschuldigen."

Zudem erfolgten die Äußerungen des deutschen Botschafters zu jener Zeit, in der das serbische Volk des 80. Jahrestages der Bombardierung Belgrads während des Zweiten Weltkriegs gedenkt. Darauf verwies Popović und nannte die Aussagen ein Zeichen von "besonderer Heimtücke" und einen Versuch der Geschichtsfälschung. "Ich möchte Botschafter Schieb daran erinnern, dass das serbische Volk sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg einen Genozid erlitt, der von den Deutschen ausgeführt wurde", betonte Popović und forderte den deutschen Botschafter auf, sich zu entschuldigen.

Der serbische Innenminister und Ex-Verteidigungsminister Aleksandar Vulin forderte, dass ein Diplomat aus Deutschland angesichts dieses Anlasses, bei dem Zehntausende Einwohner von Belgrad ums Leben gekommen waren, vielmehr Gedenkveranstaltungen besuchen und Kränze niederlegen sollte.

"Stattdessen rechtfertigt Herr Schieb die Bombardierung Serbiens im Jahr 1999. Eine solche Frechheit hätte zu einem deutschen Besatzungskommandanten gepasst, sicher aber nicht einem deutschen Botschafter in Serbien", so der serbische Minister.

"Die Bombardierung Serbiens im Jahr 1941 ist ein Verbrechen, die Bombardierung Serbiens im Jahr 1999 ist ein Verbrechen." Letztere habe zudem gezeigt, dass die Befürchtungen, dass Deutschland nach zwei Weltkriegen seine Verbrechen wiederholen könnte, gerechtfertigt seien.

In der sogenannten Operation Allied Force bombardierte die NATO unter Führung der USA und mit Beteiligung der Bundeswehr die jugoslawischen Teilrepubliken Serbien, Montenegro sowie Kosovo über drei Monate. Im ersten Monat der Operation Allied Force meldete die NATO, dass sie im Durchschnitt etwa 350 Einsätze pro Tag durchführte, davon rund 130 Angriffseinsätze. Fast 40.000 Flüge hat die NATO nach eigenen Angaben insgesamt absolviert, 10.000 davon, um Luftschläge durchzuführen. Bei den völkerrechtswidrigen und für die jugoslawische Führung unerwarteten Angriffen kamen zahlreiche Zivilisten zu Tode, nach Schätzungen der jugoslawischen Regierung rund 5.000, die Infrastruktur des Landes wurde nachhaltig zerstört, mit einem Schaden im Wert von 100 Milliarden US-Dollar. Im Rahmen der Operation sollen zehn bis 15 Tonnen abgereichertes Uran abgeworfen worden sein, wodurch die Krebsrate im Land stark und nachhaltig anstieg. Krebserkrankungen haben ein epidemisches Ausmaß erreicht, besonders betroffen sind der Süden Serbiens und das Kosovo.

Mehr zum Thema - Einfluss Russlands und Chinas wächst: Ex-Außenministerin Albright für mehr US-Präsenz auf dem Balkan

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.