Prozess um ermordete Journalistin in Malta: Erster Angeklagter zu 15 Jahren Haft verurteilt

Der Anschlag auf die Bloggerin Daphne Caruana Galizia gilt als der spektakulärste Mordfall Maltas. Viele internationale Beobachter haben eine volle Aufklärung verlangt. Jetzt gibt es einen ersten Schuldspruch.

Über drei Jahre nach dem Autobomben-Mord an der Journalistin Daphne Caruana Galizia in Malta hat ein Gericht einen von drei Beschuldigten zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Damit nahm der spektakulärste Mordfall des kleinen EU-Staates am Dienstag innerhalb weniger Stunden eine unerwartete Wende.

Der Verurteilte Vince Muscat – der nicht mit dem früheren Premierminister Joseph Muscat verwandt ist – und sein Anwalt hatten plötzlich vor Gericht ihre Strategie geändert. Kurz vor dem Urteil änderte der Mann seine Aussagen und gab die Vorwürfe zur Beteiligung an dem Attentat zu. Bisher hatten in dem Prozess in Valletta alle drei Angeklagten die Mordanklage zurückgewiesen. Nun hieß es laut Muscat, das Trio habe tatsächlich die Bombe am Wagen angebracht und gezündet. Die drei waren bald nach der Tat 2017 gefasst worden.

Die Familie der Toten hatte in einer ersten Reaktion nach dem Schuldeingeständnis ihre Hoffnung bekundet, dass der Anschlag nun bald ganz aufgeklärt werden könnte. Das berichtete die Zeitung Times of Malta. Der Angeklagte muss laut dem Urteil auch gut 40.000 Euro Gerichtskosten zahlen.

Die anderen zwei Beschuldigten Alfred und George Degiorgio änderten ihre Aussagen zunächst nicht. Die Mitangeklagten hatten die Wendung ausdruckslos verfolgt, wie Prozessbeobachter notierten. Medien sprachen von einer möglichen Übereinkunft zur Strafmilderung oder Begnadigung im Gegenzug für Informationen. Dabei ging es laut der Times of Malta jedoch um einen anderen Mordfall von 2015, in den der Mann verwickelt sein soll.

Allerdings dürfte hinter den Kulissen auch der Mord an der Bloggerin in die Verhandlungen einbezogen worden sein. Zumindest nahm die Polizei jetzt noch drei andere Männer fest, die die Autobombe beschafft haben sollen.

Es laufen insgesamt mehrere Verfahren wegen des Anschlags auf Caruana Galizia. Außer dem Prozess gegen die Mord-Beschuldigten wurde der Unternehmer Yorgen Fenech im November 2019 als ein mutmaßlicher Drahtzieher festgesetzt. Auch er bestritt die Vorwürfe. Fenech sagte zudem, dass ein Vertrauter von Ex-Regierungschef Muscat hinter der Verschwörung gestanden habe. 

Die 53-jährige Caruana Galizia galt als eine der bekanntesten investigativen Reporterinnen des Landes. Sie hatte über Korruption in Politik und Wirtschaft in ihrem Land recherchiert, darunter auch über die Verwicklung des damaligen maltesischen Premierministers Muscat in den sogenannten Panama-Papers-Skandal. Die Anschuldigungen gegen den Regierungschef führten zu einer politischen Krise und vorzeitigen Parlamentswahlen in Malta. Die Bloggerin war am 16. Oktober 2017 in ihrem Auto in der Nähe ihres Hauses in die Luft gesprengt worden.

Im Zusammenhang mit dem Mord gab es viele Verdächtigungen – auch gegen die Polizei und andere Amtsträger wegen Verzögerung bei der Aufklärung. Viele Menschen in dem Inselstaat gingen deswegen bei Protesten auf die Straßen. Infolge der Proteste musste Muscat Anfang 2020 seinen Posten räumen. Die EU und andere internationale Prozessbeobachter hatten eine volle Aufklärung des Falls angemahnt.

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(rt/dpa)