Russischer Verteidigungsminister Schoigu über Kramp-Karrenbauers Appell: "Rede einer Grundschülerin"
Bundesverteidigungsministerin und CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer sprach bei einer Fragerunde der Regierung im Deutschen Bundestag am 25. November über die Modernisierung der Armee, die europäische Sicherheitspolitik und das Verhältnis zu den USA. Russland sprach sie gleich zweimal an. Zunächst erwähnte sie "Bedrohungen in unserer Nachbarschaft" und erklärte, wie mit ihnen umzugehen sei.
"Wer diesen Bedrohungen etwas entgegensetzen will, um aus einer Position der Stärke heraus in alter deutscher Tradition eben auch gute Verhandlungen führen zu können, und das nicht nur mit der amerikanischen Seite tun will, der muss mehr investieren und europäisch mehr tun, sagte die Verteidigungsministerin dem Protokoll zufolge."
Anschließend machte der Sicherheitsexperte der Linkspartei Alexander Neu eine kritische Anmerkung. Er stellte klar, dass Kramp-Karrenbauer mit ihren Äußerungen Russland gemeint hatte und wies darauf hin, dass die europäischen NATO-Staaten mit einem Gesamtetat von 279 Milliarden Dollar für ihre Armee viermal so viel ausgeben als Russland. Neu fragte:
"Wievielmal mehr sollen dann eigentlich die europäischen Mitgliedsstaaten ausgeben, auch Deutschland, um ein Überlegenheitsgefühl generieren zu können?"
Kramp-Karrenbauer ließ sich von dem Vergleich nicht beeindrucken. Unabhängig von den ausgegebenen Geldern sei es Fakt, dass die russische Seite massiv in die Modernisierung ihrer Streitkräfte investiert habe und über neue Waffen verfüge. Die Bedrohung sei sehr viel evidenter geworden, sagte sie und wies auf das Sicherheitsgefühl in europäischen Regionen östlich von Deutschland und in Schweden an. Die Ministerin wiederholte:
"Wenn wir aus einer Position der Stärke heraus hier in Verhandlungen – auch in Abrüstungsverhandlungen – kommen wollen, dann müssen wir unsere Position stärken. Auch das war immer eine gute Tradition deutscher Außenpolitik, und das sollte sie für die Zukunft auch bleiben".
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Diese Äußerungen sorgten in Russland für einige Reaktionen – RT berichtete hier und hier. Hierbei handelte es sich jedoch um schriftliche Aussagen oder freie Kommentare vonseiten der Ministeriumssprecher. Am Sonntag kommentierte allerdings der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu die Worte seiner Amtskollegin persönlich. Dies tat er im Rahmen einer Fragerunde vor Journalisten in der Zentrale der Russischen Geographischen Gesellschaft.
Schoigu erinnert an den Krieg
In seiner Ausführung ging er auf den Jahrestag des Sieges im Großen Vaterländischen Krieg ein und erinnerte daran, dass das Verteidigungsministerium und die Russische Geographische Gesellschaft in diesem Jahr das Schiff "Armenien" mit den sterblichen Überresten von Menschen an Bord auf dem Meeresboden gefunden haben. Das Schiff wurde am 7. November 1941 von einem deutschen Kampfflugzeug im Schwarzen Meer versenkt. Mindestens viereinhalb Tausend Menschen starben. Diese waren auf der Flucht von der Krim in Richtung Kaukasus. Schoigu sagte, dass diese große Tragödie auf See eine der zahlreichen Episoden des Krieges sei, über die berichtet werden müsse. Der Minister erklärte:
Vor allem, wenn die heutige Politikergeneration, sagen wir mal in Deutschland, beginnt, uns zu belehren, wie wir leben sollen und anfängt zu erzählen, wie man aus einer Position der Stärke mit uns zu reden hat.
Schoigu merkte an, dass dies die zweite deutsche Verteidigungsministerin ist, die Appelle dieser Art äußert. Er erinnerte daran, dass er Kramp-Karrenbauers Vorgängerin Ursula von der Leyen nach einer ähnlichen Aussage geraten hatte, "ihren Großvater zu fragen, wie es sich anfühlt, aus einer Position der Stärke heraus mit uns zu sprechen".
Hier ist es eher so, dass eine Schülerin im Grundschulalter versucht, die Schüler aus einer anderen Schule anzugreifen. Dabei ist sie eine Schülerin, die eine Mama oder einen Papa als Schulleiter hat. Sie kann sich alles leisten. Leute, wir sind aber in einer anderen Schule, wir haben einen anderen Schulleiter", sagte der Minister.
"Ultimaten sind üblich geworden"
Neben Schoigu ging auch der russische Senator Alexei Puschkow auf die im Deutschen Bundestag gefallenen Äußerungen ein. Puschkow gehört zu den am meisten zitierten außenpolitischen Kommentatoren. Er erinnerte die deutsche Ministerin daran, dass Ultimaten, die aus einer "Position der Stärke" an Russland gerichtet sind, in Russland nicht funktionieren.
Der russische Außenminister Sergei Lawrow stellte fest, dass Deutschland seinen Kurs der Eindämmungspolitik gegenüber Russland verstärkt. In einer Videobotschaft an die Organisatoren und Teilnehmer des Forums Potsdamer Begegnungen sagte er, das Potenzial der russisch-deutschen Beziehungen bleibe ungenutzt. Lawrow wörtlich:
Unaufhörliche Anschuldigungen, Ultimaten und Drohungen gegen uns werden zu einem gewöhnlichen Instrumentarium der deutschen Außenpolitik.
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