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Brief der russischen Duma zum Fall Nawalny erst nach über drei Wochen an Abgeordnete weitergeleitet

Bundestagspräsident Schäuble soll ein Schreiben russischer Duma-Abgeordneter in der Causa Nawalny unterschlagen haben. Auf Nachfrage von RT Deutsch wurde nun bekannt, dass der Brief erst nach fast vier Wochen weitergeleitet wurde, was laut Robby Schlund (AfD) "bedenklich sei".
Brief der russischen Duma zum Fall Nawalny erst nach über drei Wochen an Abgeordnete weitergeleitetQuelle: www.globallookpress.com © Kay Nietfeld

Wie RT Deutsch berichtete, behaupteten die AfD-Abgeordneten des Deutschen Bundestages Robby Schlund, Hansjörg Müller und Waldemar Herdt, dass Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) einen Brief von der Russischen Staatsduma unterschlagen habe. In dem Schreiben vom 24. September schlugen russische Duma-Abgeordnete vor, eine gemeinsame Arbeitsgruppe zwischen deutschen Bundestagsmitgliedern und Duma-Abgeordneten einzurichten, um im Fall Nawalny unabhängige Ermittlungen zu gewährleisten.

RT Deutsch konfrontierte das Pressereferat des Deutschen Bundestages mit den Vorwürfen und fragte nach, ob Wolfgang Schäuble mit der Existenz des Briefes vertraut ist und ob er vorhabe, die Mitglieder des Deutschen Bundestages über die Existenz und den Inhalt des Schreibens zu informieren. Wie die Pressestelle des Bundestages am 12.10. mitteilte, sei das Schreiben "ohne Verzug" an den Auswärtigen Ausschuss des Bundestages weitergeleitet worden und wurde zusätzlich an den Vorsitzenden der Deutsch-Russischen Parlamentariergruppe Robby Schlund weitergeleitet.

Der AfD-Politiker Robby Schlund konnte dies bei unseren Nachfragen jedoch nicht bestätigen. Die Fragen im Wortlaut:

Auf unsere Anfrage hat der Pressedienst des Deutschen Bundestages mitgeteilt, der oben genannte Brief der Russischen Staatsduma sei an den zuständigen Auswärtigen Ausschuss und an den Vorsitzenden der Deutsch-Russischen Parlamentariergruppe, also an Sie, ohne Verzug weitergeleitet worden. Können Sie diese Informationen bestätigen?

Nein, dies können wir nicht bestätigen. Weder ich, noch das Sekretariat der Parlamentariergruppe, noch meine Mitarbeiter erhielten, ohne Verzug, Information über diesen Brief. Am 06.10.2020 erhielt ich von Herrn Müller die Info über diesen Brief, den ich dann von der Duma-Seite heruntergeladen hatte und am 07.10.20 am Morgen dem Sprachendienst des Bundestages zur Übersetzung vorlegte. Daraufhin nahm ich Kontakt mit Herrn Piskarjov auf und setzte kurzfristig eine Mitgliederversammlung der Parlamentariergruppe für den 08.10.20 an, zu der ich auch die Verfasser des Briefes per Videokonferenz einlud.

Sind dabei nach Ihrem Wissen der übliche Ablauf und die gewöhnlichen Fristen eingehalten worden und sehen Sie bei diesem Vorgehen zu beklagende Versäumnisse?

Sicher lässt sich über Fristen streiten, dennoch halte ich bei der Brisanz und Aktualität im "Fall Nawalny" eine Verzögerung für mehr als bedenklich und für seltsam. Eine Antwort hätte man der Duma-Seite sicherlich innerhalb von Tagen zustellen können, entsprechenden diplomatischen Goodwill vorausgesetzt.

Wurde das Schreiben dem Ausschuss bereits vorgelegt?

Dies ist mir mit heutigem Kenntnisstand (13.10.2020, Anmerkung der Red.) nicht bekannt.

Wie sieht der weitere Handlungsablauf bei solchen Initiativen aus?

Zunächst gehört es sich und es ist auch eine Frage der diplomatischen Höflichkeit, dass man den Brief zeitnah und pragmatisch beantwortet und auch, da ja Parlamentarier im Brief angesprochen wurden, diesen auch zur freien interfraktionellen parlamentarischen Diskussion stellt.

Mehr zum Thema -Fall Nawalny: Russland stellt drittes Rechtshilfeersuchen

Schlund richtete weiterhin einen offenen Brief an Schäuble. In diesem bat er ihn, den Brief der Duma-Mitglieder "bis zum Ende der Woche nicht unbeantwortet zu lassen und Mittel und Wege zu finden, deeskalierend einzuwirken und sich dafür einzusetzen, dass die Rechtshilfeersuchen der Russischen Föderation bearbeitet werden". Schäuble möge es "bitte nicht zulassen, dass der konsensorientierte diplomatische Dialog abzubrechen droht".

In einer weiteren Anfrage von RT Deutsch konfrontierten wir das Pressereferat des Deutschen Bundestages mit Schlunds Aussagen und baten, diese zu kommentieren. In der Antwort vom 14. Oktober heißt es: Bei der Darstellung "müsse es sich um ein Missverständnis" handeln. Auf die Frage, ob man präzisieren könne, um welche Art von "Missverständnis" es sich handele, könne man "leider keine weiteren Antworten geben". Man solle jedoch versichert sein, dass der Brief dem Vorsitzenden der Deutsch-Russischen Parlamentariergruppe vorliege.

Eine weitere Nachfrage bei Andrej Hunko (Die Linke, Stellvertretendes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss) ergab, dass der Brief erst am 14.10.2020 an die Obleute des Ausschusses versandt wurde. Nach diesen Informationen vom Mitarbeiterstab Hunkos wäre das Schreiben der Duma vom 24. September also bald einen Monat später erst an die Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses weitergeleitet worden.

Auch der AfD-Politiker Waldemar Herdt bestätigte, dass das Schreiben zumindest bis zum 12. Oktober noch nicht weitergeleitet wurde, wie es eigentlich üblich sein sollte. Herdt teile die Meinung seines Kollegen Hansjörg Müller, dass Schäuble in dieser prekären Situation wichtige Informationen unterschlage:

Ich bin der Meinung, dass eine Aufklärung dringend geboten ist und das Ganze nicht einfach unter den Teppich gekehrt wird. Scheinbar ist Deutschland nicht viel an einer schnellen und transparenten Aufklärung des Nawalny-Falls gelegen. Stattdessen begnügt man sich zwangsläufig mit der Schlussfolgerung einer vorsätzlichen Tat", erklärte Herdt.

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