Europa

Warum reden Politiker und nicht Ärzte über Fall Nawalny? – Fragen der Russischen Botschaft an Maas

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums Marija Sacharowa richtete am Sonntag – gemeinsam mit der Russischen Botschaft in Deutschland – eine Reihe von Fragen an das deutsche Auswärtige Amt. Hintergrund sind Äußerungen von Heiko Maas in einer ARD-Sendung.
Warum reden Politiker und nicht Ärzte über Fall Nawalny? – Fragen der Russischen Botschaft an MaasQuelle: Reuters © Stefanie Loos

Der deutsche Außenminister Heiko Maas forderte am 6. September in einer Sendung der ARD Russland erneut auf, zur Aufklärung des "Nawalny-Falles" beizutragen.

Wenn Russland keine Beiträge zur Aufklärung liefert oder weitere solche Nebelkerzen gestartet werden, wie das schon seit Tagen der Fall ist, dann ist das ein weiteres Indiz dafür, dass man etwas zu verbergen hat", sagte Maas.

Über Reaktionen und Konsequenzen werde man in den nächsten Tagen auf europäischer Ebene zu sprechen haben. Wenn es Konsequenzen geben sollen, müssten sie "effektiv und zielgenau" sein.

In einer Stellungnahme, welche die Russische Botschaft in Deutschland auf ihrer Facebook-Seite postete, konterte die Pressesprecherin gegen den deutschen Außenminister. Es gebe einige Fragen an das Auswärtige Amt, die in der ARD-Sendung nicht zur Sprache gekommen seien, heißt es auf Facebook von Sacharowa:

Wenn die Untersuchung des Patienten noch andauert, wie kann man dann politische Erklärungen abgeben, insbesondere solche, die Beschuldigungen vermuten lassen?

Und Marija Sacharowa fragt weiter:

Warum haben nicht Sprecher der Strafverfolgungsbehörden und der medizinischen Einrichtungen, sondern Politiker angefangen, Ermittlungen und Diagnosen zu thematisieren?

Mit Blick darauf, dass sowohl russische Ärzte als auch die Strafverfolgungsbehörden Russlands ein förmliches Rechtshilfeersuchen vorgelegt hätten und dass vor Kurzem ein zusätzlicher Aufruf zur Zusammenarbeit vonseiten russischer Ärzte verlautbart worden sei – was "das Auswärtige Amt genau weiß" – fragt Sacharowa: "Wieso ist denn der Informationsaustausch doch nicht angelaufen? Wieso ist die praktische Arbeit der Spezialisten nicht angelaufen, die sich in der Sache auskennen, und wieso müssen Expertenerklärungen politischen Parolen weichen?"

Welche faktischen Daten hat die deutsche Seite ihren NATO- und EU-Partnern vorgelegt, dass sie veranlasst wurden, ähnliche politische Erklärungen abzugeben?", so fragt die Sprecherin des russischen Außenamtes weiter. 

Wann wird die russische Botschaft in Berlin offizielle Antworten auf die angefragten Informationen bekommen können, um diese an Moskau zu übermitteln?". Und ihre letzte Frage lautet: "Warum veröffentlicht die BRD dennoch keine Daten, auf die sie sich beruft?". 

In Bezug auf das von Marija Sacharowa angesprochene Rechtshilfeersuchen der russischen Generalstaatsanwaltschaft sagte Maas, dass alle Zustimmungen, die notwendig seien, um Informationen gemäß diesem Rechtshilfeersuchen auch auszutauschen, erteilt würden. 

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Berliner Justizverwaltung prüft derzeit ein solches Ersuchen der russischen Behörden, wie die Generalstaatsanwaltschaft Berlin erst am Freitag mitgeteilt hatte. Über dessen Bewilligung werde nach einer Prüfung und gegebenenfalls in Absprache mit den zuständigen Bundesbehörden entschieden, so Maas.

Doch Moskau scheint sich mit solchen Erklärungen nicht mehr zufrieden zu geben. Seit der Klinikeinlieferung von Alexei Nawalny in Deutschland signalisierten russische Ärzte und Behörden wiederholt, bei der Aufklärung des Falls Nawalny zusammenarbeiten zu wollen. "Die Berliner Seite muss hier operatives Handeln zeigen", sagte Sacharowa im Staatsfernsehen. Sie warf den deutschen Behörden vor, diese bremsten die Ermittlungen. Die Anfrage der Generalstaatsanwaltschaft sei bislang nicht beantwortet worden:

Wo ist diese Dringlichkeit, auf der sie bestehen? 

Moskau bezweifelt, dass Nawalny vergiftet wurde, und will Informationen darüber erhalten, welche Substanz genau bei dem Oppositionellen angeblich gefunden wurde. Die russische Generalstaatsanwaltschaft hatte deshalb am 27. August ein Rechtshilfegesuch an Deutschland gestellt.

Die Bundesregierung teilte bereits am Mittwoch nach Untersuchungen eines Spezial-Labors der Bundeswehr mit, sie sehe es als zweifelsfrei erwiesen an, dass Nawalny mit einem chemischen Nervenkampfstoff der "Nowitschok-Reihe" vergiftet worden sei.

Sanitätsdienst der Bundeswehr: keine weiteren Angaben 

RT Deutsch sandte an das Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Bundeswehr (InstPharmToxBw) in München eine Reihe von Fragen zum Krankheitsbild Alexei Nawalnys, zu den angewandten Verfahren und Analysemethoden, die bei seiner Behandlung und der Probenuntersuchung angewandt wurden, sowie zur Zusammenarbeit mit den russischen Ärzten, die Alexei Nawalny nach seinem Zusammenbrechen am 20. August fast zwei Tage lang behandelt hatten.

Weiterführende Angaben zu den Untersuchungsergebnissen könnten Rückschlüsse auf spezifische Fähigkeiten und Kenntnisse der Bundeswehr im Hinblick auf entsprechende Stoffe zulassen. Dies ist in diesem sensitiven Bereich aus Gründen der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland und dem Interesse des Staatswohls unvertretbar", teilte ein Sprecher des Sanitätsdienstes der Bundeswehr abschlägig auf unsere Anfrage mit.

Auch in Bezug auf Fragen zur Technik, zu Methoden und "weiteren Details" äußerte sich der Sanitätsdienst ähnlich. "Hinsichtlich der dabei angewandten Methoden und Verfahren sowie weiteren Details können wir allerdings aus Gründen der Geheimhaltung keine weiteren Angaben machen", so der Sprecher.

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