In Italien haben Mafiagruppen offenbar den Gesundheitssektor und EU-finanzierte Infrastrukturprojekte als nächste große Geldquellen im Visier, wie Italiens Anti-Mafia-Behörde (DIA) am Mittwoch warnte.
Mögliche Ziele im Gesundheitsbereich seien demnach beispielsweise der Bau und die Renovierung von Krankenhäusern, die Produktion und Lieferung von medizinischen Geräten, die Entsorgung von Krankenhausabfällen oder Sanitäts- und Bestattungsdienste.
Auch sei "sehr wahrscheinlich", dass Mafia-Organisationen "versuchen werden, die neuen Finanzierungskanäle abzufangen", die zur Verbesserung der italienischen Infrastruktur und zur Modernisierung der Wirtschaft zur Verfügung gestellt werden sollen.
Derzeit schnürt die EU einen milliardenschweren Aufbaufonds zur wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Pandemie zusammen. Rom soll im Zeitraum von 2021 bis 2026 rund 209 Milliarden Euro aus dem EU-Wiederaufbaufonds aus Brüssel erhalten.
Die DIA mahnte äußerste Wachsamkeit bei Bewerbungen von Unternehmen um öffentliche Ausschreibungen im Gesundheitssektor an und wies darauf hin, dass jüngste Änderungen in den Eigentumsverhältnissen, der Struktur oder dem Standort der Büros ein Zeichen für eine Infiltration durch die Mafia sein könnten
Die Mafiosi hätten im vergangenen Jahr Einzelpersonen, Familien und Unternehmen mit Geld unterstützt, die in finanzielle Not geraten waren, wie aus dem Bericht der Anti-Mafia-Behörde (DIA) über das erste Halbjahr 2020 hervorgeht. Bei der geplanten Straffung öffentlicher Ausschreibungsverfahren, die das Risiko von Verzögerungen bei EU-finanzierten Projekten minimieren sollen, sei eine Begleitung durch sorgfältige und schnelle Anti-Mafia-Überwachung geboten.
Die kalabrische 'Ndrangheta und die Cosa Nostra in Sizilien infiltrieren seit langem öffentliche Bauprojekte, oft durch politische Verbindungen. Dem Bericht zufolge dringen die kriminellen Organisationen außerdem immer stärker in die öffentliche Verwaltung vor. Das zeigen laut Ermittlern die Zahlen von illegaler Einflussnahme und Betrug im öffentlichen Sektor.
Die DIA stellte zudem fest, dass die 'Ndrangheta und die Cosa Nostra die durch die Pandemie ausgelöste Wirtschaftskrise verstärkt für ihre Machenschaften ausgenutzt haben, indem sie Kredite an notleidende Geschäftsinhaber, Einzelpersonen oder Familien vergaben.
Die Wirtschaftsleistung des Mittelmeerlands schrumpfte 2020 um rund neun Prozent in der schlimmsten Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg, und fast 450.000 Menschen – meist Frauen, jüngere Arbeiter und Selbstständige – verloren ihre Arbeit. Die 'Ndrangheta unterstützte Menschen in Not zum Beispiel, indem sie ihnen Geld für schwarz verrichtete Arbeiten gab. Diese Menschen drohten jedoch durch die Abhängigkeit von der Mafia, mit der Zeit "aufgesogen" oder zu Instrumenten für Geldwäsche zu werden.
Wegen des Lockdowns gingen die Zahlen bei Raub, Fälschung und Hehlerei von April bis September 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurück. Straftaten im Zusammenhang mit Drogenhandel und Schmuggel hingegen nahmen zu.
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