Europa

Der "Herdenimmunität" näher als andere? – Zahlt sich Schwedens Zocken in der COVID-19-Pandemie aus?

Während der Großteil Europas darum kämpft, die täglich steigenden Corona-Zahlen in den Griff zu bekommen, behauptet ein dänischer Professor, dass die Pandemie in Schweden dank der sogenannten "Herdenimmunität" im Land möglicherweise beendet sei.
Der "Herdenimmunität" näher als andere? – Zahlt sich Schwedens Zocken in der COVID-19-Pandemie aus?Quelle: www.globallookpress.com © Henrik Montgomery / Tt / Keystone Press Agency

Schweden meldete am vergangenen Donnerstag, dass in den 24 Stunden zuvor landesweit 224 Menschen positiv auf das Virus SARS-CoV-2 getesteten wurden. Seit etwa zwei Monaten liegt somit die Zahl der täglich registrierten neuen Corona-Fälle in dem skandinavischen Land etwa auf dem gleichen Niveau. Am Donnerstag hieß es zudem, dass keine weiteren COVID-19-Patienten gestorben seien. In weiten Teilen Europas sieht die Situation zeitgleich jedoch anders aus.

In der vergangenen Woche wurden auf dem Kontinent 300.000 neue Corona-Fälle registriert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bezeichnete den Anstieg der positiv getesteten Personen als Weckruf. Sogar Schwedens Nachbarland Dänemark verzeichnete während der gesamten Woche durchschnittlich 61 Fälle pro eine Million Einwohner, verglichen mit den relativ bescheidenen 23 Fällen in Schweden.

Haben die Schweden eine sogenannte Herdenimmunität entwickelt?

Kim Sneppen, Professor für Biokomplexität am Niels-Bohr-Institut in Kopenhagen, ist der Ansicht, die Schweden hätten allmählich eine sogenannte Herdenimmunität gegen das tödliche Virus entwickelt. Gegenüber der dänischen Tageszeitung Politiken sagte Sneppen:

Es gibt Anzeichen dafür, dass die Schweden ein gewisses Maß an Immunität gegen die Krankheit erlangt haben, was zusammen mit allem anderen, was sie tun, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, ausreicht, um die Zahl der Infizierten niedrig zu halten.

Wenn sich ein bestimmter Prozentsatz der Bevölkerung mit dem Virus infiziert, sich erholt hat und immun geworden ist, kann das Virus nicht mehr genügend neue Wirte finden, um sich auszubreiten. Zu diesem Zeitpunkt hat die Bevölkerung eine sogenannte Herdenimmunität gegen das Virus erlangt. Generell müssten 60 Prozent der Bevölkerung infiziert sein, um diesen Punkt erreichen zu können. Tom Britton, Mathematiker an der Universität Stockholm, sagte jedoch gegenüber Politiken, dass selbst "20 Prozent Immunität einen ziemlich großen Unterschied machen".

Die "Herdenimmunität" war jedoch zu Beginn der COVID-19-Pandemie ein umstrittenes Konzept. Der britische Premierminister Boris Johnson etwa wurde in den Medien heftig kritisiert, nachdem er angedeutet hatte, in Großbritannien einen kurzfristigen Anstieg der Todesfälle hinnehmen zu wollen, im Tausch gegen eine "Herdenimmunität" auf lange Sicht.

Schweden war das einzige europäische Land, das sich diese Idee zu eigen machte und sich gegen einen Lockdown entschied. Nur Versammlungen von mehr als 50 Personen wurden verboten und ältere Menschen waren aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Ansonsten wurde das Tragen von Masken nicht empfohlen. Bars, Restaurants, Schulen und Geschäfte blieben geöffnet. Die Bürger wurden gebeten – nicht angewiesen –, sich in sozialer Distanzierung zu üben und wenn möglich von zu Hause aus zu arbeiten.

Schweden zahlt hohen Preis für scheinbar längerfristigen Erfolg

Dänemark hingegen war eines der ersten europäischen Länder, das einen Lockdown verhängte. Alle Schulen wurden geschlossen und nicht systemrelevante Beschäftigte wurden angewiesen, zu Hause zu bleiben. Versammlungen von mehr als zehn Personen waren verboten. Einkaufszentren, Bars, Restaurants und Geschäfte mit engem Kontakt wie Friseursalons und Fitnessstudios wurden geschlossen. Diese Beschränkungen wurden im Juni aufgehoben, das Land hat seitdem dennoch einen Anstieg bei den Corona-Fällen erlebt. Am vergangenen Freitag wurden 454 Fälle gemeldet, die höchste tägliche Zahl seit Beginn der Pandemie.

Schweden hat jedoch einen hohen Preis für seinen scheinbar längerfristigen Erfolg bezahlt. Mit 580 Todesopfern pro eine Million Einwohner ist die Rate rund fünfmal so hoch wie in Dänemark mit 109. Im April, Mai und Juni war die Rate in Schweden noch wesentlich höher als in Dänemark. Sneppen sagte hierzu:

Das ist das, was sie bezahlt haben. Positiv ist, dass sie jetzt vielleicht mit der Epidemie fertig sind.

Dennoch liegt die Sterblichkeitsrate in Schweden noch immer unter der in Ländern, die rigorose Maßnahmen eingeführt hatten, wie etwa Spanien oder Großbritannien mit 652 beziehungsweise 614 Todesfällen pro eine Million Einwohner.

Bis Ende Mai war etwa die Hälfte der Todesfälle in Schweden in Pflegeheimen registriert worden. Diese Todesfälle sorgten Anfang des Sommers für einen öffentlichen Aufschrei. Nachdem Berichte über ältere Patienten bekannt wurden, die in diesen Einrichtungen zum Sterben zurückgelassen worden seien, räumte der schwedische Premierminister Stefan Löfven ein, dass es seiner Regierung trotz aller besten Absichten nicht gelungen sei, die schwächsten Menschen, die ältesten Menschen, zu schützen.

Trotz der vielen Todesopfer sagte Schwedens Chefepidemiologe Anders Tegnell vergangene Woche dem französischen Sender France24, dass man mit der Strategie zufrieden sei. Er fügte hinzu:

Wir gehen mit einer gewissen Zuversicht in den Herbst.

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