Am 1. März hat das EU-Land Slowakei eine erste Lieferung des russischen SARS-CoV-2-Vakzins Sputnik V erhalten. Am Flughafen der ostslowakischen Stadt Košice nahmen Ministerpräsident Igor Matovič und Gesundheitsminister Marek Krajčí die ersten 200.000 Impfdosen persönlich in Empfang. Matovič gab dabei bekannt, dass die Regierung in Bratislava insgesamt zwei Millionen Dosen des Präparats bestellt habe, die schrittweise bis Juni geliefert werden sollen. Damit könnte die Slowakei ihr Impftempo um mehr als 40 Prozent beschleunigen:
"Wir haben begonnen, das Vakzin 'Sputnik V' in Russland zu kaufen, ohne eine Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) abzuwarten, weil keine Zeit bleibt zu zögern. Im Land mangelt es an Impfdosen. Jeden Tag sterben Dutzende unserer Mitbürger an COVID-19."
Die Entscheidung des Regierungschefs stieß jedoch auf heftige Kritik in der Vier-Parteien-Koalition. Am 2. März erklärte Vize-Ministerpräsidentin Veronika Remišová, ihre Partei "Für die Menschen" erörtere die Möglichkeit, die Regierungskoalition zu verlassen. Mit dem Kauf von Sputnik V in Russland habe der Vorsitzende der Partei "Gewöhnliche Leute und unabhängige Persönlichkeiten" den Beschluss der Regierung von Mitte Februar missachtet, wonach das Land lediglich die von der EU zugelassenen Vakzine verwenden dürfe. Ähnlich äußerte sich auch Wirtschaftsminister und Chef der Partei "Freiheit und Solidarität" Richard Sulík. Außenminister Ivan Korčok nannte den russischen Impfstoff ein "Instrument des Hybridkrieges".
Auch Präsidentin Zuzana Čaputová brachte am Dienstag ihren Unmut über den Kauf des russischen Impfstoffs zum Ausdruck. Nach einem Treffen mit der Direktorin des Staatlichen Instituts für Arzneimittelkontrolle (ŠÚKL) Zuzana Baťová sagte die Staatschefin:
"Die Verwendung des russischen Vakzins 'Sputnik V' ist weder Ausdruck von Mut noch Beweis für einen diplomatischen Erfolg. Sie ist eher ein Verzicht auf die im Gesundheitswesen üblichen Regeln, die die höchsten Standards in Bezug auf die Patientensicherheit garantieren."
Čaputová zeigte sich zwar bereit, den Wunsch ihrer Mitbürger zu respektieren, sich mit dem russischen Vakzin impfen zu lassen. Sie werde aber für keine massenhafte Verwendung dieses Präparats plädieren, da es in der EU noch keine erforderlichen Verfahren absolviert habe, die seine Sicherheit belegen könnten.
Am Donnerstag teilte der Ministerpräsident mit, Russland sei bereit, den Vertrag wegen der innenpolitischen Meinungsverschiedenheiten in der Slowakei ohne Strafgebühr unverzüglich aufzukündigen. In diesem Zusammenhang bat Matovič die Koalitionsparteien darum, ihre Meinung so schnell wie möglich zu äußern. Der Politiker wies dabei darauf hin, dass 40 andere Länder auf beschleunigte Lieferungen des russischen Präparats warteten.
Am Freitagabend teilte dann der slowakische Regierungschef mit, er habe keine Reaktionen in Bezug auf eine mögliche Vertragskündigung erhalten. Das Präparat werde somit nicht nach Russland zurückkehren.
"Also wird 'Sputnik V' nicht nach Russland zurückfliegen und wird Menschenleben in der Slowakei retten. Um die Wahrheit zu sagen, hätte ich den Impfstoff niemals zurückgegeben."
Gleichzeitig betonte Matovič, dass die Slowakei zwar ein Bestandteil der EU sei. Das Land werde aber nicht auf einen hochwertigen Impfstoff verzichten, nur weil er in Russland hergestellt werde: "Ich bin kein Mörder."
Der russische Impfstoff ist bereits in mehreren Ländern außerhalb Russlands und der EU zugelassen. So wird seit Wochen etwa in Serbien und Argentinien damit geimpft. Bis heute haben 42 Länder mit einer Gesamtbevölkerung von mehr als 1,1 Milliarden Menschen den Einsatz von Sputnik V genehmigt. Laut den Anfang Februar im medizinischen Fachblatt The Lancet veröffentlichten Daten hat das Vakzin eine Wirksamkeit von 91,6 Prozent.
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